Heiner Geissler, der Linke im CDU-Pelz

Die TAZ hat bereits gestern ein lesenswerter Interview mit dem Ex-CDU-Generalsekretär Heiner Geissler veröffentlich.

Die Antworten sind teilweise – weil sie von einem CDU-Mann kommen – deutlich bemerkenswert:

  • Nein. Ich verstehe nicht, warum sich Steuersenkungen rasch auf die Konjunktur auswirken sollten. Die große Masse der Menschen, die den Konsum anheizen könnten, ist davon gar nicht betroffen. Wer dagegen schon vorher nicht ganz knapp bei Kasse war, trägt das Geld lieber auf die Bank.

Damit grenzt sich Geissler total von der Linie der Regierungskoalition ab, die ja eher neigt, den „Besitzenden“ Anreize schaffen zu wollen und sich nicht auf die wahren Konsumenten konzentriert.

  • Wir stehen ja auch besser da als die anderen europäischen Länder. Es gibt allerdings einen Punkt, da sollte man rasch etwas tun: Wir sollten den Regelsatz beim Arbeitslosengeld II sofort von 351 auf 400 Euro erhöhen. Diese 49 Euro gehen direkt in den Konsum. Die Leute können das Geld gar nicht sparen. Sie brauchen es für dringende Anschaffungen, die sie bisher nicht bezahlen konnten.

Hallo Herr Geissler – spinnen Sie denn? Ausgerechnet den Schmarotzern der Gesellschaft noch Geld in den Rachen schmeissen? Aber er hat ja recht, denn nur in der untersten Rängen der Einkommenpyramide wird das Geld wirklich ausgegeben und wird nicht ausschliesslich dafür benutzt – durch höhere Nachfrage – die Börsenkurse zu stabilisieren.

Bedonders schön finde ich folgende Passage:

Manche sehnen sich nach Friedrich Merz.

Wer heute in einem Buch mehr Kapitalismus fordert, der hat sich aus einer ernsthaften Debatte abgemeldet.

Das Buch ist ein Bestseller.

Mag sein. Die Berühmtheit manches Zeitgenossen hängt oft mit der Dummheit seiner Bewunderer zusammen.

Der Geissler ist nicht nur scharfsinnig, sondern auch noch scharfzüngig. SEHR angenehm.

  • Eine Wirtschaft, die ihre Geschäfte ohne Rücksicht auf die Umwelt betreibt, ist genauso verwerflich wie der nackte Kapitalismus. Oder nehmen Sie die Bildung. Die Sanierung von Schulgebäuden, in denen der Schimmel an den Wänden hochkriecht, wäre ein besseres Konjunkturprogramm fürs Handwerk als Großprojekte, von denen nur Konzerne profitieren.

Schade, dass Politiker anscheinend immer erst DANN frei reden können, wenn sie keinen spürbaren Einfluss mehr haben.

Leidet Ex-Wirtschaftsminister Wolfgang Clement unter Realitätsschwäche?

In der TAZ (und auch hier und dort und überall) wird über den Rücktritt des Ex-Wirtschaftsministers Wolfgang Clement aus der SPD berichtet. Die Bundesschiedskommission hatte Clemens eine Rüge erteilt, wegen einer Kritik gegen die SPD-Frau Ypsilanti, welche als „wählt die nicht“ ausgelegt werden konnte.

So weit so gut. Clemens nun aber, wettert gegen diese Rüge. Was bis hierhin vielleicht auch nachvollziehbar ist, wer lässt sich schon gern rügen. Die Begründung allerdings ist der Klopfer Quelle TAZ:

  1. Die Gründe dafür sind erstens die Entscheidung der Bundesschiedskommission, die meint, die Wahrnehmung des Grundrechts auf Meinungsfreiheit mit einer öffentlichen Rüge drangsalieren zu sollen
  2. die Tatsache, dass die SPD-Parteiführung zugleich keinen klaren Trennungsstrich zur PDS/Linken zieht, sondern sogar – in den Ländern – zu einer Zusammenarbeit mit dieser Partei ermuntert, obgleich deren Stasi- Verstrickung offenkundig ist

Auf der einen Seite verteidigt Clemens SEINE Meinungsfreiheit, die er durch diese Rüge verletzt sieht. Auf der anderen Seite outet er sich als Demokratiefeind. Denn WENN eine Partei ein gerüttelt Mass an Wählerstimmen bekommt (durch eine demokratische Wahl), ist es der Auftrag der Wähler, dass sich die anderen (gewählten) Parteien mit eben dieser Partei auch auseinander setzen. Was würde denn ein Herr Clement tun, wenn die eine Partei (die ihm nicht in den Kram passt) 35% der Wählerstimmen hätte? Weiterhin die hessische Wildsau rauslassen und ganze Bundesländer aus dem Verfahren des demokratischen Politikwandels ausklinken?

Oder ist die Meinung eines Politkers mehr wert, als die Meinung des Wahlpöbelsvolks? Menschen mit diesem Demokratieverständnis braucht das Land in dem ich lebe nicht. Wie unterscheidet sich dieser Mann doch von Barack Obama, der mit allen seinen „Gegner“ – parteiübergreifend – bereit ist zusammen zu arbeiten. Die Zeit der Egozentriker SOLLTE langsam vorbei sein, aber solange es in Deutschland noch Politiker mit so ausgewachsenen Profilneurosen wie – um nur einige zu nennen – Schäuble und Clement gibt, wird sich hier nichts ändern. Dagegen war Franz Josef Strauss ja noch fast erträglich.

Nachtrag: Eben kommt noch die FTD mit einem Kommentar von Peter Ehrlich  rein:

Mit seinem Parteiaustritt hat Wolfgang Clement seinen Kritikern in der SPD nachträglich Recht gegeben. Offenbar ist er nicht an innerparteilicher Auseinandersetzung über den richtigen Weg interessiert, sondern nur daran, seine eigene, in Teilen nicht mehrheitsfähige Meinung, ungestört äußern zu dürfen.

Dem ist nichts hinzuzufügen….

JA! Wir vertrauen diesen Polizisten

Da wird mal eben vor Gericht gelogen, um Politiker(!) wegen Beleidigung verurteilt zu bekommen. Warum? Weil ein Hundertschaftsführer (Wieso erinnert mich das nur hieran?) Frust wegen eines Einsatzes hatte. Und weil der Polizei vor Gericht mehr Glauben geschenkt wird als einem Bürger – auch wenn er Politiker ist.

Aber lest selbst bei der TAZ. Mir fehlen einfach die Worte.

Nur soviel:

Ich war dreieinhalb Jahre Polizist. Danach habe ich mich beruflich umorientiert. Durch Erzählungen von Kollegen weiß ich, dass solche Geschichten öfter vorkommen. Ich will nicht sagen, dass das die Regel ist. Aber einige haben sich damit regelrecht gebrüstet.

Das ist heute nicht anders. Ich habe noch Verbindung zur Polizei und höre, dass nach wie vor gemauschelt wird. Man kann im Einsatz immer so oder so entscheiden. Man braucht nur eine einfache Verkehrskontrolle anzugucken. Bürgern, die frech Paroli bieten oder politisch unliebsam sind, wischt man gern mal eins aus.