a-ja Ressort in Travemünde

Sowas kommt selten vor: Ich beschreibe ein Hotel in meinem Blog. Aber das a-ja Ressort in Travemünde ist es wert beschrieben zu werden. Allerdings wohl nicht so, wie es sich deren Marketingabteilung vorstellt.

Meine Prinzessin und ich erlaubten uns für ein paar Tage eine Auszeit. Ziel war unklar: Da es ein Kurzurlaub sein sollte, fiel alles aus dem Raster, dass weiter als ~300 Kilometer entfernt war. Also die üblichen verdächtigen Last-Minute-Portale durchsuchen und…. Das a-ja Ressort in Travemünde bekam unsere Aufmerksamkeit. Ein Neubau, direkt an der Mündung der Trave. Mit Seeblick, Wellness-Bereich, Fitness-Raum und das ganze mit Halbpension. Ja, das hörte sich gut an, die Rezessionen waren durchwachsen und die Kritik bezog sich vor allem auf „Kinderkrankheiten“, die man in einem neuen Hotel halt mal haben kann. Die Baumaßnahmen waren mittlerweile abgeschlossen. Wir dachten (hahaha), dass nun wohl die kritisierten Punkte rausgewachsen sind – also wurde gebucht.

Die Anfahrt von Hamburg aus ist ein Klacks – das Einchecken kein Problem. Aber schon auf dem Weg vom Fahrstuhl zum Zimmer wurde es bemerkenswert: Die Auslegware auf dem Stockwerk verursacht eine dermaßen laute Geräuschkulisse, wenn der Trolli über sie gezogen wird, dass froh waren, dass wir Nachmittags und nicht spätabends eingecheckt haben.

Das Zimmer

Das Zimmer machte auf dem ersten Blick einen guten Eindruck. Der Ausblick war nett:

Aussicht aus dem Seeblick-Zimmer des a-ja Hotel in Travemünde

Aussicht aus dem Seeblick-Zimmer des a-ja Ressort in Travemünde

Aber leider brachte eine weitere Begutachtung des Zimmers dann doch einige zu bemerkende Details ans Licht:

  • Es gibt keine Seife am Handwaschbecken. Sorry, aber ich war noch NIE vorher in einem Hotel in dem es keine Seife gab. Zwar stand eine Warenprobe Duschgel am Waschbecken, aber das ist – zumindest für mich – nicht das selbe.
  • Die Prinzessin bemerkte das Fehlen von Kosmetiktüchern und eines Schminkspiegels. OK, für mich ist das kein Problem, aber die Damenwelt wird hier meiner besseren Hälfte ihr Mitgefühl schenken können.
  • Die Toilette und die Dusche sind nebeneinander direkt im Zimmer eingearbeitet und werden durch EINE Schiebetür geschlossen. Das heißt, dass entweder die Dusche oder das Klo optisch und olfaktorisch vom Hotelzimmer getrennt ist. Wer hat sich DAS bitte ausgedacht. Dass es „nur“ eine Milchglastür ist, lasse ich als „hippes“ Detail durchgehen. Aber stets nur EINEN „Feuchtraum“ schließen zu können ist ….. bemerkenswert.
  • Es gibt im Zimmer Bademäntel für die Nutzung des SPA-Bereichs, aber keine Badelatschen. Hääää? Sowas habe ich bislang auch noch nicht erlebt.

Spa und Fitness-Bereich

So, hier ist das Kapital ohne Abstriche. SPA- und Fitness-Bereich sind wirklich gut. Ein 25m Indoor-Becken und ein ebenso groß ausgelegte Outdoor-Becken laden dazu ein sich sportlich zu betätigen. Diverse Saunen (auch eine Infrarot-Trockensauna) laden dazu ein, die Schweißporen zu aktivieren. Dazu ausreichend Liegemöglichkeiten drinnen und draußen lassen kaum einen Wunsch offen. Auch der Fitnessraum überzeugt durch modernes, sinnvolles Gerät, welches kaum Wünsche offen lässt.

