Vorhin schrieb ich über die neue Servicedienstleistung der Deutsche Bahn AG „Sauna im Zug“. OK, die Bahn ist da etwas unflexibel – die Fahrgäste kollabieren halt. Sollen die Weicheier eben nicht Bahn fahren, wenn sie keinen Zug abkönnen.
Bemerkenswert ist allerdings was ich gerade im Spiegel las:
Schon im Hitze-Sommer 2003 brachen bei dem damals recht neuen ICE 3 die Klimaanlagen regelmäßig zusammen. Es gab Probleme mit Luftfiltern, die schnell verschmutzten und so verstopften, so dass die Klimaanlage erst weiter hochfuhr und sich dann abschaltete.
Bahnchef Rüdiger Grube entschuldigte sich am Sonntag telefonisch bei Schülern und Lehrern und drückte sein Bedauern aus.
Ich stelle mir das wie folgt vor: „Sehr geehrter Fahrgast, mein Name ist Rüdiger Grube und ich möchte mich entschuldigen, dass das Unternehmen an dessen spitze ich die Freude habe zu stehen, es in den vergangenen SIEBEN Jahren nicht geschafft hat die problematischen Klimaanlagen auszutauschen. Aber sie haben bestimmt Verständnis dafür. Denn wir mussten ja interne Kosten drücken um für den Börsengang attraktiv zu sein. Sehen Sie, von den 27 behandelten Fahrgästen mussten nur 9 in ein Krankenhaus. Sie müssen verstehen: Das grosse Ziel, da darf man nicht zu kleinlich sein. Vielen Dank für ihren Anteil am wirtschaftlichen Erfolg unseres Konzerns.“
[UPDATE]
Laut einem (jajaja) Spiegel-Bericht sollen die Ausfälle keine Einzelfälle gewesen sein, sondern es sind wohl wesentlich mehr Züge/Wagons in Mitleidenschaft gezogen. Anscheinend ist der ICE tatsächlich eher für nördliche Gefilde konzipiert. Mich wundert es auf alle Fälle nicht, dass der ICE kein Verkaufsschlager im Ausland wurde, vielmehr taucht die Frage auf wieviel Geld wohl in Richtung Entscheider bei der Bahn geflossen ist. Oder die Entscheider waren absolute Vollhorsts.
Der Zug, der auf den Bildern bei SpOn zu sehen ist, ist ein ICE 1 oder 2, kein ICE 3. Das sind ganz andere Baureihen (die, nebenbei bemerkt, noch von der Bundesbahn konstruiert wurden) mit anderen Klimaanlagen als bei den ICE 3. Zumindest mir wäre nichts von übermäßig häufigen Ausfällen dieser Anlagen in der Vergangenheit bekannt.
Daß Klimaanlagen im Sommer ab und an mal ausfallen, ist soweit nichts ungewöhnliches – zum einen, weil sie da halt tatsächlich mal gefordert werden, zum anderen, weil es immer wieder Dösköppe bei den Bedienern gibt, die es schaffen, die Anlage zum Einfrieren zu bringen. (Wie man das hinbekommt, muß ich Dir als altem RZ-Hasen sicher nicht erklären ;-). ) Aus meiner Sicht war der eigentliche Fehler hier, den Zug in Hannover überhaupt abfahren zu lassen und/oder nicht spätestens in Minden zu räumen (was dann allerdings vermutlich zu der Schlagzeile „Schulklasse bei Gluthitze in Minden ausgesetzt!“ geführt hätte).
@ToJe:
GUTE/angemessene Klimaanlagen fallen nicht mit dieser Fehlerwahrscheinlichkeit aus. Denn es ist das Personal geschult, die Anlage ist ausreichend dimensioniert und die Anlage ist stets technisch gewartet. All das verursacht Kosten – bei der Bahn und im RZ. Und ja, ich kenne mich aus 🙂
das grundproblem ist das die bahn nicht mehr wie früher qua eisenbahnbundesamt ihre eigene hardware aka rollendes material konstruiert und firmen wie siemens oder bombadier nur noch lohnfertiger sind, sondern das dies heute bei besagten firmen inhouse für einen vermeintlichen weltmarkt unter den bedingungen kurzfristiger gewinnoptimierung und mangelnden, weil eigentlich nur bei der bahn selbst ehemals vorhandenen, know-hows entsteht.
da kann der grube auch nix für das hat die politik zusammen mit den versorgungsposteninnhaben im bahnvorstand in den 90ern ausgeschnapst, prost herr wiesheu! seitdem haben wir auch diese probleme, das ist das selbe marktdeifizierungsmuster dass das chaos in berlin bescherte.
@westernworld:
In dem anderen Artikel wurde auf diese Möglichkeit ja schon eingegangen – auch in den Kommentaren.
Ich hatte heute erst höchstpersönlich Spaß mit dem Kompressor einer guten und gewarteten Klimaanlage, und wenn ich den Temperaturgraphen von finch.datentrampelpfad.de glauben darf, geht es einem großen RZ-Betreiber in Berlin gerade ebenso. 😉 Aber sei’s drum…
Was den Exporterfolg der ICE angeht, muß man zwischen den einzelnen Baureihen unterscheiden:
– Der ICE 1 ist bei drei Verkaufsversuchen international unterlegen: In den USA gegen Bombardier (die TGV-Antriebstechnik lizensiert und mit eigenen Wagen kombiniert haben), in Spanien und Südkorea gegen GEC-Alstom (TGV). In allen drei Fällen lag es schlicht am Preis. Zumindest in einem Fall (Südkorea) ist erwiesen, daß das andere Konsortium durch Industriespionage Kenntnis vom ICE-Angebot hatte und den Preis so „nachbessern“ konnte.
– Der ICE 2 ist im Prinzip eine auf deutsche Verkehrsverhältnisse maßgeschneiderte Weiterentwicklung des ICE 1. Es gab einen Versuch, die Technik ins Ausland zu verkaufen: ICE 2-Triebköpfe und TGV Duplex-Mittelwagen nach Taiwan. Die Taiwanesen haben dann allerdings in Japan eingekauft.
– Der ICE 3 verkauft sich in weiterentwickelter Form als „Siemens Velaro“ ziemlich gut. Die Züge fahren mittlerweile in Spanien (AVE S-103), Russland (Sapsan) und China (CRH3). Und selbst die SNCF haben schon laut und öffentlich darüber nachgedacht, daß man als Ersatz für die TGV der ersten Generation doch auch mal auf der anderen Rheinseite einkaufen könnte…
@ToJe:
Hört sich irgendwie gruselig an, wenn solch im Sommer und Winter versagende Technik noch Interesse weckt.
Ich weiß nichtmehr über welchen Link ich auf den Artikel gekommen bin:
http://www.tagesspiegel.de/berlin/hitze-legt-s-bahnen-lahm/1879978.html
„Das Öffnen der Türen für die Abfertigung war bei der Konstruktion der Fahrzeuge nicht vorgesehen gewesen. Die Züge wurden damals von den Abfertigern auf den Bahnhöfen auf die Fahrt geschickt. Die inzwischen abgelöste Geschäftsführung wollte aber ein neues System einführen, bei dem die Fahrer das Abfertigen per im Führerstand installierten Monitoren selbst übernehmen sollten. Obwohl das neue System bis heute nicht zugelassen ist, zog die damalige Geschäftsführung auf den meisten Bahnhöfen die Abfertiger ab und übertrug deren Aufgabe den Triebfahrzeugführern, die nun aussteigen müssen, um den Zug vor der Abfahrt kontrollieren zu können und jetzt beim Einstieg die Hitze mit in den Führerstand nehmen.“