Warum Deutschland in Europa vorsichtiger auftreten sollte

Als alter Mann[TM] erinnere ich mich nicht nur an Willy Brandts Kniefall (welcher gut und nötig war, für das Bild Deutschlands in Europa und der Welt) sondern vor allem an die schwierige Situation vor der Unterzeichnung der 2+4 Verträge. Unsere europäischen Nachbarn hatten massive Befürchtungen, was ein zu starkes Deutschland angeht. Schließlich hatte ein (zu) starkes Deutschland innerhalb kürzester Zeit zwei Weltkriege (mit) initiiert. OK, ursächlich wurde der erste [hier stand vorher zweiter – mein Fehler – Danke an Jinx] Weltkrieg durch Österreich-Ungarn ausgelöst. Aber Deutschland hat nicht lange gefackelt und lief HURRA schreiend und Wimpelchen schwenkend an die Front.

Nun, in Zeiten der Ausläufer der Bankenkrise (Investmentkrise?) stehen Europa schwere Zeiten bevor. Die einig-Front der Verantwortlichen bröckelt:

  • Spanien sieht den Griechenland-Deal als deutsches Diktat.
  • England will sowieso nicht zahlen. Die stehen nur hinter Europa, wenn sie davon profitieren.
  • Die Beziehung zu Frankreich ist belastet
  • etc. pp. was nicht unbedingt groß in den Medien gebracht wird.

Die Beziehungen zu Deutschland und die europäische Einigkeit ist belastet – Dank Schäubles und Merkels hartem Kurs. Schäuble wollte sich unbedingt durchsetzen. Schäuble erklärt Deutschland zur stärksten Macht in Europa, denn Deutschland hat – mit Abstand das größte Bruttosozialprodukt (in 2013 Deutschland:2.737 Billionen Euro, Frankreich:2.059 Billionen Euro).

Was macht man, wenn man „der Grösste“ ist? Entweder man bläht sich auf, oder aber man nutzt seine Kraft um den Schwächeren zu helfen: „Aus großer Macht folgt große Verantwortung“

Was hat obiges mit den 2+4 Verträgen zu tun? Dazu möchte ich einige Zeilen von der Webseite der Bundeszentrale für politische Bildung zitieren, der man sicherlich nicht unterstellen kann, dass sie „gegen“ die aktuelle Regierung argumentiert. Vielleicht hätten Frau Merkel und Herr Schäuble diese Seiten auch einmal lesen sollen. Denn die 2+4 Verträge konnten nur realisiert werden, weil nicht nur Russland und die USA Deutschland unterstützten sondern auch unsere europäischen Nachbarn beruhigt wurden, die massive Bedenken wegen eines zu starken Deutschlands hatten.

Gegenüber Bundesaußenminister Genscher äußerte er[François Mitterrand ], ein wiedervereinigtes Deutschland „als eine eigenständige Macht, unkontrolliert“, sei unerträglich für Europa; es dürfe niemals wieder eine Situation eintreten wie 1913, vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges.

Der frühere französische Außenminister Jean François-Poncet brachte die Bedenken in Frankreich und anderen europäischen Ländern auf den Punkt: Geschichtliche Belastungen und die Sorge vor Deutschlands aktueller Wirtschaftsmacht verschmolzen zu der Vorstellung einer Bedrohung, die eine Vereinigung der Deutschen als eine Gefährdung von Ordnung und Frieden in Europa erscheinen ließ.

In der Tradition klassischen britischen Gleichgewichtsdenkens hielt sie [die britische Premierministerin Margaret Thatcher]ein geeintes, starkes Deutschland für eine ernsthafte Herausforderung der seit dem Zweiten Weltkrieg erreichten Stabilität – nicht, wie früher, im militärischen Sinne, sondern aufgrund der Stärke der deutschen Wirtschaft, die durch die Einbindung in die Europäische Gemeinschaft noch vergrößert werde.

Als Lösung sollte sich Deutschland stärker in Europa eingebunden(!) werden.

Und welche Situation haben wir jetzt? Knapp 25 Jahre nach der Unterzeichnung der 2+4 Verträge? Deutschland lässt in Europa die Muskeln spielen. Ist – wie gewohnt – kein Teamplayer und düpiert seine Nachbarn, indem es versucht den Ton anzugeben. Schäuble war 1990 zwar „nur“ Bundesminister des Innern, sollte aber mitbekommen haben, welch schwierige Situation zu meistern war. All das ist vergessen. Vergessen um Deutschland wieder zum Sieg zu führen? In einem Krieg in dem Kapital die Massenvernichtungswaffe ist.

Wirtschafts- vs. konventioneller Krieg

Kriege dienen seit Ewigkeiten der Vergrößerung des Einflusses oder dem Zugriff auf Ressourcen. Lange ist es her, dass ein Krieg wegen einer verschmähten Liebe oder eines persönlichen Disputes geführt wurde.