Speisebereich

Der Speisebereich ist … bemerkenswert. Wahrscheinlich um den Charme eines Speisesaals einer Jugendherberge zu durchbrechen, ist der Speisebereich in 4 separate Bereiche mit eigenem Stil ausgestattet. Die Grundidee dahinter ist sicherlich löblich, wenn man als Gast nicht den Eindruck hätte, dass hier 4 verfeindete Innenarchitekten am Werk waren. Sorry liebe Leute, das sieht echt seltsam aus – da ist der Speisesaal beim örtlichen IKEA optisch deutlich erträglicher.

Die Speisen

Die Speisen – sowohl Frühstück als auch Abendessen werden als Buffet bereitgestellt – sind qualitativ hochwertig. Die Auswahl ist ausreichend, das frisch zubereitete Rührei zum Frühstück kann man sich mit verschiedenen Zutaten (Zwiebel, gekochter Schinken, Tomate, Lauch und andere) aufpeppen lassen – vorbildlich und sehr angenehm. ABER: Ein sehr großes Manko ist, dass die Speisen zwar beschrieben sind, aber es keinerlei Hinweise für Allergiker gibt. So beinhaltet das Roggenmischbrot z.B. Walnüsse, die Karamelcreme macht mit Haselnüssen auf sich aufmerksam. Leider keinerlei Hinweis auf diese „unerwarteten“ Inhaltsstoffe. Vegetarier freuen sich sicherlich auch über die Quiche (welche bei den Salaten und vegetarischen Gerichten stand) über den eingearbeiteten Schinken. Für einen vegetarischen Allergiker wird dieses Buffet zu einem Abenteuerurlaub.

Der Service

Das a-ja Ressort in Travemünde tritt den Beweis an, dass der Service an den Mitarbeitern hängt. Wurden wir – im Speisebereich! – die ersten beiden Tage sehr schnell und zuvorkommend mit den separat zu bestellenden Getränken versorgt, so dauerte es am dritten Tag (anderes Personal!) bereits derart lange, dass ich kurz davor war das Personal zu bitten die Kaffeemaschine zu aktivieren, damit ich mir selbst etwas zu trinken besorgen kann. Die Eskalation wurde dann aber doch noch abgewendet, da wir dann doch noch bestellen durften.

Am vierten Tag allerdings wurden uns Möglichkeiten der Ignoranz gezeigt: Ich musste mich an das Buffet (nicht Tischpersonal) wenden, um ein Glas Wasser zu erbitten, damit meine Prinzessin eine Tablette nehmen konnte. Erst als wir mit dem Essen fertig waren – es standen drei leere Teller auf unserem Tisch – wurde ich von der Tischbedienung gefragt ob alles „OK“ wäre. Auf meinen Hinweis, dass es toll gewesen wäre wenn wir ein Getränk zum Essen hätten bestellen können, wurde erwidert dass es der Dame leid täte, da hätten wohl vor uns andere Leute am Tisch gesessen.

Hääääää? Ist es nicht so, dass in einem Restaurant stets wechselnde Menschen an einem Tisch sitzen? Ich hätte gern vorher nach dem Tischpersonal gewunken – wäre es nur vor Ort gewesen. Sorry liebe a-ja Ressort in Travemünde, so geht das GAR nicht. Aber – wie eingangs erwähnt, die Probleme mit dem Personal hatten wir nur an den letzten beiden Tagen – vor dem Personal-/Schichtwechsel.

Die Bar

Jepp, es gibt eine Bar und diese ist sogar recht gut. Die Cocktails sind lecker gemischt, das Personal in diesem Bereich sehr nett und zuvorkommend. Hier gibt es ein klares Lob.

Der Feueralarm.

Wer einmal mit seinem Leben spielen möchte, für den ist das a-ja Ressort in Travemünde eine ganz klare Empfehlung. Am Mittwoch gab es einen Feueralarm: Dem Koch war der Inhalt einer Pfanne „explodiert“, was den Feueralarm auslöste. Kleine Ursache – große Wirkung. Ich wollte nach dem Befriedigen meiner Nikotinsucht gerade wieder auf Zimmer, als das Piep-Piep-Piep sowie die Anzeige des Fahrstuhls „Feuerwehrfahrt“ mir deutlich machten: Ruhe bewahren und raus aus der Hütte. Schnell wurde ich von den anderen Hotelgästen darüber informiert, dass es wohl der Koch war, der den Alarm auslöste, also war ich tiefenentspannt.

