Netzsperre, Zensur und warum derzeit hier wenig los ist

Als erstes möchte ich auf einen guten Artikel in der Süddeutschen Zeitung hinweisen, der sich erfrischender weise NICHT darauf beschränkt vom Bundesamt für Gleichschaltung der Presse herausgegebene Texte in Sachen Internetsperren zu veröffentlichen.

Die Internet-Sperren für Kinderpornografie kommen schneller als erwartet – dabei könnte man viele Webseiten auch direkt vom Netz nehmen.

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Nachdem die deutsche Sperrliste eng an der norwegische angelehnt werden soll, hat der Mathematiker untersucht, wo die von der norwegischen Polizei gesperrten Seiten ansässig sind. „Die meisten befinden sich in den USA und der Europäischen Union, mit denen Deutschland ein Rechtshilfsgesuch abgeschlossen hat“, sagt Bahls. Es sei damit durchaus möglich sie abzuschalten. „Ein Anruf würde genügen, um sie vom Netz zu nehmen. Und wenn man gegen die Verbreiter vorgeht, erwischt man vielleicht sogar die Produzenten der Kinderpornos.“

Denn genau darum geht es den Kritikern wie mir: Es wird ein medienwirksamer Holzweg eingeschlagen, der wenig Hilfe für die Opfer bringt sich aber toll vermarkten lässt (und noch einige andere Vorteile für die Inhaber der Macht beinhalten kann…).

Da diese Thematik derzeit einiges an Zeit verschlingt, leidet der Inhalt des Blogs, man möge mir verzeihen.

Runter vom Sofa und lasst euch nicht länger verarschen

Am 17. April des Jahres 2009 möchte Frau von der Leyen erste Verträge mit grossen Providern schliessen, in denen die Internetsperre – für die es noch kein gesetzliche Grundlage gibt! – vertraglich manifestiert wird. Ich sehe zwar eine sehr gute Chance, dass das Bundesverfassungsgericht der gesetzlichen Grundlage die Existensberechtigung entzieht, was aber an den Verträgen nichts ändern wird.

Futurezone (ORF) schreibt dazu:

Nach den Plänen von der Leyens soll das deutsche Bundeskriminalamt den Internet-Anbietern dafür tagesaktuelle Sperrlisten liefern

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Jeden Tag sollen so bis zu 400.000 Zugriffe verhindert werden.

Das sind mir persönlich auch zuviele „sollen“ und zuwenig „werden“. Alles ist schön schwammig – sowohl in der Begründung, als auch in der Umsetzung. Der Westen beschreibt wundervoll(auch wenn es um eine andere Sache geht, das Werkzeug ist das gleiche..), wie Frau von der Leyen mit Statistiken arbeitet – immer nach dem Motto: Traue keiner Statistik, die Du nicht selbst manipuliert hast.

Heise nimmt sich dieses Themas auch an – und vergisst nicht auf die c’t zu verweisen..:

Den dringenden Handlungsbedarf leitet die Familienministerin unter anderem aus der drastischen Zunahme der Kriminalität auf diesem Gebiet ab, die das Bundeskriminalamt (BKA) gemeldet haben soll

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c’t hat die Zahlen hinterfragt und festgestellt, dass sie keine Aussagekraft für die politische Debatte haben. In der oft zitierten Statistik erfasst das BKA jede Ermittlung bei einem Anfangsverdacht, sie besagt nichts über die Zahl der schlussendlich nachgewiesenen Straftaten.

Ich stelle mir hier jetzt die Frage, ob sich der heise Verlag nun auch der Pädophilie verdächtig macht. Ist es doch bei uns mittlerweile so, dass jeder gegner der Internetsperre als verkappter Kinderschänder dargestellt wird.

Was haben Internetsperren und Babyboom gemeinsam?

Auf den ersten Blick erstmal garnichts, ABER: Beides sind Projekte, denen sich unsere hochgelobte Familienministerin von der Leyen verschrieben hat. Wer nun – unerlaubter Weise – die Fach- und Sachkenntnis, und das Eintreten von Analysen, die Frau von der Leyen vorlegt, mit dem Eintreten derselben messen will, sollte sich mal das Elterngeld anschauen.

Frau von der Leyen erklärte 2007, dass die Einführung des Elterngeldes den Geburtenrückgang stoppen werde. Schon damals wurde sie dafür kritisiert, dass das Elterngeld in Richtung Besserverdienende fliessen würde, und dass weniger gut betuchte Eltern genauso schlecht dastehen würden, wie bisher. All dies Argumente halfen aber nicht, das Elterngeld wurde eingeführt. Mit dem Erfolg, dass die Geburten weiterhin zurück gehen.

Was also lernen wir aus dem „Babyboom-Instrument“ der Frau von der Leyen? Es wird von von der Leyen mit viel Enthusiasmus forciert aber läuft ins Leere. Und was wird nun mit der von unserer Familienministerin als Wunderwaffe bezeichneten inhaltsbezogenen Internetsperre werden?

EINmal dürft ihr raten.

via Welt