Die Springerpresse hat Angst vor Lafontaine

Anders als in der Überschrift festgehalten, kann ich die Motivation für den Welt-Artikel nicht interpretieren. Man darf nicht vergessen, dass hinter jedem Agieren des Menschen eine Motivation steckt. Es gibt immer einen Antrieb. Was aber ist der Antrieb, der solche Sätze niederschreiben lässt (Hervorhebungen von mir):

Das Amt des Kanzlers aber musste der SPD-Vorsitzende Lafontaine seinem Parteifreund Schröder überlassen. Er selbst schlug, sehr ungeschickt, den Fraktionsvorsitz aus

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Lafontaine hat es wohl als Demütigung empfunden, mit dem ihm verhassten Hombach reden zu müssen. Er verliert die Nerven, nachdem er zuvor erkannt hatte, dass ihn sein mächtiges Ministerium schlichtweg überforderte.

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Als diese Nachricht bekannt wird, schießt der Deutsche Aktienindex um 300 Punkte, mithin sechs Prozent in die Höhe. Der Euro legt gegenüber dem Dollar um zwei Cent ebenfalls zu.

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Er lässt die Rollläden seines (damals noch bescheidenen) Wohnhauses herunter.

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Diese außenpolitische Begründung aber war an den Haaren herbei gezogen

Ja, es steht tatsächlich Wahlkampf ins Haus und ist es nicht interessant, wie früh und subtil die „überparteiliche“  Springerpresse in den Wahlkampf eingreift?

Obama scheint wirklich ernst zu machen und bringt sich in Gefahr

Wahlkampf? Politikerversprechern! Wer hat sich denn noch nie versprochen? Oder wie es der Franz Müntefering (Bundesvorsitzender der SPD!) sagte:

„Wir werden als Koalition an dem gemessen, was in Wahlkämpfen gesagt worden ist. Das ist unfair.“

Auch ich habe bei vielem, dass Barack Obama im Wahlkampf an eben aufmunternde Worte gedacht, die – einfach so dahingesagt – natürlich nach der Wahl vergeben und vergessen sind.

Nun aber ist er Präsident der Vereinigten Staaten von Nordamerika, nun kann er agieren und seine Versprechen einlösen. Und was macht er?

  • Guantanamo wird im Laufe eines Jahres geschlossen. Das dieses verbrecherische Hort nicht von einem auf den anderen Tag dicht gemacht werden kann, wird jeder Realist nachvollziehen können. Zu viele organisatorischer Hintergrund ist erforderlich. Dass es aber so früh bereits entschieden wird, zeigt, dass Obama es diesbezüglich ernst meint.
  • Auch für die Geheimdienste gilt: Folterverbot. „Waterboarding ist Folter und untersagt, Gefangene unterliegen dem Schutz der Genfer Konvention. Wir können uns an das Folterverbot halten und gleichzeitig die wichtigen Geheimdienstinformationen erlangen.“(Quelle Spiegel). Noch letzte Woche hätte George Double-U sich eher die Zunge abgebissen, als den Geheimdiensten das Instrument der Folter zu entziehen. Zu stark war der Einfluss der Scharfmacher und Cowboys.

Allein an diesen Punkten kann man ablesen, dass Obama es tatsächlich ernst meinen könnte. Denn nur wer mit gutem Beispiel voran geht, kann andere überzeugen. Moral, Recht, Wertevorstellungen und Ethik müssen vorgelebt werden, ansonsten sind sie nichts wert.

Nur ein Problem sehe ich – leider. Barack Obama scheint wohl der am meisten gefährdete Mensch auf diesem Planeten zu sein. Diese Gefahr sehe ich nicht von etwaigen „ausländischen Terroristen“ ausgehen, sondern von den potentiellen Terroristen im eigenen Land. Diejenigen, denen Obama die Spielzeuge der Macht und Unterdrückung nimmt und für die bislang Terror und Folter (das, was sie ihren Gegnern immer vorwerfen) ein legitimes Arbeitsmittel war.

Wenn Obama nun noch 1-5 _vernünftige_ Präsidentenerlasse in Richtung Wirtschaft schickt, sehe ich ihn in ärgster Bedrängnis.

Leidet Ex-Wirtschaftsminister Wolfgang Clement unter Realitätsschwäche?

In der TAZ (und auch hier und dort und überall) wird über den Rücktritt des Ex-Wirtschaftsministers Wolfgang Clement aus der SPD berichtet. Die Bundesschiedskommission hatte Clemens eine Rüge erteilt, wegen einer Kritik gegen die SPD-Frau Ypsilanti, welche als „wählt die nicht“ ausgelegt werden konnte.

So weit so gut. Clemens nun aber, wettert gegen diese Rüge. Was bis hierhin vielleicht auch nachvollziehbar ist, wer lässt sich schon gern rügen. Die Begründung allerdings ist der Klopfer Quelle TAZ:

  1. Die Gründe dafür sind erstens die Entscheidung der Bundesschiedskommission, die meint, die Wahrnehmung des Grundrechts auf Meinungsfreiheit mit einer öffentlichen Rüge drangsalieren zu sollen
  2. die Tatsache, dass die SPD-Parteiführung zugleich keinen klaren Trennungsstrich zur PDS/Linken zieht, sondern sogar – in den Ländern – zu einer Zusammenarbeit mit dieser Partei ermuntert, obgleich deren Stasi- Verstrickung offenkundig ist

Auf der einen Seite verteidigt Clemens SEINE Meinungsfreiheit, die er durch diese Rüge verletzt sieht. Auf der anderen Seite outet er sich als Demokratiefeind. Denn WENN eine Partei ein gerüttelt Mass an Wählerstimmen bekommt (durch eine demokratische Wahl), ist es der Auftrag der Wähler, dass sich die anderen (gewählten) Parteien mit eben dieser Partei auch auseinander setzen. Was würde denn ein Herr Clement tun, wenn die eine Partei (die ihm nicht in den Kram passt) 35% der Wählerstimmen hätte? Weiterhin die hessische Wildsau rauslassen und ganze Bundesländer aus dem Verfahren des demokratischen Politikwandels ausklinken?

Oder ist die Meinung eines Politkers mehr wert, als die Meinung des Wahlpöbelsvolks? Menschen mit diesem Demokratieverständnis braucht das Land in dem ich lebe nicht. Wie unterscheidet sich dieser Mann doch von Barack Obama, der mit allen seinen „Gegner“ – parteiübergreifend – bereit ist zusammen zu arbeiten. Die Zeit der Egozentriker SOLLTE langsam vorbei sein, aber solange es in Deutschland noch Politiker mit so ausgewachsenen Profilneurosen wie – um nur einige zu nennen – Schäuble und Clement gibt, wird sich hier nichts ändern. Dagegen war Franz Josef Strauss ja noch fast erträglich.

Nachtrag: Eben kommt noch die FTD mit einem Kommentar von Peter Ehrlich  rein:

Mit seinem Parteiaustritt hat Wolfgang Clement seinen Kritikern in der SPD nachträglich Recht gegeben. Offenbar ist er nicht an innerparteilicher Auseinandersetzung über den richtigen Weg interessiert, sondern nur daran, seine eigene, in Teilen nicht mehrheitsfähige Meinung, ungestört äußern zu dürfen.

Dem ist nichts hinzuzufügen….