Aber nur solange, bis ich realisierte, dass im Restaurant der Betrieb ungestört weiter ging. War es nicht so, dass bei einem Feueralarm ALLE Menschen den Bereich zu verlassen haben? Ist nicht das Personal in den jeweiligen Bereichen für die Evakuierung ihres Bereiches verantwortlich? Die Hotelleitung und das Personal können froh sein, dass es nicht neben der besagten Pfanne einen zweiten Brand gab. Denn dann hätte dieses laissez-faire für vermeidbare Opfer sorgen können. Sorry, aber das war ein Beispiel für „So macht man es garantiert nicht“.

Der Smart-Shop / Keine Minibar

Im Sommer mag es ärgerlicher sein, als im November: Die Zimmer haben keinen Kühlschrank, keine Minibar. Anstelle dessen gibt es bei der Rezeption einen kleinen Shopbereich in dem sich der Hotelgast mit den benötigten Kleinigkeiten versorgen kann. Bemerkenswert sind hier die überraschend moderaten Preise sowie die wahrlich brauchbare Auswahl. Hierfür gibt es ein Sternchen.

Resümee

Werde ich irgendwann wieder ein a-ja Ressort buchen/aufsuchen? Nein. GANZ sicher nicht. Die guten Erfahrungen im a-ja Ressort in Travemünde sind leider nicht in der Lage die Schattenseiten zu erhellen. Es ist nicht so, dass ein (regulärer) Preis von bis zu  200€ pro Person/Nacht für eine Übernachtung inkl. Halbpension mein Budget sprengen würde – aber für das hierfür angebotene „Erlebnis“ ist der Preis schlicht unangemessen – selbst ein rabattierter Sonderpreis würde mich nicht motivieren dies Art von Erlebnis zu wiederholen.

Abspann

Die Passat an ihrem Liegeplatz in Travemünde

Die Passat an ihrem Liegeplatz in Travemünde

Als Schmankerl noch ein Photo der Passat im Nebel. Travemünde ist nett – ein Spaziergang um den Priwall (im November!) absolut zu empfehlen. Insbesondere wenn Travemünde eben NICHT durch Touris und Tagesgäste überlaufen ist.

Natur pur am Priwall

Natur pur am Priwall

Wünsche an die Politik

Wünsche an die Politik

Vorab: Wir leben in einer Marktwirtschaft – das ist solange OK wie der Markt es erreicht allen Menschen gleiche Möglichkeiten und Sicherheiten zu bieten. Wenn der Markt diesbezüglich an seine Grenzen gerät ist es Pflicht der Politik an dieser Stelle auszubessern. Und ich glaube hier haben wir den Kernpunkt meiner vielfältigen Probleme schon ganz gut freigelegt. Also ab in die Details meiner Wünsche an die Politik:

Ich wünsche mir Politiker mit Verantwortungsbewusstsein

Was ist so schlimm daran, einen Fehler zu machen? Jeder Mensch macht mal einen Fehler. Die Kunst besteht darin einen gemachten Fehler zu erkennen, ihn zu kommunizieren (auch gern ihn zu bedauern) und den Fehler zu beseitigen respektive in Zukunft diesen nicht noch einmal zu machen. Der moderne Politiker (vor allem in Führungsposition) sieht Fehler als Makel im Lebenslauf an. Aber sind Fehler wirklich Makel? Ist es nicht vielmehr so, dass der Makel erst entsteht, wenn man auf Fehler nicht reagiert und nachregelt? Politiker sind keine Übermenschen – warum sollten sie sich selbst als solche versuchen darzustellen? Das ist massiv unglaubwürdig.

Ich wünsche mir von der Wirtschaft unabhängige Politiker

Wenn ich mir diverse politische Entscheidungen anschaue und diese bewerte, kann ich den Gedanken nicht verbannen, dass die Politik sich immer mehr zum Werkzeug der Wirtschaft macht. OK, Politiker haben auch eine Verantwortung gegenüber der Wirtschaft, aber diese Verantwortung erwächst vor allem aus der Verantwortung für den Bürger. Denn jeder Bürger braucht eine Lebensgrundlage, welche vor allem durch ein  Einkommen gewährleistet wird. Wohlstand muss erwirtschaftet werden. Ob diese Erwirtschaftung allerdings durch jeden Einzelnen oder durch die „Volksgemeinschaft“ realisiert wird, ist vorrangig irrelevant – solange eine soziale Gerechtigkeit sichergestellt werden kann.

