Tragische Zeiten erschaffen tragische Figuren

Michael Spreng hat in einem sehr schönen Artikel seine Gedanken zu der Tragödie um den Duisburger Oberbürgermeister Adolf Sauerland festgehalten. Er betrachtet (zu recht!) Sauerland als eines der Opfer – sowohl seiner eigenen Taten als auch der Katastrophe.

Sauerland hat heute schon mehr verloren als sein Oberbürgermeisteramt: seine Ehre, sein Selbstwertgefühl, seine bürgerliche Existenz. Auch er ist ein Opfer der Katastrophe, möglicherweise oder sogar offenbar durch eigene Schuld, aber auch ein Opfer. Sein Leben wird nie mehr so sein, wie es einmal war. Er verschanzt sich in seinem Rathaus, bewacht von Bodyguards, kann nicht einmal zur Trauerfeier für die 21 Toten in seiner Stadt gehen, weil er befürchten muss, von den Trauergästen davongejagt zu werden.

Ich gehe mit Spreng konform. Auch Sauerland ist ein Opfer – eine tragische Gestalt. Aber war dies nicht absehbar? Seit 1982 Helmut Kohl anfing die Geschicke unseres Landes zu führen, lernten deutsche  Führungskräfte in Politik und Wirtschaft vor allem eines: Abwiegeln. Fresse halten und unschuldig gucken. Im Zweifelsfalle kann man sich eben nicht erinnern.

Sauerland ist AUCH ein Opfer der berühmten geistig-moralischen Wende, die Kohl ausrief. „Arsch in der Hose“ ist lange aus der Mode gekommen.