Sieg und Niederlage der Zensurgegner

Es war ein sehr erfolgreicher Misserfolg – ich weiss nicht, wie ich es anders ausdrücken soll.

Die Petition von Franziska Heine „Internet – Keine Indizierung und Sperrung von Internetseiten“ ist bislang die erfolgreichste Petition in der Geschichte der deutschen Onlinepetitionen. Mit – in diesem Moment 129920 – Unterzeichner, haben sich mehr Bundesbürger GEGEN die Zensurbestrebungen der Familienministerin Ursula von der Leyen ausgesprochen, als jemals zuvor Wähler für eine EPetition aktiviert werden konnten.

Was bedeutet es, wenn – trotz der massiven Bekundung des Volkswillens – Gesetze OHNE Anhörung der Petitionseinreicherin vor dem Petitionsausschuß beschlossen werden? Man kann mehrere Dinge ableiten:

  • Den regierenden Parteien ist die Volksmeinung egal (solange sie irgendwie im Parlament bleiben)
  • Die Wähler werden weiterhin das Interesse an der Politik verlieren. Denn die Regierenden zeigen ihnen, dass die Volksmeinung sowieso egal ist
  • Das einzige – ansatzweise – demokratische Moment in unserem Staat ist der Moment der Wahl.

Leider vergessen die Wähler zu schnell – und die Politiker wissen dies und spekulieren ganz gezielt darauf.

Für mich ist dieser Vorgang ein weiterer Beweis, dass sich unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung, wie sie unser Grundgesetz gewährleisten SOLL, aufgelöst hat. Was nutzen Petitionen, wenn sie so offensichtlich NICHT in den Alltag des Parlamentes Eintritt erlangen? Was nutzt die Arbeit des Petitionsausschusses, wenn eine Anhörung erst nach Absegnung des betreffenden Falles stattfindet?

Armes Deutschland, wehrlose Wähler, machtlose Bürger

Wird die SPD vom Springer Konzern gelenkt?

Der SPD-Parteivorstand hat ueber den Initiativantrag von Jan Moenikes, Bjoern Boehing und Franziska Drohsel diskutiert. Der Parteifuehrung geht er zu weit, da sie befuerchten, bei einer offenen Ablehnung von der konservativen Press als „Freunde der Kinderpornographen“ gejagt zu werden.

Oder anders ausgedrückt: Liebe Leute, der SPD-Parteivorstand hat entweder keinen Arsch in der Hose (sorry) oder ist nicht in der Lage FAKTEN durch geschultes Marketingpersonal unmissverständlich zu kommunizieren. JEDER Bundesbüger, der sich der Petition angeschlossen hat ist durch Angabe von Namen und Wohnort zu 95% zu identifizieren. ALLE Unterzeichner der Petition setzen sich deutlich mehr für ihre Meinung und ihr Gewissen ein, als die SPD, die es vorzieht sich vor der Presse zu verbeugen.

In welchem Land leben wir, wenn die Parteien nur noch das beschliessen, was die Presse als angenehm empfindet? Wer steht an der Spitze des Staates? Der Axel Springer Konzern? Die SPD scheint es  so zu sehen.  Werden in Zukunft keine Parteien, sondern Verlagshäuser gewählt? Sorry, da wird mir ganz übel. Weicheier.

Spiegel-Interview mit von der Leyen. Ehrliche Worte, man muss sie nur verstehen.

Im Spiegel findet sich ein Interview mit Frau von der Leyen, das ich – als alter Querleser – äusserst spannend finde, denn unsere Familienministerin zeigt dort offen einige Ansichten und Vorgehensweisen, die ich schon lange sah deutlich auf.

Erst ist Schulterzucken da, dann gibt es kübelweise Kritik, aber dann stellen wir gemeinsam fest: Da ist ein Problem, wir müssen handeln. Es mag unterschiedliche Wege geben, aber im Ziel sind wir einig. Und jetzt ist das Gesetzesverfahren da. So wird das auch bei diesem Thema sein. Ich nehme dabei zwar die Bedenken aus der Petition ernst, weiche aber keinen Millimeter von meinem Ziel ab.

Erst gibt vdL zu, dass es Kritik und unterschiedliche Wege geben mag, aber am Ende weicht Sie keinen Millimeter von ihrem Ziel ab: Und ihr Ziel sind die Sperren. Denn nur mit der Umsetzung der Sperren kann sie sich ihr persönliches „Internet-Denkmal“ (aka chinesische Mauer) erreichten.

Ich halte für richtig, klare Gesetze in einem Land zu haben. Wir sprechen nur über den Straftatbestand der Kinderpornografie, der geregelt ist im Paragraf 184b StGB. Und dieser Straftatbestand muss nicht täglich durch einen Richter noch einmal wiederholt werden.

