Warum wir Deutschen den Überwachungsstaat forcieren

Eben schlage ich auf die Seiten der Hamburger Morgenpost und anschliessend mein Kopf auf die Tischplatte:

Deswegen ist der Vorstoß von Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (CDU), diese ekelhaften Seiten zu blockieren, nur allzu richtig. Nun kommen wieder Oberbedenkenträger und erklären, es sei doch alles sinnlos, solche Seiten-Blockierungen könnten doch von Internet-Profis umgangen werden. Und wenn schon. Falls ein großes und wichtiges Land wie Deutschland so eine Sperre einführt, kann das eine Initialzündung für ganz Europa bedeuten. Wir müssen wirklich alles tun, um die kommerzielle Ausnutzung von entsetzlichem Kinderleid zu erschweren.

Ja, ALLES tun würde doch zuerst bedeuten, mit staatsanwaltlichen Mittel (auch international) gegen die Betreiber vorzugehen, wie es Carechild so schön vorgemacht hat. DAZU allerdings müssten die Herren von den Ermittlungsbehörden arbeiten OHNE dass Herr Schäuble und seine Vasallen ein Mittel in die Hand bekommen, den Bürger – mittels „geheimer“ Filterlisten – zu überwachen.

Der FAZ ist zu entnehmen:

Das Problem der Kinderpornographie hat zuallererst seine Sachdimension. Niemand kann ergreifender schildern als die Familienministerin selbst, worin die liegt. Kinderpornographie bedeute nicht bloß Bildchen von nackten Kindern, sondern, wie sie im Gespräch mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung sagte, „dass Kinder entführt werden, dass Kinder verkauft werden, dass sie auf entsetzliche Weise geschändet und danach regelrecht weggeworfen werden“. Man kann eigentlich nicht dagegen sein, hiergegen alles Erdenkliche und Mögliche zu tun. Die politische Dimension entstand dadurch, dass die SPD reflexhaft zunächst einmal den Anschein erweckte, sie sei doch dagegen.

Und wer initiiert, dass alle Kritiker der „Netzsperre“ verstummen: Die Presse! Vorbei sind die Zeiten der Aufklärung, in denen das lesende Volk des ehemalige Nachrichtenmagazin aus Hamburg [TM] aufgeklärt wurden. Was ist denn die Aufgabe der Presse? Ist es die Aufgabe der Medien, den Speichel der Gesetzgebung lecken, sondern kritisch hinterfragen. Dazu gehören Journalisten und keine Schreiberlinge, die intellektuell nicht mehr erfassen können, als Pressemitteilungen, um die abzuschreiben.

Die Zeit schreibt z.B. unreflektiert:

Der Europol-Direktor wies rechtliche Einwände gegen Blockaden kinderpornografischer Internetseiten zurück. „Es geht um den schlichten Warnhinweis an Internet-Nutzer, dass eine aufgerufene Seite kinderpornografische Bilder oder Filme enthält. Das hat mit Zensur des Internets nun wirklich nichts zu tun.“ Die Erfahrungen im Ausland seien durchweg positiv: Ihm sei kein einziger Fall bekannt, in dem ein unbescholtener Anbieter blockiert worden sei.

was anhand diverser vorliegender Informationen zu den Sperren in Schweden oder Australien sehr leicht widerlegt werden kann (Pressemitteilung FITUG PDF).

Nochmal: WENN bekannt ist, dass auf bestimmten Webseiten/Server einschlägiges Material verfügbar ist (welche zum Grossteil auf Server in den USA und Europa gehostet wird), warum wird nicht der Betreiber und der Server  selbst angegangen?

Aber – wie bei Asterix – gibt es eine kleine Menge an Medien (zu denen ich dieses Reizzentrum zähle), die versuchen mit FAKTEN zu arbeiten und wirkliche Aufklärungsarbeit zu leisten. So zum Beispiel auch Heise, in dem der eco-Chef Rotertzu Wort kommt:

Grundsätzlich wollten die Provider – „wenn der politische Druck da ist und man glaubt, man tut hier seinen Wählern für den nächsten Wahlkampf etwas Gutes“ – „nicht Spielverderber“ sein, betonte Rotert. Das Ganze müsse aber auf rechtlicher, gesetzlicher Grundlage passieren. Hier greife man jetzt in die Infrastruktur ein, das sei die falsche Stelle: „Wir plädieren als Providerverband dafür, dass die Sache an der Wurzel bekämpft wird, um hier den maximalen Opferschutz zu haben.“ (Hervorhebung von mir)

Aber auch die öffentlich-rechtlichen Medien übenehmen nicht ausschliesslich die „von der Leyen & Schäuble“-Propaganda. So kann man z.B. in der Tagesschau lesen:

Eine zentrale Stelle – die Bundesfamilienministerin schlägt dafür das Bundeskriminalamt (BKA) vor – sucht nach Kinderpornoangeboten im Netz, erstellt daraus eine tägliche Sperrliste und schickt diese an die Internetanbieter. Diese sorgen dann dafür, dass die aufgelisteten Seiten nicht mehr besucht und auf die Stoppseite umgeleitet werden. (Anmerkung: Das BKA hat also die Daten …. sic)

..

