Möchtegern Politiker und der Pressekodex

Die Nennung der Nationalität ist laut deutschem Pressekodex – neben anderem – nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen erlaubt:

Richtlinie 12.1 – Berichterstattung über Straftaten
In der Berichterstattung über Straftaten wird die Zugehörigkeit der Verdächtigen oder Täter zu religiösen, ethnischen oder anderen Minderheiten nur dann erwähnt, wenn für das Verständnis des berichteten Vorgangs ein begründbarer Sachbezug besteht.

Nun gibt es Stimmen, welche die Aufhebung dieser Richtlinie fordern. Kann man machen – aber wohin würde dies führen?

Vorab wollen wir mal betrachten, wer dies fordert. Sind es stumpfe Stammtischgesellen, die nach dem achten „Bier und Korn“ anfangen die Sprachfähigkeit zu verlieren? Nein, es sind Politiker, wie der in der CSU an der rechten Sturmspitze spielende Andreas Scheuer, die mit dieser Forderung vorpreschen.

Bei dem Betrunkenen wäre es ein Zeichen dafür, dass die betreffende Person auch nüchtern nicht die hellste Leuchte am Baum zu sein scheint. Ist zwar nicht schön, aber vielleicht ist es der allseits bekannte Dorfdepp, von dem man eh nicht viel erwartet.

Was, wenn es ein Mitglied des Bundestages, Generalsekretär der CSU und Bezirksvorsitzender der CSU Niederbayern ist? Von einer Person mit dieser Amtsfülle (und Verantwortung!) erwarte ich, dass sie über Folgen und Wirkung einer Forderung nachdenkt. Politiker machen Gesetze, definieren wie sich unsere Gesellschaft entwickelt.

Was wären oder sind die Folgen der Aufhebung der Richtlinie 12.1 des deutschen Pressekodex? Ich möchte dies an einem Beispiel verdeutlichen – aufmerksam machte mich gestern ein sehr lesenswerter Artikel in der Zeit von Heribert Prantl. Er kommentiert einen Fall, der hier näher beschrieben ist.

Es geht um den Mord an einer chinesischen Studentin, die bereits um den 11. Mai 2016 herum in Dessau getötet wurde. Habt ihr alle gelesen oder? Über den Fall wisst ihr bestimmt ebenso gut Bescheid, wie über den Mord in Freiburg – kann ich davon ausgehen? Die Umstände sind ähnlich – mit nur zwei Ausnahmen: Die Nationalität des mutmaßlichen Täters und des Opfers. In Freiburg wird ein Mensch mit ausländischer Herkunft angeklagt eine deutsche Frau vergewaltigt und getötet zu haben, in Dessau sind es zwei Deutsche die eine ausländische Studentin vergewaltigt und getötet haben sollen.

Warum hat man von Dessau eher wenig mitbekommen, von Freiburg aber spricht man? Warum wird gefordert, dass die Festnahme des mutmaßlichen Täters ein Fall für die Tagesschau wäre, zu Dessau aber schweigt die Volksseele?

Die Begründung ist in dem Grundprinzip der Medienmaschine zu finden. Es gibt viele Medien, die nur noch als Aufmerksamkeitshuren funktionieren. Es wird nicht mehr nach Relevanz, sondern nach „wie viel Interesse kann ich erreichen“ berichtet. Und hier kommt unser Stammtischkollege mit seinen acht „Bier und Korn“ wieder ins Spiel. Denn dieser rechte Lümmel möchte sich über Ausländer aufregen. Deutsche Straftäter interessieren in nicht so sehr. Also berichtet die Presse worüber? Genau, deutlich massiver über Straftäter mit ausländischen Wurzeln, als über sehr ähnliche Verfahren, wo „nur“ ein Deutscher verdächtigt wird.

Wenn der Pressekodex also, wie – von dem weit voraus denkenden –  Andreas Scheuer aufgeweicht wird, dann werden wir in Zukunft noch über viel mehr Fälle von Menschen mit ausländischen Wurzeln lesen.

Redakteur 1: Da hat ein Deutscher ein Bank überfallen, dass bringen wir halbseitig auf Seite 1!

