Der Wert des Datenschutzes

Die Frage, wie hoch die Strafe für den widerrechtlichen Verkauf von sechs Millionen Adressen ist, hat das Amtsgericht Münster jetzt geklärt. Laut Spiegel (Heise berichtet vorab) wird der Straftäter mit einer Geldstrafe von €900 belegt. DAS ist doch mal ein Mass für den Wert unserer privaten Daten. Wahrscheinlich hat das Münsteraner  Amtsgericht schon mal wohlweislich das Strafmass niedrig angesetzt um bei zukünftigen Klagen gegen die Telekom dafür zu sorgen, dass etwaige Dividendenzahlungen nicht beeinträchtigt werden.

Laut Focus hat der Täter diese Daten für €850,- an die Verbraucherzentrale verkauft, bei jedem Marketingladen hätte der Datendieb ganz sicher den zehnfachen bis hundertfachen Preis erhalten können.  €900 Strafe für 6.000.000 Kundendatensätze sind €0,00015 pro Datensatz oder aber €0,14 pro eintausend Datensätze. Das zeigt uns, wie ignorant sich der Gesetzgeber (der bestimmt schliesslich in welchem Rahmen sich das Strafmass der Gerichte zu bewegen hat) gegenüber unseren Rechten verhält.

Gefahr: Weitere Einschraenkung der Grundrechte

„Unsere“ Familienministerin Ursula von der Leyen bereitet eine weitere Gefahr der Einschränkung der Grundrechte – welche durch das Grundgesetzt definiert sind – vor.

Im Artikel 5 des Grundgesetzes heisst es:

Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

(Hervorhebung von mir) Wenn nun, wie beim WDR zu lesen ist:

soll das Bundeskriminalamt zukünftig nach kinderpornografischen Internetseiten suchen, sie in eine Liste aufnehmen, die ständig aktualisiert und den Internet-Anbietern zugeleitet wird. Die sollen die entsprechenden Seiten dann sperren.

eröffnet sich die Möglichkeit auch „unangenehme“ Quellen mal „aus versehen“ in den Filter einfliessen zu lassen.

Nicht dass ich missverstanden werde: Ich bin KEIN Freund von Kinderpronographie. Ich möchte nur zu bedenken geben, dass diesbezügliche Gruppierungen

  1. Nicht auf einen Webserver angewiesen sind
  2. Auch mittels Mailingslisten, gesschlossenen Benutzergruppen u. Ä. kommunizieren können
  3. Filter durch – z.B. Proxyserver im Ausland – umgangen werden können

Ausserdem hat die Vergangenheit gezeigt dass es im Fall von „dedizierter Sperrung einzelner Server“ auch schon zu massiven Kollateralschäden (Siehe Acor vs. Youporn) gekommen ist. Ausserdem kann man an dem Acor-Fall sehen, wie leicht und schnell der Filtermechanismus – durch „Tipps und Tricks der Nutzer“ umgangen wurde.

An der Stelle angelangt sollte man sich die Frage nach dem „Kosten/Nutzen-Verhältnis“ stellen: Wie gross ist der reale Zugewinn an „Sicherheit“ und wie gross ist die Gefahr für Grundgesetzverstösse in Form von Zensur. Wer sagt uns Bürgern, dass nicht in Perspektive ein Herr Schaeuble (oder jemand noch üblerer Gesinnung)  nicht auf die Idee kommt „Mit so einer Filter-Infrastruktur kann man ja auch noch ganz andere tolle Dinge realisieren“. Das diese Gefahr besteht muss man – auch ohne ein Anhänger der tollsten Verschwörungstheorie zu sein – als gegeben ansehen. Und dann?