Konventionelle aber auch Wirtschaftskriege nutzen unterschiedliche „Waffen“,  auch wenn sie in der Wirkung ähnlich sind – geändert hat sich nur die Reihenfolge des Einsatzes:

  • Artillerie oder Presse sollen mit ihrem Dauerfeuer den Feind zermürben und sturmreif schießen und die eigenen Kämpfer vor Feindeinwirkung schützen.
  • Partisanen oder Investoren kämpfen meist unerkannt hinter feindlichen Linien.
  • Der Generalstab oder die Manager geben die Stoßrichtung und zu bekämpfende Ziele vor.
  • Die Panzertruppe/Infanterie/Kavallerie oder Politiker werden nach Links und Rechts geschoben um strategische Vorteile zu gewinnen.
  • Der Herrscher oder die Finanzinstitute koordinieren die Angriffe, gewinnen an Einfluss und teilen die Beute auf.
  • Die Bevölkerung ist die einzige Konstante geblieben: Auf ihrem Rücken werden die Kämpfe ausgetragen.

War es früher so, dass erst die Artillerie zu Beginn der Schlacht die Stellungen kurz und klein schoss, so sind es heute die Investoren die hinter den Linien mit strategischen Nadelstiche die große Schlacht einleiten. Erst wenn das Opfer den Angriff bemerkt, wird die Artillerie aktiviert: Die Presse bringt ihre Druckmaschinen in Stellung und beginnt das Trommelfeuer der Propaganda. Unter der Deckung der Medien bringen sich die Politiker in öffentlichkeitswirksame Stellung um aus sicherer Deckung den eigentlichen Angriff durchzuführen.

Ist der Sieg eingefahren, lässt sich der Herrscher feiern und streicht seinen Gewinn ein. Die Bodentruppen und Politiker bekommen Orden/Beförderungen oder Parteispenden, während die Bevölkerung zwischen den Trümmern umherirrt.

Ähnlichkeiten mit derzeit stattfindenden kriegerischen Akten sind nicht zufällig.

Der Bauernhof Griechenland und die Raiffeisenkasse

Es begab sich zu einer Zeit, dass der Traktor von Bauer Harms, Besitzer des Bauernhofes Griechenland, einen Motorschaden hatte und Harms etwas klamm war. Harms begab sich also zu seiner Raiffeisenkasse und fragte nach einem Kredit für die Reparatur. Der freundliche Bankmitarbeiter gewährte natürlich den Kredit und wies Harms darauf hin, dass man auch in Zukunft gern bereit wäre, Harms mit Krediten zu helfen.

Harms ließ seinen Traktor reparieren, und fuhr fröhlich weiter über seine Äcker. Ein paar Tage später bekam Harms Besuch seines freundlichen Bankberaters. Ein anderer Bauer wollte seinen Hof aufgeben und es stünden ein paar Felder zum Verkauf. Harms wollte abwinken, konnte er in der zur Verfügung stehenden Zeit doch so gerade eben seine eigenen Felder bestellen. Der Bankberater zerstreute Harms Zweifel:“ Wenn Sie die Felder kaufen, unterstützen wir Sie großzügig. Als Besitzer der neuen Feldern können wir Ihnen wesentlich großzügigere Kredite gewähren. Von diesem Geld können Sie dann problemlos größere, leistungsfähigere  Maschinen kaufen.“. Harms überlegte nicht lang. Man muss halt wachsen – kann man überall nachlesen.

Harms kaufte die Felder und investierte in größere Landmaschinen und es sah aus, als wenn alles gut wäre. Wenn da nicht der Kurssturz für Roggen gewesen wäre. Harms konnte die Raten für die Kredite nicht zahlen. Nach einigen schlaflosen Nächten verkaufte er seinen großen PKW, verkaufte den Erbhof – und ein paar Monate ging es gut, aber am Ende konnten die Raten nicht bedient werden.

Harms fuhr in die Stadt um bei der Raiffeisenkasse vorzusprechen. Bislang war der Bankberater doch immer freundlich gewesen, man wird bestimmt eine Lösung finden. Harms betrat das große repräsentative Gebäude in der Stadtmitte und wurde freundlich empfangen. Allerdings saß er nun nicht nur dem bekannten Bankberater gegenüber, sondern auch dem Filialleiter und einem Kreditspezialisten aus der Zentrale. Es wurde Harms auch eine Lösung präsentiert: Man hätte einen Käufer für die Felder. Zwar würde Harms nicht mehr das Geld bekommen, dass er damals bezahlt hätte, aber seine Gesamtschuld würde halt geringer. Harms war sauer – stinksauer. War es nicht der Bankberater gewesen, der ihm zum Kauf der Felder geraten hatte? Und was sollte Harms mit den großen Landmaschinen, wenn er nur noch seine wenigen alten Felder zu bestellen hätte? „Ja, die Landmaschinen würde man ihm auch günstig abkaufen können. Zwar nicht wieder zum Einkaufs-, noch zum derzeitigen Buchpreis. Aber Harms müsse eben seine Schuldenlast drücken – da müsse er halt auch Abstriche machen“.

Da stand Harms nun: Ein Kredit mit einer Zinsenlast, die er mit seinem jetzt deutlich kleinerem Einkommen niemals tilgen kann. Auch seine Kinden und Enkel werden noch bezahlen, nur um dieses Intermezzo zu bezahlen.

Und die Moral von der Geschicht: Traue keinem Banker nicht! Egal von welchem Investor er kommt.

OK, ich gebe zu die Griechenland-Problematik ist DEUTLICH komplexer. Es spielen noch Waffengeschäfte mit hinein, die für neue Kredite abgeschlossen werden müssen etc. pp.. Aber so ungefähr würde ich kleinen Kindern erklären, was da in Griechenland passiert.