Was ich allerdings heutzutage immer häufiger beobachten muss ist, dass „die Wirtschaft“ über alle Maßen gefördert wird. Schauen wir doch einmal den Dieselskandal an. Wenn ich ein Produkt kaufe und dieses Produkt nicht die garantierten Eigenschaften aufweist, so habe ich als Verbraucher diverse Rechte: Nachbesserung durch den Verkäufer, Kompensation (Gutschrift) oder gar den Rücktritt vom Kaufvertrag.

Warum wird den KFZ-Herstellern hier eine Sonderstellung eingeräumt? Weil diese neben dem Verbraucher auch das KFZ-Bundesamt betrogen haben? Dieses „To Big To Fail“ ist das Mantra der Aktionäre (Shareholder) welche um ihre Erträge bangen.  Dieses ist nur ein – gerade präsentes – Beispiel. Die Liste könnte noch sehr viel länger werden.

Wie kann es passieren, dass Wirtschaftsunternehmen derart mit der Politik verflochten sind, dass teilweise Gesetzesvorlagen von Mitarbeitern deutscher Unternehmen geschrieben werden, die direkt von diesen Gesetzen betroffen sind?

Ich wünsche mir Politiker die eine soziale Marktwirtschaft unterstützen

Die Marktwirtschaft kommt in unserer Bundesrepublik sicherlich nicht zu kurz – aber was ist mit dem kleinen Prädikat „sozial„? Nehmen wir die Beitragsbemessungsgrenze der Sozialversicherungen: Ist es wirklich sozial zu nennen, wenn die Person, welche (Stand 2018) 4424€ verdient den gleichen Beitrag in die Krankenversicherung zahlt, wie die Person die ein 10- oder 100-faches Einkommen erzielt? Stets wird vom Pflegenotstand geredet, aber haben wir wirklich einen Pflegenotstand – oder sollten wir lieber von einem Finanzierungsnotstand sprechen? Mit mehr Kapital für Pflege könnte man den schwer arbeitenden Menschen im sozialen Bereich ein angemessenes Einkommen sichern. Wenn im Pflegebereich ein ansprechendes Einkommen gezahlt wird, entscheiden sich auch mehr Menschen für diesen Beruf.

Apropos „soziales“ Gesundheitswesen: Wer kam eigentlich auf die glorreiche Idee dass die Privatisierung von Krankenhäusern eine gute Idee sei? Wenn ein Pflegeunternehmen wie Asklepios das Hamburger Nobelhotel „Atlantik“ kauft, so muss die Frage erlaubt sein wie mit den Geldern der Versicherungskunden derartige Anschaffungen möglich sind. Ohne Asklepios hätte das Kapital für Gehälter, Modernisierung oder gar Senkung der Beiträge genutzt werden können. In der Hand privater Investoren fließt dieses Geld nun aus den Besitz der Allgemeinheit in die wenigen Hände der (wohlhabenden?) Investoren.

Zu dem Thema soziale Marktwirtschaft muss ich – der Vollständigkeit halber – auch noch einmal auf die Steuergerechtigkeit eingehen. Vor etwas mehr als 20 Jahren (bis 1997) gab es folgende Steuersätze: Höchststeuersatz 53% (bei einem Einkommen von < 120.042 DM) und Eingangssteuersatz 25,9% (Bei einem Einkommen von < 12.095 DM). Heute haben wir einen Höchststeuersatz von 42/45%. Das heißt, dass wirklich gut Verdienende heute 8% weniger Einkommenssteuer zahlen als noch vor 21 Jahren. Wo ist der Artikel 14.2 des Grundgesetzes geblieben „Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.“? Ist es nicht Aufgabe des Staates hier die stets wachsende Schere zwischen „arm und reich“ abzubauen?

