Warum die Regierung immer noch an Bahn-Chef Mehdorn festhält

Ja, der Mehdorn, was ist er? Ein Steh-Auf-Männchen? GANZ sicher nicht, denn seit vielen Wochen geht es für ihn – rein die Sachlage betrachtend – immer weiter runter. Und genau DAS ist das Problem. Man könnte sagen, die Regierung (und nicht zuletzt die Kanzlerin) steckt in einem Dillema, wie es auch Besitzer von Aktien mit stets sinkendem Wert kennen.

Es gibt einen „guten“ Moment Entscheidungen mit wachsendem Risiko zu treffen. Dieses ist der Moment, an dem der Schaden noch übersehbar ist und noch keine Kollateralschäden entstanden sind. Viele Banken kennen das Problem gerade dieser Tage anhand ihrer eigenen Werte. Genau SO ergeht es dem Kanzelerin Merkel derzeit. Eigentlich hätte schon zu Zeiten, als das Laufrad-Problem bewim ICE aufkam und offensichtlich wurde, dass bei der Bahn ALLES (koste es was es wolle!) auf den Börsengang ausgerichtet war ein Machtwort gesprochen werden müssen. Auch wurde (nach Telefonüberwachung und der aktuellen Mailkatastrophe) immer offensichtlicher, dass die Bahn völlig aus dem Ruder läuft, dass einige Weichen deutlich falsch gestellt sind. Und um bei „Bildern“ zu bleiben: Mehdorn ist diejenige Person, die bei der Bahn für die Weichenstellungen zuständig ist. Jede Aufgabenübertragung impliziert eine Kontrolle. Das heisst, dass jeder Vorgesetzte schlussendlich für die Tätigkeiten seiner „Zuarbeiter“ mitverantwortlich ist. Sich dieser Verantwortung zu entziehen ist äusserst schwer. Wie mir einmal bei einem Managment-Training beigebracht wurde: „Keine Diskussionen mit Untergebenen, es wird das gemacht, was Sie sagen und zwar weil SIE die Verantwortung dafür tragen“. Dieser Verantwortung muss man sich stellen. Sowohl Mehdorn als auch die regierungschefin haben es deutlich an Kontrolle mangeln lassen.

Aber zurück zu dem Problem, dass schlussendlich das Problem unserer Kanzlerin ist: Sie hat – wie ihr Vor-Vorgänger Helmut Kohl – darauf gehofft, keine Entscheidung treffen zu müssen, dass sich das Problem durch Aussitzen lösen liesse. Gerade im Wahljahr hatte man die Hoffnung, die Neubesetzung des Bahn-Chefsessels ohne die SPD lösen zu können. Aber das Problem löste sich nicht. Dieses „kleine“ Personalprobleme wurde immer und immer grösser – und die kanzlerin schwieg, liess vielmehr (als Regierungschefin) zu dass Mehdorn der Rücken gestärkt wurde. Am Ende bleibt auch an der Kittelschürze der Kanzlerin Dreck heften, der aus Richtung der Bahn in die Gegend fliegt.

Frau Merkel, eines können Sie daraus lernen: Probleme haben manchmal die Eigenschaft zu wachsen, wenn man sich ihrer nicht mit Nachdruck annimmt. Zum Schluss darf sich die SPD nämlich die Hände reiben, da Verkehrsminister Tiefensee schon seit langer Zeit Mehdorn aus dem Amt entfernen wollte.

So macht man es, wenn man Mehdorn heisst

Die interne Revision ist ja nun gerade unangenehm innerhalb des Konzerns der Deutschen Bahn AG aufgefallen, denn (lt. Tagesschau):

Bahnchef Hartmut Mehdorn ist laut Mitarbeitern der Konzernrevision offenbar “wiederholt” über die Spitzelaufträge an die Firma Network Deutschland GmbH informiert worden.

DAS war für mich ja schon der Grund Mehdorn wegen Belügens der Regierung (NOCH ist die Bahn in Staatshand) achtkantig rauszukacheln.

Aber Mehdorn, der alte Pokerspieler (mit gezinkten Karten) hat ja noch ein Ass im Ärmel. Heute liest man im Spiegel:

Als erste Konsequenz des Berichts hat der Leiter der Konzernrevision, Josef Bähr, um seine Beurlaubung gebeten. Das teilte ein Bahn-Sprecher mit. Bähr werde damit nicht vor dem Verkehrsausschuss erscheinen, um Fragen zu der Datenaffäre zu beantworten.