Redakteur 2: Nee, ich habe hier einen Kubaner, der hat auf der Obstplantage einen Apfel geklaut.

Redakteur 1: Guter Spot – ich mache die Seite 1 komplett frei. Überschrift: Kubanische Schwerverbrecher fressen uns die Haare von Kopf.

Glaubt ihr nicht? Sorry, aber seht euch die Überschriften doch schon heute mal an. Der Pressekodex scheint doch für z.B. die BILD heute schon nicht mehr zu gelten. Und dann schlagen die Bestätigungsfehler vollends zu. Wir nehmen nur noch das wahr, was wir sehen wollen. Und Herr Scheuer scheint genau hierauf zu setzen: Er will die Ausländerfeindlichkeit schüren. Alternativ ist er zu dumm, die Folgen seiner Forderung zu realisieren. Aber ist ein Mensch der Generalsekretär der CSU ist, dumm? Wohl eher nicht, deshalb unterstelle ich ihm Vorsatz. Und spucke vor ihm aus.

Ich möchte zum Abschluss Walter Scheel zitieren:

Es kann nicht die Aufgabe eines Politikers sein, die öffentliche Meinung abzuklopfen und dann das Populäre zu tun. Aufgabe des Politikers ist es, das Richtige zu tun und es populär zu machen.

Und aus exakt diesem Grunde bin ich derart müde, was die derzeitigen Politiker angeht: Sie nehmen ihre Aufgabe nicht ernst. Und wer jetzt sagt: „Deshalb AFD“ hat das Zitat definitiv nicht verstanden.

Kreditkartenzahlung unbrauchbar machen mit S-ID-Check

Früher war nicht alles besser, aber manches war früher gut – so sagt zumindest Jochen Malmsheimer in einer großartigen Nummer „Das Wurstbrot„. Daran wurde ich heute deutlich erinnert, als ich versuchte online eine Zahlung zu tätigen. Nicht einfach mit „Kreditkartennummer und Sicherheitscode eingeben“ sondern eine sichere Zahlung. Sichere Zahlung ist schon mal gut. Eine Sicherheitsebene (bislang ein Passwort) die außerhalb der Angaben auf der Kreditkarte liegt. Sollte einem die Kreditkarte gestohlen werden oder verlustig gehen, kann der neue „Besitzer“ die Karte nicht für Zahlungen nutzen.

Früher gab man hierfür einen Secure-Code ein. Dies war/ist eine Zeichenfolge die wie ein Passwort benutzt wird. Nun haben sich die Kreditkartengesellschaften etwas neues einfallen lassen: Sicherheit durch eine App. Die Sicherheit ist dabei außerordentlich groß, da das Verfahren schlicht für Zahlungen unbrauchbar ist.

Ich wollte heute bei der SNCF Bahnfahrkarten für den TGV kaufen. Habe ich schon des öfteren gemacht, ist einfach und gut. HALT! Es war einfach und gut, denn heute habe ich mir die Karten gelegt. Bei dem Zahlvorgang wurde ich ausgefordert am „Verified by Visa- und MasterCard SecureCode-Zahlungen“-Verfahren teil zu nehmen. Dazu muss man eine App auf dem Mobiltelefon installieren und die Kreditkarte – vor der ersten Zahlung – mit dem Handy „verbinden“. SOLLTE keine große Sache sein. Ist es aber. Denn alles was ich während und nach der Installation empfing war eine Fehlermeldung. „Konnte nicht gesendet werden“.

Dankenswerter Weise gibt es eine Hotline, welche nach relativ kurzer Wartezeit tatsächlich zu einen Menschen durchstellt. Leider konnte mir dort nur äußert marginal geholfen werden, indem mir bestätigt wurde, dass ich keinen Fehler bei der Bedienung gemacht habe. WARUM das System aus „Lieferant“<->“Kartenunternehmen“<->Handy-App nicht funktioniert und ich keine Zahlung tätigen kann, konnten mir die freundlichen Mitarbeiter aber nicht erklären. Endresultat: Ich kann bei SNCF keine Bahnfahrkarte online buchen.