Ich wünsche mir Politiker mit Visionen

Auch wenn Helmut Schmidt einmal pampig gesagt haben soll „Wer eine Visionen hat, soll zum Arzt gehen“, vermisse ich diese Visionen bei nahezu allen Politikern. Wichtige Visionen wären heute zum Beispiel:

  • Wie kann sich die Wirtschaft umweltfreundlich/umweltneutral weiter entwickeln?
  • Wie schaffen wir Alternativen zum motorbetriebenen Individualverkehr?
  • Wie schaffen wir es auch in Zukunft die Erde bewohnbar zu halten?
  • Wie schaffen wir es die Fluchtursachen zu bekämpfen?
  • Wie schaffen wir einen Übergang von einer einkommensfixierten zu einer aufgabenorientierten Gesellschaft? Und wie finanzieren wir diese?

Ich wünsche mir von politischen Ämtern unabhängige Politiker

Wie ich sie gestern wieder gefeiert habe: Politiker, die von den Wählern eine Ohrfeige mit Anlauf erhalten haben und dennoch an ihrem Amt kleben wie Kletten. Die Frage muss erlaubt sein, ob ein politisches Amt einen Bürger zum Zivilversager macht. Wahrscheinlich ist es tatsächlich so, dass unsere Politiker mittlerweile nichts anderes mehr können als „Politik“. Aber genau hieraus wächst die Grundlage vieler Probleme: Politiker kennen das wahre Leben nicht mehr. Sie nehmen nicht mehr daran teil, sondern besuchen es nur mal kurz bei Wahlkampfveranstaltungen.

Ich wünsche mir Politiker mit Bodenhaftung

Was ich damit meine hat uns Herr Söder gestern Abend erklärt, als er sagte (sinngemäß): Man müsse nun analysieren was die Wähler eigentlich wünschen. Ja-nee, ist klar. Und was machte er die vergangenen Jahre? Wenn er wüsste was die Bürger wirklich wünschen, so hätte er sich nicht an dem Flüchtlingsbashing beteiligt. Das Thema Flüchtlinge wird vom Bürger bei weitem nicht so kritisch gesehen wie es unsere Politiker viel zu oft versuchen zu erklären. Kennt jemand von meinen Lesern noch Norbert Gansel? Das war ein Politiker aus Kiel – saß auch im Bundestag und hatte auch Parteiposten (Parteivorstand, Vorstand Bundestagsfraktion) inne. Er hatte Bodenhaftung! Ich zitiere mal Wikipedia:

Gansel hatte keine Nebenjobs und er nahm keine Spenden von Firmen oder Verbänden an und veröffentlichte seine Einkünfte und deren Herkunft auf seiner Homepage. Um den Kontakt zur beruflichen Realität nicht zu verlieren, machte er einmal im Jahr ein „Praktikum“ bei einer Werft, bei der Post oder im Bergwerk.

Dieser Mann ist mir im Gedächtnis geblieben, da er sich redlich bemühte Anschluss am Bürger zu behalten.

Open-End

Oben angesprochene Punkte erheben mit Sicherheit keinen Anspruch auf Vollzähligkeit – da gibt es noch viel mehr zu nennen. Aber ich wollte nur einen Blogbeitrag und kein Buch schreiben. Vielleicht habt ihr ja Anmerkungen welche in den Kommentaren gern gesehen sind.

(M)eine kleine Geschichte der Datenkommunikation

Der Mensch war in der Frühgeschichte ein Jäger und Sammler – und manchmal haben sich einzelne Exemplare etwas von der Sammelleidenschaft bewahrt. Da ich mich seit über 30 Jahren mit der Datenkommunikation beschäftige, hat ich so einiges an Hardware bei mir angesammelt. Für den geneigten Leser möchte ich hier einige Exponate vorstellen, bevor sie wieder für 30 Jahre im Keller verschwinden.

Alles fing irgendwann um 1985 mit dem Dataphon an. Internet gab es noch nicht. Selbst Mailboxen waren nicht wirklich verbreitet. Aber es gab schon Computerzeitschriften. Und in irgendeiner war etwas von Datex-P zu lesen. Datex-P (Data Exchange, paketorientiert) war damals das Tor zur Welt. Nach der Authentifizierung mittels NUI (Network User Identification) konnte man auf sich dann – sofern man diese kannte – über die Eingabe einer NUA (Network User Address) mit einem anderen Rechner verbinden. Das ganze Prozedere nannte sich X.25. Davon erzählen sich heute nur noch alte Männer am Feuer („Weißt Du noch, damals?“).

