Spiegel-Interview mit von der Leyen. Ehrliche Worte, man muss sie nur verstehen.

Im Spiegel findet sich ein Interview mit Frau von der Leyen, das ich – als alter Querleser – äusserst spannend finde, denn unsere Familienministerin zeigt dort offen einige Ansichten und Vorgehensweisen, die ich schon lange sah deutlich auf.

Erst ist Schulterzucken da, dann gibt es kübelweise Kritik, aber dann stellen wir gemeinsam fest: Da ist ein Problem, wir müssen handeln. Es mag unterschiedliche Wege geben, aber im Ziel sind wir einig. Und jetzt ist das Gesetzesverfahren da. So wird das auch bei diesem Thema sein. Ich nehme dabei zwar die Bedenken aus der Petition ernst, weiche aber keinen Millimeter von meinem Ziel ab.

Erst gibt vdL zu, dass es Kritik und unterschiedliche Wege geben mag, aber am Ende weicht Sie keinen Millimeter von ihrem Ziel ab: Und ihr Ziel sind die Sperren. Denn nur mit der Umsetzung der Sperren kann sie sich ihr persönliches „Internet-Denkmal“ (aka chinesische Mauer) erreichten.

Ich halte für richtig, klare Gesetze in einem Land zu haben. Wir sprechen nur über den Straftatbestand der Kinderpornografie, der geregelt ist im Paragraf 184b StGB. Und dieser Straftatbestand muss nicht täglich durch einen Richter noch einmal wiederholt werden.

Es müssen also Straftatbestände – in dem Bild von Frau vdL – nicht mehr täglich von einem Richter wiederholt werden? Was werden die überarbeiteten Richter in all den Strafverfahren dazu sagen? Urlaub einreichen? Denn JEDE Straftat wird erst durch ein Gesetz zu einer Straftat. Ob aber im Einzelfall eine Straftat vorliegt, entscheidet bis jetzt immer noch ein Richter. Und genau an der Stelle fehlt es einer Ministerin (das darf man NIE vergessen!) an Verständnis für unser Rechtssystem mit seiner Gewaltenteilung!

Spiegel: Wobei die meisten Kontakte nicht per WWW, sondern per Mail gewesen sein dürften…

Von der Leyen: …die auf verbotene Seiten verweist.

Liebe Frau vdL: WENN per Mail ein Link geschickt wird und in diesem eine IP-Adresse und kein Hostname angegeben ist, können Sie sich ihre gesamte Internetsperre durch DNS-Manipulation direkt in die Haare schmieren! Wenn man cvon etwas keine Ahnung hat ….

Wir möchten, dass in Zukunft zugleich immer Interpol verständigt wird, die in 160 Staaten dieser Welt vertreten sind. Das BKA wird das diese Woche in der Interpol-Tagung einbringen.

Interpol…… Ein einfaches Whois (Bitte googlen Frau vdL) ermöglicht es den ermittelnden Beamten DIREKT denjenigen zu kontakten, auf dessen Server die Inhalte liegen. Aber um auf diese Idee des  „kurzen Dienstweges“ zu kommen, müsste man sich mit dem Thema wenigstens ansatzweise beschäftigt haben und nicht (so kommt es mir wirklich vor) als Strohfrau des Bundesinnenministers und diverser Lobbyisten durch die Gegend laufen.

Mir ist wichtig, dass ein BKA-Beamter bei jeder einzelnen Seite überprüft, ob der Inhalt nach deutschem Recht strafbar ist.

Frau vdL bitte 100x an die Tafel schreiben: Nach deutschem Recht ist ein POLIZEIbeamter (und nichts anderes sind BKA-Beamte) weder befugt noch befähigt, eine Strafbarkeit festzustellen. Er kann einen VERDACHT haben und aufgrund dessen agieren. Die Feststellung einer Straftat benötigt immer noch des Richters.

SPIEGEL ONLINE: Eine Kontrollinstanz bedeutet aber doch nicht, dass, wenn eine Seite gesperrt wird, der Betreiber informiert wird.

Von der Leyen: Nein, denn im Prinzip merkt man es ja sofort. Denn wenn man die Seite anklickt, kommt das Stoppschild.

