Sicher erinnert sich noch der eine oder andere an die Blamage des Stern, als dieser 1983 glaubte die „Hitler Tagebücher“ weltexklusiv veröffentlichen zu können und dabei dem Fälscher Konrad Kujau aufsaß.
Im Gegensatz zum Stern, der die „Tagebücher“ kaufte, hat der Spiegel eigene Mitarbeiter, die zwar nicht fälschen, aber sich Geschichten aus den Fingern saugen um tolle Reportagen zu schreiben. Der Name des Märchenerzählers ist René Pfister, seines Zeichens „Korrespondent im Hauptstadtbüro des SPIEGEL“ und dieser hat sich – und seinen Arbeitgeber, den Spiegel – vollumfanglich blamiert.
Selten ist die Vergabe des Journalistenpreises für Reportage so in die Kritik geraten. Nun hat die Jury die Ehrung für den „Spiegel“-Redakteur René Pfister zurückgezogen. Denn er war nicht an dem Ort, den er beschreibt.
Die Jury des Henri-Nannen-Preises hat dem „Spiegel“-Redakteur René Pfister die Auszeichnung in der Königsklasse Reportage aberkannt. Dies teilte das Gremium am Montagabend mit. Pfister hatte die Auszeichnung am Freitag für seinen Artikel mit dem Titel „Am Stellpult“ erhalten. Darin porträtiert er den bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer (CSU) am Pult seiner Modelleisenbahn. Er war an dem Ort selbst allerdings nicht gewesen.
Quelle FTD.
Was ist passiert/soll passiert sein? Am Ende schlicht und einfach, aber im Detail prekär: Pfister schreibt seine Reportage „Am Stellpult“ in einer Form, aus der der Leser ableitet, er (Pfister) wäre an den Orten des Geschehens selbst gewesen, dabei gibt er nur wieder was ihm erzählt wurde. Aus Gründen der Dramatik, mag das ein interessantes Stilmittel sein, journalistisch ist dies allerdings unterste Schublade.
Das Vergehen ist, dass vorgegaukelt wird man wäre Zeuge der Geschichte gewesen, beruft sich aber allein auf“Hören-Sagen“. Es wird Pfister keine Betrugsabsicht in dem Sinne unterstellt. Am Ende ist es schlicht „unsauberes Handwerk“, aber genau dieses wird typischerweise nicht mit Preisen ausgezeichnet. Insofern ist die Aberkennung des Henry-Nannen Preises mehr als nur Recht.
Ganz am Ende kann dieser Vorfall ein Glücksfall für die Journalistenschulen sein, lehrt dieser doch den schmalen Pfad zwischen Erzählung und Tatsachenbericht. Stellt er doch die Frage in den Mittelpunkt: Wie formuliere ich korrekt?