Dataphon S 21 D

Akustikkoppler Dataphon S21

Auf jeden Fall lernte ich durch das „Herumtreiben“ in anderer Leute Rechnersystemen Menschen kenne, die dem gleichen Hobby fröhnten wie ich. Einer dieser Leute, nennen wir ihn einfach mal Maku, rief mich eines Tages (Mai 1989) an und erklärte, dass jemand einen Mitarbeiter sucht – und er glaubte dass genau ich derjenige bin, der da gesucht wird.

Da ich ohnehin gerade auf Jobsuche war, rief ich die Rufnummer an, die Maku mir gab und so lernte ich meinen (damals zukünftigen, heute ehemaligen) Chef kennen, den wir mal einfach Bernd nennen.

Bernd dealte mit Modems eines US-Herstellers namens Touchbase Systems. Die stellten so charmante kleine Pocketmodems mit dem Namen WorldPort her. Der Firma Tochbase war gerade ein deutscher Distributor „abhanden“ gekommen und Bernd wurde genötigt die Distribution zu übernehmen. Aus eben diesem Grunde wurde ich die Nummer 2 bei MMS (damals noch Music Mail Service – weil Bernd ursächlich eine Mailbox für Steinberg betrieb).

Aus den USA kamen damals gerade die ersten Faxmodem – also Modems, die neben der Funktionalität der Datenübertragung auch Faxe senden und empfangen können.

WorldPort Faxmodem 2496

So – naja, nicht in Ehren ergraut sondern ein wenig heller – sieht so ein Modem aus. Damals standen wir noch auf der CeBit und haben mittels Laptop und WorldPort 2496 Fax/Datamodem Faxe an ein Standalone-Faxgerät geschickt, da sich die Messebesucher kaum vorstellen konnten dass man von einem Laptop (und natürlich auch vom PC aus) Faxkommunikation betreiben konnte.

Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass es natürlich auch „vor meiner Zeit“ schon Datenmodem von TouchBase gab. Reine Datenmodem mit 1200 und 2400 Bps. BTW: Wer von 2400 Baud Modem spricht, beweist nur, dass er von der Technologie keine Ahnung hat. Denn BAUD beschreibt die Menge der Signalwechsel und nicht die Geschwindigkeit.

Worldport 1200, 1200

Bemerkenswert war auch, dass alle WorldPort-Modem mit sogenannten Akustikmuffen betrieben werden konnten. Nicht nur Datenkommunikation, sondern auch Faxversand und -empfang aus einer Telefonzelle oder aus dem Hotelzimmer war damit möglich.

Wer damals mit solchem Gerät ausgestattet war, war wirklich unabhängig. Diese Technik – auch gerade wegen der kleinen Modem – wurde der Hit bei „Journalisten on the Road“, Vertretern und anderem „fahrenden Volk“. Und noch etwas hatten die ToucuBase Modem alle gemeinsam: Alles konnten sowohl mit einem Netzteil, aber auch mittels einer 9V-Blockbatterie betrieben werden!

Der oben im Bild befindliche Modem ist nebenbei der erste ganz besonderer Schatz in meinem Fundus: Der Worldport 2400PLUS ASCII-Fax Modem. Ein Modem der es erlaubte von JEDEM Device mit einer RS232-Schnittstelle ein Fax zu versenden. Man schickte dem Modem eine Befehlskette (Standard AT-Befehlssatz) und im Anschluss den zu versendenden Text. Der Modem konvertierte den Text in das vom Fax genutzte TIFF-Format und schwupp konnte auch ein „dummes“ Kassenterminal oder ein Messgerät Fax versenden.

Speziell für den deutschen Markt und die Besonderheit der deutsche Bundespost (damals auch „liebevoll“ GILB genannt) wurde der folgende Modem auf den Markt gebracht: Der WorldPort 2423 das „23“ lehnt sich an den Standard V.23 an 1200/75 Bps, die damalige BTX-Geschwindigkeit

Naja, SO erfolgreich war dieser Typ nicht wirklich. Blödeltext (BTX) war zum Erscheinen dieses Modem schon so langsam in die Jahre gekommen und das Protokoll V.23 war nie der Renner.