Die Kritiken im Playstore sind relativ eindeutig:

bewertung

Nach der Durchsicht diverser Kommentare habe ich einen Verdacht, warum das Verfahren bei mir nicht funktioniert. Es funktioniert nicht bei gerooteten Android-Handys. Zwar ist mein Handy nicht gerootet, aber vielleicht liegt es daran, dass ich Android 7.1.1 auf dem Handy habe?

Aber was nun, wenn ich im Internet zahlen möchte und nicht einfach mittels Kreditkarte und „Kreditkartennummer und Sicherheitscode“ zahlen kann, sondern der Verkäufer mich zwingt mittels „Verified by Visa- und MasterCard SecureCode-Zahlung“ eben nicht zahlen zu können?

Und dann soll Bargeld durch bargeldloses Zahlen abgelöst werden? Setzen, SECHS. SO wird das nicht Leute. NIEMALS!

Sollte ein Leser oder eine Leserin einen Tipp haben wie ich die APP nutzen kann, wäre ich mehr als nur dankbar.

Nebenfrage: Was macht man, wenn man irgendwo im Nirgendwo der Welt ist und mittels Kreditkarte keine Reise online buchen kann? Was macht man, wenn das Handy gestohlen wird/der Akku leer ist?

Das Terrorurteil #TerrorIhrUrteil, Philosophie und das Grundgesetz

Sorry Leute, welch ein Schwachmatenkram. Was soll die Sendung, die Diskussion und vor allem die Abstimmung? Letztendlich kommen wir wieder auf das altbekannte Trolley-Problem zurück.

Um ETWAS weiter auszuholen: Vor dem Ende einer offenen Kette von Möglichkeiten ist alles offen. So kann – um zu der perversen Volksbefragung im TV zurück zu kommen – im ALLERLETZTEN Moment ein Passagier im Flugzeug den/die Attentäter überwältigen und so die Passagiere und die Besucher des Stadions retten.

Kant erklärt uns:“Du solltest nicht lügen“ – niemals, never – lügen ist Bäh-Bäh. Ja, sagt ihr, aber was ist in dem Fall, dass sich ein Freund von dir in deiner Wohnung versteckt und ein Mörder vorn an der Tür klingelt und dich fragt: „Ist dein Freund bei dir“? Was antwortest Du? Die erste Antwort wird natürlich immer sein (Für die Katholen: Lässliche Lüge): „Nein, der ist nicht hier, sorry ich kann nicht helfen “ um dann zu hoffen, dass der Mörder nicht in das Haus hinein kommt.

Was aber, wenn euer Freund das Gespräch mitverfolgt hat und aus dem Fenster entwischt? Wenn ihr die Wahrheit sagt: „Ja mein Freund ist hier“, wird er Mörder das Haus untersuchen und euer (geflüchteter) Freund ist in Sicherheit. Wenn ihr aber lügt „Nein, der ist nicht hier“ besteht die Möglichkeit, dass der Mörder euren flüchtenden Freund zwei Strassen weiter flüchten sieht und …. ihn tötet.

Wikipedia schreibt zu diesem Problem zurecht:
„Im deutschen Strafrecht hat die Unterscheidung zwischen Tun und Unterlassen erhebliche Folgen. Deshalb sind die beiden Fälle im Folgenden getrennt darzustellen. Wichtig ist ferner, dass im deutschen Strafrecht zwischen der Rechtfertigung und Entschuldigung (d. h. Rechtswidrigkeit ohne individuelle Vorwerfbarkeit) einer Tötung streng unterschieden wird.“

Das TUN gegen das NICHTTUN aufzurechnen ist äußerst gefährlich, denn niemand weiß, ob nicht NACH dem aktiven Eingriff in die Situation noch etwas passieren kann, was am Ende alle Beteiligten retten kann.

Abgesehen von der Philosophiererei – das Verfassungsgericht hat am 15. Februar 2006 eine eindeutige Bewertung erstellt: „Abschussermächtigung im Luftsicherheitsgesetz nichtig“ – der Abschuss ist NICHT mit deutschen Recht vereinbar. Abgesehen davon, dass in dem Fernsehspiel der Pilot auch noch eine Befehlsverweigerung begangen hat.