Letzt schrieb ich noch über soziale Ungerechtigkeiten im Bereich Bafög, heute muss ich ein wenig revidieren. Es gab mal – es kommt vor vor, als wäre es noch zur Kaiserzeit gewesen – eine Zeit da sollte jedes Kind die Chance haben aus seinem Leben etwas zu machen. Unter Napoleon hiess es: „Jeder trägt den Marschallstab im Tornister!“ Aber dies ist lange her.
Es folgte ein Briefwechsel, unter Androhung von Sanktionen wurde Jenny schließlich zu einem Gespräch ins Jobcenter geladen. Der Berater schob ihr eine Eingliederungsvereinbarung über den Tisch. Mit dem Vertrag sollte Jenny zusichern, sich um eine Lehrstelle zu bemühen. Doch Jenny suchte keinen Ausbildungsplatz, sie wollte nach der mittleren Reife auf die Berufsschule. „Der Berater wollte mich zu einer Ausbildung drängen. Wahrscheinlich, damit der Staat nicht mehr für mich zahlen muss“, sagt sie heute.
lese ich gerade und mir wird schlecht. Ich danke dem Herrn (an den ich – so ganz btw. gar nicht glaube, aber egal), dass meine beiden Töchter nicht in diesem Problemkreis stecken. Sie haben die Möglichkeit DIE Ausbildung zu machen die sie mögen.
Schon die Mitarbeiter der Arge zeigen dem jungen Menschen, das Selbstbewusstsein fehl am Platze ist:
Kürzlich forderte der Berater im Rahmen einer „Datenaktualisierung“ erneut Jennys Schulzeugnis ein, um ihr „bei einer Arbeits- oder Ausbildungsstellensuche helfen zu können“. Liege das Zeugnis binnen drei Wochen nicht vor, könne dies zu einer Kürzung oder Einstellung der Leistungen führen, hieß es. Jenny fühlt sich ausgegrenzt und alleingelassen. „Ich tue viel für meine Zukunft, warum erkennt das Amt das nicht an?“
Jenny ist kein Einzellfall:
Franziska*, 16, aus der Nähe von Frankfurt erging es ähnlich. Um das Zeugnis der 16-jährigen Gesamtschülerin würden sich wohl viele ihrer Klassenkameraden reißen – Notendurchschnitt 1,6. Doch für Franziska bedeutet das Dokument vor allem eines: neuen Stress mit dem Jobcenter.
Auch sie bekommt regelmäßig Post vom Amt. Der Berufsberater sorge sich um Franziskas Zukunft, es sei der Zeitpunkt, über eine Ausbildung nachzudenken, schrieb er ihr im vergangenen Herbst. Die Jugendliche solle Kopien ihres letzten Zeugnisses einreichen, damit man die Zukunft planen könne.
Franziska war geschockt. „Für mich steht fest, dass ich mein Abitur machen will und studieren werde – und auf einmal soll ich über eine Ausbildung nachdenken?“
Bin ich eigentlich der Einzige hier, der sich wundert, dass man nicht viel öfter von Rangeleien und Ausschreitungen bei der Arge hört?
Wobei ich anmerken muss, dass ich persönlich gute Erfahrungen mit den Mitarbeitern der Arge gemacht habe, als ich meine Selbstständig an die Wand fuhr. Sie waren verständnisvoll und hilfsbereit. SOWAS gibt es auch.
Och das kenne ich auch! Achtung: Anekdote (hebt sich textlich ab, für alle dies nicht interessiert) 🙂
Nur bei mir wars noch ein bisschen lustiger! Nach meinem Realschulabschluss wollte ich ebenfalls mein Abi machen, da wurde mir ebenfalls gesagt, dass ich das nicht DÜRFE und ich eine Ausbildung antreten solle! Meine liebe Mutti setzte sich händeringend für mich ein, und letztendlich ignorierten wir diese Aufforderung folgenlos.
Drei Jahre später, kurz vor meinem Abi, bin ich aus eigener Unsicherheit in die Arge, zu einem Test und Beratungsgespräch gegangen, um einstufen zu können, wo meine Stärken sind: "Herr Schädlich, Sie sind in allen Bereichen weit über dem Durchschnitt und wären in einem Ausbildungsberuf wohl unterfordert."
Ein paar Wochen später trudelte wieder ein Brief ein, ich solle mich doch bitte bei meiner zuständigen Betreuerin melden, um über meine berufliche Zukunft zu reden. "Warum machen Sie nicht erstmal eine Ausbildung und verdienen eigenes Geld?" - "Lassen Sie mich kurz überlegen... äh... Nö?"
Ich hatte dann sogar noch 1 oder 2 Termine zum gleichen Thema und studiere jetzt fleißig an der städtigen TU. Ohne einmal (die übrigens ebenfalls angedrohten) Sanktionen bekommen zu haben!
Das Problem ist einfach, dass die auf Dummfang gehen! Die wissen, dass sich viele einfach nicht auskennen und probierens einfach und haben leider nur zu allzuoft Glück!
Ich drücke dir GANZ doll die Daumen, dass Du DIE Ausbildung machen kannst (konntest?) die für dich richtig und gut ist. Diese Chance hat JEDER junge Mensch verdient – völlig egal ob seine Eltern arm oder reich, schwarz, gelb oder zufällig weiss, oder aus welchem Land Du (deine Eltern) stammst. Wir können nur gemeinsam, aber genau DAVOR haben gewisse Kreise Angst wie der Teufel vorm Weihwasser: Abgeben vom eigenen Wohlstand
Ja na klar mach ich das, trotzdem Danke 🙂
Allerdings ist das ja gerade der springende Punkt: die DÜRFEN keine Sanktionen geben, wenn du dich irgendwie andersweitig weiterbildest! Du musst nur nachweisen, dass du etwas in der Richtung machst!
Wie gesagt: Dummfang!
Sich wehren, wenns zu spät ist, ist übrigens auch möglich, aber zeit- und kostenintensiver, als man sich das als ALG2-Empfänger meist leisten kann (eigene Erfahrung)…
So ein Verhalten ist wirklich bedenklich. Ausschreitungen gibt es wohl vor allem deshalb nicht, weil viele (die Meisten) die in der ARGE vorstellig werden (müssen), dem Amt ausgeliefert sind. Das nachdrückliche Einfordern einer menschlichen Behandlung ist höchstwahrscheinlich auch mit Leistungskürzung verbunden. Irgendeinen Grund Werden die Mitarbeiter schon finden. Also macht man sich lieber nicht unbeliebt und erträgt das Ganze. Ich könnte mich da sicher nicht beherrschen.
Das passiert genau so wenn der Staat sich in etwas einmischt was Ihn nichts angeht. Aber klar in einem „sozialen“ Staat muß man ja Platz für „jeden“ finden, und klar dann muß ja noch gelten. „Frage nicht was Dein Staat für Dich tut sondern unterwerfe Dich den „Wissenden“ Politikern“
Oder so ähnlich….