Eines der Probleme, die man bei der Datenübertragung stets hatte waren Übertragungsfehler. Aus unterschiedlichen Gründen. Also ist es logisch, dass die Entwicklung der Datenübertragung irgendwann auch mal etwas tun musste, um auf dieses Problem zu reagieren. Die Antwort heißt: Fehlerkorrektur (MNP – Microcom Networking Protocol) – und wenn man schon mal dabei ist implementiert man auch noch Kompression. Bei der Übertragung von bereits komprimierten Daten (ZIP, ARC etc) bringt die Kompression nicht viel – aber bei allen anderen Übertragungen konnte man die Geschwindigkeit – zwischen Modem und Modem – mittel dieser Technik schon deutlich beschleunigen.

Nach dem MNP kam dann auch recht schnell der Standard V.42 (Fehlerkorrektur) und V.42bis(Datenkompression).

Die Übertragungen wurden aber nicht nur sicherer, es wurde auch stets schneller. Das nächste Modell kam dann mit einer Übertragungsgeschwindigkeit von 9600Bps. WHOW! Und ja, auch dieses Modem konnte mit Akustikmuffen betrieben werden. Das war – in gewissen Kreisen – ein echter Grund für High-Five, wenn man das schaffte 🙂 

Parallel zu der Entwicklung der Pocketmodems, wurden aber auch – schon lange bevor es PCMCIA  (People Can’t Memorize Computer Industry Acronyms) gab – spezielle Steckkarten in Laptops gesteckt, um etwaige Erweiterungen nicht stets mitschleppen zu müssen.


Oben haben wir solch ein Modell für einen Laptop des Herstellers Toshiba. Bemerkenswert ist hierbei, dass man diese Karten noch mittels Schalter ausschalten konnte (Akku sparen) und auch der Anschluss der oben bereits erwähnten Akustikmuffen war möglich.

Schon 1991 wurde Touchbase von U.S.Robotics gekauft. Aber die mobilen Geräte – wie hier das PCMCIA-Modem – liefen weiterhin unter dem Laben WorldPort. Dieses Label war schließlich im Bereich Mobile Communication gut eingeführt.

Hach, da muss ich gerade an eine Situation bei einem Distributorentreffen anlässlich der CeBit denken. Der Produktmanager der Modem (nennen wir ihn Hans) zeigte mir das obige (externe) Lineinterface und wollte mir vorführen, WIE stabil die Verbindung zwischen Einstekkarte und Adapter ist: Die Modemkarte in der Hand wurde eine schnelle Armbewegung von Oben nach Unten ausgeführt. Das externe Interface führte auch eine schnelle Bewegung aus – es trennte sich vom Rest der Installation und bewegte sich einmal – unter steten Drehbewegungen – durch das Buffet. Man könnte sagen: Es pflügte sich durch die Leckereien. Wir haben GUT gelacht!

Wie oben erwähnt wurde der von uns auf dem  deutschen Markt vertretene Hersteller TouchBase von U.S.Robotics gekauft. Auf diesem Wege kamen wir an eine der Produktlinien, die damals  als State of the Art galt: Die Courier-Modems. Leider habe ich kein Original-Courier mehr im Fundus. Irgendwann habe ich es wohl mal abgegeben, weil jemand unbedingt ein derartiges Modem benötigte. Was ich aber habe, ist ein Courier-I „Modem“. Wobei das „I“ für ISDN steht. Die Besonderheit dieses Exponates ist, dass es eine Beta-Version ist. Wir bekamen es damals um es zu testen, bevor das Gerät zum BZT (Deutsches Bundesamt für Zulassungen in der Telekommunikation) ging.

Der Voice/Data Schalter war unbelegt und auch der Rückseite sieht man an, dass das kein normaler Modem ist:

Der zweite Anschluss ist schlicht unbelegt. Er wurde in der Serienproduktion schlicht mit einem Stopfen verschlossen.

Apropos Zulassungen. Auch vom WorldPort 2496 Fax/Datamodem habe ich noch ein Testgerät rumliegen:

Beta-Version des Worldport 2496. Nun mit V42bis!

Alles Beta – oder was?

