Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht

und wenn er auch die Wahrheit spricht. Dieses ist eine der „Weisheiten“ unter deren Motto ich erzogen wurde. Netzpolitik  hat nun ein weiteres Beispiel für die mehr als fadenscheinigen „Argumente“ unserer Familienministerin Ursula von der Leyen (von machen auch als Zensursula bezeichnet) gefunden, die ja Behauptungen aufstellt wie (Quelle Heise):

Nur rund 160 Staaten […] überhaupt eine Gesetzgebung gegen die Vergewaltigung von Kindern, die von den Tätern aufgenommen und übers Netz “massenhaft verbreitet wird”, monierte von der Leyen auf der Tagung; 95 Nationen hätten keine solche Gesetze.

Bei Netzpolitik kommt man zu folgendem Rechenbeispiel (Vorsicht, jetzt wird es nachprüfbar!):

160 Staaten? 95 Nationen? Was denn nun? Zum einen sind “Staaten” und “Nationen” politikwissenschaftlich und völkerrechtlich schon einmal zwei Schüsseln Brei. Der Vergleich, bzw. die Gleichsetzung ist also schon grundsätzlich problematisch. Ok, lassen wir das aussen vor. Interessant ist nämlich vor allem ein kurzer Klick in die Wikipedia. Dort kann man nachlesen, dass es derzeit lediglich 193 vollständig von der UNO anerkannte Staaten gibt.

Wo aber bleiben die restlichen Staaten aus der Berechnung der Frau von der Leyen? 160+95 sollten 255 sein. Schon hier lügt sie uns die Hucke voll. Oder aber, unsere Familienministerin ist quasi ein MP3-Player, der den Blödsinn runternudelt den Andere ihr eingespeichert haben? DANN sollte Frau von der Leyen bitte mal versuchen ihre Quellen zu wechseln um die eigene Glaubwürdigkeit zu erhöhen.

Dirk Landau hat sich die Arbeit gemacht und diese Zahlen in seinem Blog noch weiter abgeklopft:

Um es kurz zu machen hier das Ergebnis meiner Recherche:

  • In 71 der 95 aufgeführten Länder ist Pornografie per se illegal. Also wäre eine Entfernung kinderpornografischer Inhalte von Servern in diesen Ländern unproblematisch zu gewährleisten.
  • Für 9 der Länder kam ich zu keinem Ergebnis ob der Fragestellung
  • 15 der 95 erlauben generell Pornografie und sind somit tatsächlich potenzielle „Kinderporno-Schurkenstaaten“
  • 3 der letztgenannten haben zwischenzeitlich allerdings entsprechende Kinderschutz-Gesetze, die auch Kinderpornografie berücksichtigen, erlassen

Es verbleiben also 21 {12 sicher + 9 zweifelhaft} Länder für die die Aussage zutrifft, dass es dort derzeit keine rechtliche Handhabe zur Verfolgung und Löschung von Kinderpornografie gebe.
Darunter allerdings auch Länder wie Irak, Osttimor (Timor Leste), Chad oder Congo, die sich in Krieg, Bürgerkrieg, Anarchie oder verfassungsgebender Phase nach derlei Vorkommnissen befinden.
Die Zwischenfrage sei erlaubt: Wieviele Internet-Server stehen in diesen Ländern insgesamt? Wieviele der Server auf bekannt gewordenen Sperrlisten stehen in den Ländern Congo, Cote d’Ivoire, Democratic Republic of Congo, Haiti, Jamaica, Moldova, Mozambique, Nicaragua, Sao Tome & Principe, St. Lucia, St. Vincent & the Grenadines, Timor Leste?

Besonders perfide sind Lügen in meinen Augen, wenn diese nicht als Notlüge (auch lässliche Lüge) platziert werden, sondern um sich selbst einen Vorteiul oder anderen einen Nachteil zu verschaffen. Der Gipfel der Lügenkunst ist es, diejenigen zu belügen, die einem das Gehalt bezahlen. In diesem Fall, wenn Politiker die Wähler belügen.

Die viel folgenreichere Frage ist allerdings: Für wie dumm halten uns die Politiker, dass solche dummen Falschaussagen nicht erkannt werden?

Dokumentieren statt bekämpfen

Wenn sich die Innen- und Justizminster der G8-Staaten treffen, wird deutlich welche Ministerien für die Problematik „Kinderpornographie im Internet“ zuständig sind. Denn während in Deutschland sich das Familien- und Wirtschaftsministerium mit dieser Problematik befassen, wird es auf internationalem Parkett von den Ministerien Innen und Justiz beraten.

Wer also in der vergangenheit den Verdacht äusserte, dass „Zensurulla“ von der Leyen von ihrem Parteikollegen Schäuble vorgeschickt wurde, dem wird hier nicht widersprochen werden können. Dass der Herr „von und zu“ als Wirtschafts- und Haargelminister da aushilft, mag auch an der gesellschaftlichen Verbindung über verschwägerung und Organisationen zwischen den beiden Ministern mit Adelsprädikat liegen.

Aber was genau beschliessen denn die Damen und herren auf dem G8-Gipfel in Rom?

Die G-8-Staaten wollen den Kampf gegen Internetkriminalität verschärfen. Die Innen- und Justizminister der sieben führenden Industriestaaten und Russlands (G8) einigten sich am ersten Tag ihres zweitägigen Arbeitstreffens in Rom unter anderem darauf, eine schwarze Liste von kinderpornographischen Webseiten zu führen.

schreibt die FAZ.

Aha! „schwarze Listen“ werden geführt und gepflegt. Warum entschliessen die Damen und Herren denn nicht Koordinationsstellen welche internationale Bedürfnisse nach lokalen Gesetzeslagen prüfen und dann national die Seiten vom Netz nehmen? Warum wird nur dokumentiert? Weil es mehr hermacht wenn in der Statistik die Zahl „100.000 Zugriffe geblockt“ besser aussieht, als „50 Webseiten von Netz genommen“?

Ratespiel: An wen erinnert von der Leyens Gestik?

httpv://www.youtube.com/watch?v=nYkf9l2uWUo

Am 19.05.2009 sprach Ursula von der Leyen vor der vor der evangelischen Akademie Tutzing. Die Rede ist ist wieder einmal deutlich überzeichnet, es wird ein unglaubliches Gespinst der überwältigen Bedrohung aufgebaut, gegen die von der Leyens Anscheinspolitik des Mäntelchens des Vergessens aka Stoppschild NICHTS erreicht.

Aber viel interessanter finde ich in diesem Video die Gestik der Frau von der Leyen. Gerade die Arbeit der Hände erinnert mich an einer Person der Zeitgeschichte.

Nachtrag: Das Transscript der Ansprache findet sich bei UnPolitik.de

Mittlerweile Standard: Der Link zur Petition gegen Internetsperren