Aber es gibt auch technische Probleme. Umstritten ist nämlich auch, ob die vorgesehene, recht simple Art der Sperrung („DNS-Sperre“) den gewünschten Effekt bringt. Der Branchenverband Eco bezweifelt dies. In einer Stellungnahme heißt es: „Aufgrund der Umgehungsmöglichkeiten ist eine voll wirksame Sperrung technisch nicht möglich.“ Im Klartext: Wer möchte, kann auch künftig auf kinderpornografische Internetseiten zugreifen. „Ohne technisch besonders viel auf der Pfanne haben zu müssen“, sagt Internetexperte Thomas Hoeren.

Zumindest aufklärerischer als andere Medien….. Zur Vertrauensabtimmmung geht es hier.

Das Werkzeug der Grundrechtsauflösung: Von der Leyen

Bei Carechild.de gibt es eine sehr Ausarbeitung der Tätigkeiten und Interessenslagen um den Bereich „Sperrung von Kinderpronografi im Internet“, der sich mit der Rolle der Frau von der Leyen beschäftigt. Auszüge:

Antreiber der Sache: Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU), der von Anfang an mit am Verhandlungstisch der grossen Internetprovider sass (Anmerkung: Nicht von der Hand zu weisen, wenn man sich dann auch noch anschaut, was der Herr Schäuble sonst noch so an Plänen hat…)

Kinder vor laufender Kamera geschändet und getötet? Eine so dreiste Lüge hätte man wohl selbst Wolfgang Schäuble nicht zugetraut. Das Märchen von den Snuff-Videos hat das Bundesfamilienministerium erreicht. Tatsache ist: Es gibt weltweit keinen einzigen Fall, in dem ein solches Video aufgetaucht wäre, das Gerücht über solche Videos gibt es aber seit vielen Jahren – nur ausser Frau von der Leyen hat es noch niemand gesehen.

Ursula von der Leyen war das offenbar noch nicht genug. In einem Interview mit der FAZ sagte sie gestern auf die Frage, wie Sie darauf gekommen sei, diesen Vorstoss im Wahljahr zu unternehmen: „[…]Ich habe das Ausmaß des Grauens vorher nicht gekannt. Mir war nicht klar, dass die Kinder vor laufender Kamera geschändet werden, sie zum Teil getötet werden[…]

Eine weitere dreiste Lüge von Ursula von der Leyen ist es zu behaupten, Internetzensur wäre effektiv in der Zugangserschwerung zu solchen Seiten. Ein Argument, für das sie von Internetexperten offen ausgelacht wird. Pädophile freuen sich bereits auf die Internetzensur, denn die Umgehung dieser Sperren geht auf Knopfdruck und Freiheitsaktivisten veröffentlichen immer mehr Sperrlisten aus anderen Ländern, die die Adressen zu den Kinderpornoseiten enthalten.

All dies von einer Webseite, die sich dem Kinderschutz verschrieben hat und NICHT eine Seite von „Netzaktivisten“, welche um das Wohl des Netzes und die Freiheit der Menschen kämpfen. Aber Schäuble lacht sich ins Fäustchen, hat er doch mit der von der Leyen ein Dummchen gefunden, dass er vor seinen Karren spannen kann.

Mittlerweile ist der Welt auch zu entnehmen:

Das Bundeskabinett hat einen neuen Gesetzentwurf gegen Kinderpornografie im Internet verabschiedet. Damit soll der Zugang zu Kinderporno-Seiten erschwert werden. Vage bleiben die Eckpunkte beim Eingriff in Grundrechte. Auch die Internetbranche ist noch nicht vom Erfolg überzeugt.

Damit soll der Zugang zu Internetseiten erschwert werden, die auf Servern im Ausland liegen. Auf andere Inhalte soll das Gesetz bewusst nicht ausgeweitet werden.

Warum wird nicht erstmal gegen deutsche Serverinhalte vorgegangen? Weil Herr Schäuble damit sein Gesetz nicht durchbekommen hätte, das beinhaltet, dass diese Sperrlisten eben GEHEIM und nicht kontrollierbar sein sollen. So, willkommen im europiäschen China, wo das Regime bestimmen kann, auf welche Webseiten die Nutzer zugreifen können. Siehe auch hier

„Denk ich an Deutschland in der Nacht, dann bin ich um den Schlaf gebracht“

(Nachtgedanken, Heinrich Heine)

Nachtrag: Carechild hat dieses ganze Brimborium um die schäublische Internetzensur eh ad-absurdum geführt:

Das Ergebnis ist beschämend für die Politik, insbesondere für Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen und Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble. Die Deutsche Sperrliste wird zu grossen Teilen identisch mit der Liste der anderen Länder sein, insbesondere was die Qualität der Seiten angeht. Das diese so leicht und mit derart geringem Aufwand aus dem Netz zu fegen sind, sollte nachdenklich stimmen.

Von der Leyen. Die lernresistente und merkbefreite Familienministerin

schafft es mal wieder in die Medien.

Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (CDU) beharrt auf der Sperrung von Kinderporno-Seiten im Internet. „Diesen Kampf werde ich erbittert führen“, sagte sie auf einem Europa-Kongress der CDU mit Blick auf Bedenken von Justizministerin Brigitte Zypries (SPD).

schreibt Heise und man sieht diese kleine, verhaltensoriginelle Frau geradezu mit den Füssen aufstampfen. Ich frage mich nur, ob der Kampf dieser unsäglichen Familienministerin erbittert, oder mittlerweile verbittert geführt wird. Irgendwann muss sie doch mal feststellen, dass man auf Schäubles Rollbahn weder verfassungskonform noch erfolgreichreich agieren kann.