Das I-Modem des Courier gab es auch als interne Version:

Hier ist bemerkenswert, dass neben dem ISDN-Anschluss auch noch einen Anschluss für ein analoges Telefon integriert war. Hat unsereins nicht benötigt – aber war halt dran.

Neben der Courier-Linie gab es noch die Sportster Produkte. Im Gegensatz zu den Courier-Modems (welche für den „professionellen“ Anwender konzipiert waren), wurden die Sportster-Modem für den Massen-Endkundenmarkt gebaut. Alles ein wenig „billiger“ aber durchaus brauchbar für den normalen Einsatz. Da die Sportster eben für Endkunden waren, habe ich sowas nicht wirklich als aufbewahrungswert empfunden. Aber besondere Schmankerl schafften es dennoch einen Platz in meinem privaten Museum zu ergattern:

Ein Sportster ISDN-Modem (natürlich eine Beta-Version..), die mir mein damaliger Kollege (wie unschwer zu erkennen ist) Ronny damals überließ. Danke Ronny! Das Sportster ISDN hat es leider(?) nicht wirklich auf den deutschen Markt geschafft.

Apropos nicht auf den Markt geschafft:

Auch dieses Gerät hat es nie wirklich im freien Handel gegeben: Der U.S.Robotics LanLinker BRI. Eigentlich kein Modem sondern ein Device um Netzwerke über Modemstrecke zu verbinden. Aber scheinbar war 1997 die Menschheit noch nicht wirklich reif für ein derartiges Produkt. Es lag wie Blei in den Regalen, obschon es damals eines der ersten „Router über ISDN“ für den Massenmarkt war.

Aber eine andere  Supersache kam bereits 1994 auf den Markt. Der Accessconcentrater „Total Control“ von U.S.Robotics. Es war damals DIE Lösung für ISPs, Universitäten und all die anderen, die viele Modemanschlüsse auf kleinem Raum benötigten. Dieses Produkt war für einen Privathaushalt leider etwas overdone, so dass ich hiervon nichts im Fundus habe. Obschon, doch EINE Einsteckkarte hat es tatsächlich in meinen Keller geschafft (fragt mich nicht wieso!)

Zum Zeitpunkt des Erscheinens des „3com Cable Upstream Receiver“ (der Name sagt es schon) war U.S.Robots von 3COM gekauft. Diese Einsteckkarte für das Modemrack ermöglichte es auch Cable-Providern mittels des Total Control ihren Kunden den Empfang von Daten zu ermöglichen. Ja, auch davon haben wir einige Stück verkauft.

Apropos Total Control, ISP und Universitäten:  Zu vielen meiner damaligen Kunden (die ich teils schon vorher im Usenet kennen lernte) habe ich heute noch Kontakt. Es ist die Garde der alten Herren, die am Feuer sitzen und nicken….. Hey Leute: Schön dass es euch gibt. Und auf den Merknix (na, wer erinnert sich) kann man auch gern verzichten…

The Times They Are A-Changin‘ – nochdem ich in Sachen Datenkommunikation so ziemlich alles durch hatte, führten wir eine damals noch super neue Technik zur Datenübertragung ein: Wavelan von Lucent. Einsteckkarten und Router mit denen man Daten über Funk übertragen konnte. WHOW! Das war damals DER heiße Scheiß. Und machte höllisch viel Spaß, denn es war wieder ein Produkt mit Erklärungsbedarf. Leider habe ich kein Original Wavelan Produkt mehr im Fundus, sondern nur den Nachfolger (Namensänderung): Orinoco:

Die untere Karte noch von Lucent, die obere dann von dem aus Lucent augegliederten Unternehmen Proxim.

So, das war es dann auch schon (fast) aus Holgers Rumpelkammer.

Hier noch ein Link auf die USR-FAQ, die ich aus irgendwelchen Gründen immer noch separat auf meinem Server rumliegen habe.

Sollte noch jemand Input haben, von dem er denkt „Holli, das fehlt“: Immer her damit. BTW: An der Stelle auch noch einen ganz lieber Gruß an Gert (Mqetty + Sendfax) Döring, der gerade gestern Geburtstag hatte. Auch einer derjenigen, die ich schon verdammt lange kenne und ohne den oben beschriebenen Part meines Lebens nicht unbedingt kennen gelernt hätte.