(BTW – die Aussage bezieht sich auf den“ Zwischenbericht, den der Bahn-Chef Hartmut Mehdorn am Dienstag dem Verkehrsausschuss des deutschen Bundestages übermittelt hat“)

Tja, das ist doch mal genial. Da gibt es jemanden, der GANZ genau aussagen könnte, an welchen Stellen Mehdorn uns alle belogen und betrogen hat und genau diese Person hat um Urlaub gebeten? Da bin ich mal gespannt, ob das „Urlaubsgeld“ für diesen Urlaub eine Dimension hat, dass es im nächsten Geschäftsbericht angegeben werden muss. Das  riecht nicht nach Verschleierung, das stinkt!

Nun soll der Josef Bähr als Baueropfer identifiziert werden, denn (wieder Spiegel):

Der Vorstand des Unternehmens und der Anti-Korruptionsbeauftragte Wolfgang Schaupensteiner räumen eigene Fehler ein, insbesondere ihrer Abteilung Konzernrevision. In dem Bericht heißt es, „dass die Vorgehensweise der Konzernrevision bei der Bekämpfung von Korruption und Wirtschaftskriminalität nicht immer professionell und integer war. Dieses ist für den Konzernvorstand nicht hinnehmbar.“ So wird zugegeben, dass mit der Anzahl der Überprüften unverhältnismäßig vorgegangen worden sei.

Moment mal: Erst erklärt die interne Revision, dass Mehdorn von den Überwachungen wusste und nun hat die Revision Mist gebaut und der Konzernvorstand (an dessen Spitze wer steht? Genau: Mehdorn!) ist not amused? Hallo?

Abe:

Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) ist mit dem Zwischenbericht der Bahn zur Datenaffäre „nicht zufrieden“. „Er wirft mehr Fragen auf, als er beantwortet“, sagte Tiefensee am Dienstag in Berlin laut Mitteilung seines Ministeriums. „Insbesondere bleibt offen, wer genau wofür die Verantwortung trägt. Hier muss dringend nachgearbeitet werden.“

Anscheinend hat unser Verkehrsminister da einen Verdacht. Hoffen wir mal, dass die ganze Geschichte nicht im Vorwahlkampf so dilletantisch gelöst wird, wie das Neubesetzen des Wirtschaftsministerpostens.

Nachtrag zum Verständniss meines Gedanken: WENN der Bähr tatsächlich Mist gebaut hätte, würde sein Urlaubsantrag niemals-nie-nicht unterschrieben werden. Der würde „in Eisen“ dem Untersuchungsausschuss vorgeführt werden. Aber so wird jemand der der Wahrheitsfindung dienlich sein konnte einfach mal schnell mundtot gemacht.

Still und starr liegt der See

Der Tiefensee – wie es scheint, haben wir da wo man einen starken mann bräuchte, ein Früchtchen sitzen. Denn wer die Personalführung für die Bahn und den – auch in Metaphern gesprochen – stiernackigen Mehdorn beaufsichtigen muss, sollte ein breites Kreuz haben. Aber genau dieses hat der Herr Tiefensee nicht und wird nun von allen Seiten durch das Dorf getrieben. Nun tritt auch der Bundesrechnungshof dem Herrn Verkehrsminister auf die Füsse und moniert:

Der Bundesrechnungshof kritisiert demnach, dass das Ministerium bislang keine Gesamtschau der zu erwartenden Kosten erstellt habe. Von den erwarteten Kosten in Höhe von 5,3 Milliarden Euro seien nur gut vier Milliarden abgedeckt, heißt es in dem internen Bericht.

wie der Spiegel schreibt. Das der Herr Tiefensee dafür Daten von der Bahn braucht, ist eine Sache. Von einer Führungspersönlichkeit (was ein Minister sein sollte), erwarte ich aber, dass er seinen Leuten auch mal in den Arsch tritt, um Termine einzuhalten.

In einem Managmenttraining habe ich einmal etwas SEHR wichtiges und wahres gelernt: Warum bestimmt der Vorgesetzte wo es langgeht? Einzige Erklärung: Weil er die Verantwortung zu tragen hat. Keine weiteren Diskussionen. Aber dieser Verantwortung muss man sich auch stellen. Das gilt für ALLE! Und genau an der Stelle hapert es bei nahezu allen Managern und Politikern. Hier wird zu gern der Kopf eingezogen und es geht nicht um die Sache, sondern nur um Gier. Gier nach Macht, Geld, Ansehen oder was auch immer.