Es müssen also Straftatbestände – in dem Bild von Frau vdL – nicht mehr täglich von einem Richter wiederholt werden? Was werden die überarbeiteten Richter in all den Strafverfahren dazu sagen? Urlaub einreichen? Denn JEDE Straftat wird erst durch ein Gesetz zu einer Straftat. Ob aber im Einzelfall eine Straftat vorliegt, entscheidet bis jetzt immer noch ein Richter. Und genau an der Stelle fehlt es einer Ministerin (das darf man NIE vergessen!) an Verständnis für unser Rechtssystem mit seiner Gewaltenteilung!

Spiegel: Wobei die meisten Kontakte nicht per WWW, sondern per Mail gewesen sein dürften…

Von der Leyen: …die auf verbotene Seiten verweist.

Liebe Frau vdL: WENN per Mail ein Link geschickt wird und in diesem eine IP-Adresse und kein Hostname angegeben ist, können Sie sich ihre gesamte Internetsperre durch DNS-Manipulation direkt in die Haare schmieren! Wenn man cvon etwas keine Ahnung hat ….

Wir möchten, dass in Zukunft zugleich immer Interpol verständigt wird, die in 160 Staaten dieser Welt vertreten sind. Das BKA wird das diese Woche in der Interpol-Tagung einbringen.

Interpol…… Ein einfaches Whois (Bitte googlen Frau vdL) ermöglicht es den ermittelnden Beamten DIREKT denjenigen zu kontakten, auf dessen Server die Inhalte liegen. Aber um auf diese Idee des  „kurzen Dienstweges“ zu kommen, müsste man sich mit dem Thema wenigstens ansatzweise beschäftigt haben und nicht (so kommt es mir wirklich vor) als Strohfrau des Bundesinnenministers und diverser Lobbyisten durch die Gegend laufen.

Mir ist wichtig, dass ein BKA-Beamter bei jeder einzelnen Seite überprüft, ob der Inhalt nach deutschem Recht strafbar ist.

Frau vdL bitte 100x an die Tafel schreiben: Nach deutschem Recht ist ein POLIZEIbeamter (und nichts anderes sind BKA-Beamte) weder befugt noch befähigt, eine Strafbarkeit festzustellen. Er kann einen VERDACHT haben und aufgrund dessen agieren. Die Feststellung einer Straftat benötigt immer noch des Richters.

SPIEGEL ONLINE: Eine Kontrollinstanz bedeutet aber doch nicht, dass, wenn eine Seite gesperrt wird, der Betreiber informiert wird.

Von der Leyen: Nein, denn im Prinzip merkt man es ja sofort. Denn wenn man die Seite anklickt, kommt das Stoppschild.

Aha, diejenige, die wirklich SOFORT die Seite abstellen könnten (namentlich Hoster, Contentprovider und Rechenzentren) müssen nun also täglich alle Rechner/Domains abgrasen, die bei ihnen gehostet sind? Und wer bezahlt das?Frau vdL: Ich arbeite in einem Rechenzentrum und ich versichere ihnen, dass dieses nicht umsetzbar ist. Sollte aber ein BKA-Beamter bei uns anrufen und uns mitteilen, dass auf einem der Kundenserver illegale Inhalte verfügbar gemacht werden, ist der betreffende Content innerhalb von Minuten nicht mehr erreichbar.

SPIEGEL ONLINE: Ende März kam von der EU der Entwurf eines Richtlinienvorschlags, der auch in diese Richtung zeigt. Da steht der Richtervorbehalt drin.

Von der Leyen: Entschuldigen Sie mal, haben Sie eine Vorstellung über die Zahl und die Geschwindigkeit, mit der Kinderpornoseiten verbreitet werden? Und Sie meinen, es führt zum Ziel, wenn in jedem einzelnen Fall ein Richter entscheidet: Ja, es ist 184b. Wir haben einen scharf umrissenen Straftatbestand im Gesetz, dazu sind Gesetze da.

Auch Diebstahl und Gewaltverbrecher werden dann in naher Zukunft – nach Vorstellung von Frau vdL – direkt von den ermittelnden  Beamten mittels standrechtlichem Feststellungsverfahren abgeschlossen und nach Verfahrensverfügung 08/15 mittels Einweisung in Vollzugsanstalten geahndet. Ist ja alles in Gesetzen definiert, nicht wahr?

Der allerletzte Teil ist so wunderschön, den möchte ich mir am liebsten hinter Glas an die Wand hängen:

SPIEGEL ONLINE: Werden Sie die Gesetzesänderung noch in dieser Legislaturperiode durchbekommen?

Von der Leyen: Ich bin zuversichtlich. Man stelle sich die Alternative vor.

SPIEGEL ONLINE: Zum Beispiel: Sinnvolle, zielgerichtete Ermittlungsarbeit?

Von der Leyen: Bitte, jetzt nicht wieder alles von vorne.

In diesem Sinne. Wieso muss ich bei Frau vdL  und dem Thema gewaltenteilung gerade wieder an das Grundgesetz denken:

Artikel 20
[Staatsstrukturprinzipien; Widerstandsrecht]
(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.
(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.
(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.
(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist

Mittlerweile Standard: Der Link zur Petition gegen Internetsperren