Aha, diejenige, die wirklich SOFORT die Seite abstellen könnten (namentlich Hoster, Contentprovider und Rechenzentren) müssen nun also täglich alle Rechner/Domains abgrasen, die bei ihnen gehostet sind? Und wer bezahlt das?Frau vdL: Ich arbeite in einem Rechenzentrum und ich versichere ihnen, dass dieses nicht umsetzbar ist. Sollte aber ein BKA-Beamter bei uns anrufen und uns mitteilen, dass auf einem der Kundenserver illegale Inhalte verfügbar gemacht werden, ist der betreffende Content innerhalb von Minuten nicht mehr erreichbar.

SPIEGEL ONLINE: Ende März kam von der EU der Entwurf eines Richtlinienvorschlags, der auch in diese Richtung zeigt. Da steht der Richtervorbehalt drin.

Von der Leyen: Entschuldigen Sie mal, haben Sie eine Vorstellung über die Zahl und die Geschwindigkeit, mit der Kinderpornoseiten verbreitet werden? Und Sie meinen, es führt zum Ziel, wenn in jedem einzelnen Fall ein Richter entscheidet: Ja, es ist 184b. Wir haben einen scharf umrissenen Straftatbestand im Gesetz, dazu sind Gesetze da.

Auch Diebstahl und Gewaltverbrecher werden dann in naher Zukunft – nach Vorstellung von Frau vdL – direkt von den ermittelnden  Beamten mittels standrechtlichem Feststellungsverfahren abgeschlossen und nach Verfahrensverfügung 08/15 mittels Einweisung in Vollzugsanstalten geahndet. Ist ja alles in Gesetzen definiert, nicht wahr?

Der allerletzte Teil ist so wunderschön, den möchte ich mir am liebsten hinter Glas an die Wand hängen:

SPIEGEL ONLINE: Werden Sie die Gesetzesänderung noch in dieser Legislaturperiode durchbekommen?

Von der Leyen: Ich bin zuversichtlich. Man stelle sich die Alternative vor.

SPIEGEL ONLINE: Zum Beispiel: Sinnvolle, zielgerichtete Ermittlungsarbeit?

Von der Leyen: Bitte, jetzt nicht wieder alles von vorne.

In diesem Sinne. Wieso muss ich bei Frau vdL  und dem Thema gewaltenteilung gerade wieder an das Grundgesetz denken:

Artikel 20
[Staatsstrukturprinzipien; Widerstandsrecht]
(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.
(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.
(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.
(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist

Mittlerweile Standard: Der Link zur Petition gegen Internetsperren

Wie man Meinungsumfragen manipuliert – am Beispiel Internetsperren

Christan Bahl – von Mogis (MissbrauchsOpfer Gegen InternetSperren) – hat die Umfrage des Deutschen Kinderhilfe einmal „kopiert“ und mit anderen Fragestellungen ebenfalls eine Umfrage bei Infratest in Auftrag gegeben. Der grosse Unterschied der beiden Umfrage ist, dass die Deutsche Kinderhilfe mit manipulativen Fragen arbeitete, Mogis innnerhalb der Fragestellungen Informationen einarbeitete.

Die Zeit berichtet und hoffentlich bald auch andere Medien über komplett auf den Kopf gestellte Umfrageergebnisse. Denn:

Das Ergebnis: Nur fünf Prozent der insgesamt 1000 Befragten sind für eine solche Lösung, mehr als 90 Prozent also lehnen Netzsperren ab.

Also liebe Zielgruppe, einmal mehr der Beweis: Traut keiner Statistik oder Studie, die ihr nicht selbst manipuliert habt. Und am dreckisten wird es, wenn es um politische Einflussnahme und Geld geht. Dann steht das Recht und die Information nicht mal an zweiter Stelle. 🙁

Sondermeldung: Nameserver des Deutschen Bundestages unterstützt KiPo

Naja, ganz so schlimm, wie die Headline (man verzeihe mir die diebische Freude und das gehässige Grinsen) ist es nicht. Aber ich kann euch schon mal sagen, welchen Server diejenigen eintragen können, die etwaige Internetsperren umgehen wollen: Den Nameserver, der für die Domain Bundestag.de zuständig ist!

„Whois bundestag.de“ ergibt den zuständigen Nameserver  s615.babiel.com – welcher die IP-Adresse 217.79.215.156 hat. Und genau dieser ist für Zugriffe von aussen offen – jeder Bundesbürger hat das Recht diesen Nameserver in seinen Rechner oder Router einzutragen – schliesslich ist der Server von unseren Steuergeldern bezahlt. Und wem der Name Babiel bekannt vorkommt: Ja, das ist das Unternehmen, das auch das System für die Epetitionen erstellt hat. Noch Fragen Hauser?

Dank an Fefe – ich grinse immer noch dämlich