Blogger sehen sich selbst ach so gern als die grosse Gegenmacht im Reiche der Informationsverbreitung. Holzmedien gegen „freie Berichterstattung“.
Gerade heute hat es wieder massiv im elektronischen Blätterwald geraschelt. Gleich 6 Hauptartikel schaffen es auf die Rivva-Mainpage – dazu 50 weitere auf Rivva angegebene Verlinkungen: Bei der FAZ ist ein Eimer voller Bits umgekippt und alle schreiben darüber.
Haben die Blogger so massiv auch die Emmely-Pfandbon Geschichte verfolgt? Ein Fall, der bundesweit arbeitsrechtlich schwere Auswirkungen hatte und noch haben wird. Aber das ist für Blogger nicht so interessant. Viele Blogger sind letztendlich eher damit beschäftigt sich innerhalb ihrer eigenen Kreise und Befindlichkeiten auszutoben, anstelle sich einer gesellschaftlichen Verpflichtung zu stellen. Gerade der aktuelle Fall FAZ vs. CTRL-Verlust belegt das sehr deutlich.
- Es läuft immer noch massiv Öl in den Golf von Mexiko – kaum einer bloggt noch , kein „Kauft nicht bei BP oder Aral“
- Der BGH hat ein wichtiges Urteil zum Sterbehilfe gesprochen. Keine Erwähnung bei Rivva
- Post soll Briefe von Arbeitslosen und Kindergeldempfängern einscannen. Keine Erwähnung bei Rivva
- Google löscht Daten auf Android-Devices
- Und und und und
Bei Rivva fallen einem nur Michael Seemann gegen FAZ sowie technische Probleme mit dem iPhone 4 ins Auge. Die Szene bloggt eben über sich und ihre Spielzeuge. Anspruch? Gesellschaftlich, politisch, wirtschaftlich? Ach bitte nicht doch.
Die Bloggerszene scheint ein Abbild der Gesellschaft zu werden – der Gesellschaft, die sich an DSDS und Germanys next Topmodell ergötzt. Bitte mehrheitlich Themen mit Diätfaktor. Teletubbys gewinnen gegen Kant. Schade, Teletubby liegen deutlich in Führung. Auch ich habe über diesen Eimer Bitschrott gebloggt – aber ich stelle hiermit fest, dass es inhaltlich eher banal und unwürdig ist. Ich habe mich verleiten lassen. Sorry.
Anmerkung: Die Prinzessin fragt gerade im Hintergrund „Überrascht dich das banale geblogge?“. Die Antwort ist: Nein, aber dennoch muss es raus. Therapie – ihr wisst schon.
Schön ist das in der Tat nicht, aber ich würde nicht „die Blogger“ über einen Kamm scheren. Normalerweie schreibe ich etwas, wenn ich zu einem bestimmten Thema etwas zu sagen habe. Zu Oilspill & Co. habe ich nichts zu sagen, außer dass das ganze eine riesengroße Scheiße ist. Sobald ich etwas sinnvolles zur Debatte beizutragen habe, werde ich auch darüber bloggen.
Im Endeffekt sind aber Blogosphäre und Rivva usw. auch nur Aggregate. Dass sich der Schwarm mehrheitlich mit einem Thema auseinandersetzt, kann man ihm nicht vorwerfen, nur einzelnen Personen. Aufrufe, BP zu boykottieren, Protestaktionen oder auch allerlei „lustige“ Bilder, sprich einen massiven PR-Schaden gabs im Netz wirklich nicht zu knapp. Meistens jedoch Kram, der bei Rivva nicht gelistet wird. Das gehört eher auf die Straße als in die Blogs. Wir können aber gerne darüber diskutieren, ob wir Offshore-Bohrungen z.B. künftig verbieten wollen. Oder gerade erst habe ich gelesen, dass BP in Alaska nach Öl bohrt und Brasilien mit Offshore-Bohrungen anfängt. Scheiße, aber was tun?
@Enno:
Mit „Die Blogger“ treffe ich auch mich. Ich meine keinen einzelnen, will und werde auch keinem Blogger vorschreiben, über was er sich einen Kopf machen muss und über was er zu schreiben hat.
Ich habe gestern nur Krämpfe bekommen, als ich feststellen musste womit „wir Blogger“ bei Rivva (ein Instrument zur von „Hypethemen“) eben iPhone und mspro zu den Themen des Tages machten.
Es erinnerte mich an so manchen Morgen, wenn ich die Schlagzeilen der Tagespresse sichte und erschüttert bin welche Banalitäten es auf Seite 1 schaffen. Unterstes Boulevard. Und was machen „wir Blogger“ (oder machten zumindest gestern): Wir machen das Boulevard zum Thema. Als wenn nichts anderes los ist.
Aber wir sind kaum anders als eben die grossen Medien auf denen wir so gern rumkloppen. Wir greifen Themen auf, beschreiben unsere Einstellung und legen sie wieder zu den Akten. Es gibt nur wenig Themen in die sich Einzelne von uns wirklich verbeissen, oder welche wir gemeinsam angehen. Ausser eben es betrifft „einen von uns“
Ich masse mir nicht an Anderen Ratschläge oder Anweisungen zu geben. Ich lasse hier nur eben das raus, was mich reizt. 🙂
Erwartest du wirklich etwas anderes von der breiten Masse der „Blogosphäre“ als von dem Querschnitt der Medienlandschaft? Ich meine, daß es bis auf die vermeintliche Anonymität keine Unterschiede zwischen „dem Netz“ oder „der Webcommunity“ und den Leuten auf der Strasse, in der Bahn und im Stau mit Bild oder Spiegel oder TAZ in der Hand gibt dämmert ja langsam sogar denen die ständig behauptet haben das Web wäre anders als die reale Gesellschaft.
Insofern wundert es mich nicht, daß die meisten Blogs das gleiche wie die Medien schreiben oder sich autoreferentiell gegenseitig zitieren und damit dem „Wir schreiben unrecherchiert von DPA ab“ Problem der Medien ebenso gleich tun.
Guck dir alleine mal an, wieiviele Blogs es gibt die sich nur mit Apple und Iphone beschäftigen obwohl jedes Blatt voll von dem Stuss ist. Viele Blogs sind so monothematisch, daß man nach anfänglichem Interesse schnell Reissaus nimmt wenn man merkt daß da jemand an sich nix als ewig das gleiche zu sagen hat.
Wenn man das merkt, dann geht man eben und ignoriert diese Seiten… dafür findet man schnell hundert neue. Also wo ist das Problem? Ich möchte die Seiten die mir ans Herz gewachsen sind und die mir immer neu in die Bookmarks stolpern nicht missen.
Ich finde Ennos Einstellung da relativ naheliegend. Wenn man zu etwas nichts zu sagen hat ausser dem was eh im Spiegel steht… muß man das dann sagen nur um es auch gesagt zu haben? Brauchen wir jetzt tausend Blogs die sich gegenseitig auf die Schulter Klopfen im Einverständnis daß BP Scheisse ist und boykottiert gehört?
Die Hauptthemen sind momentan Fussball, Sparen, Gauck und Iphone. Wer will sich schon sein Wochenende mit einer Öl-Katastrophe versauen die langsam nicht mehr nur weit weg ist oder einem Völkermord in Kirgistan oder einer Million isolierter und bevormundeter Menschen im ausgebombten Gaza??
So wird es immer sein… ob nun im WWW oder der Zeitung oder dem Fernsehen.