Der Hamburger ÖPNV kann nicht fahrscheinlos betrieben werden?

Heute wurde auf der Webseite „Nahverkehr Hamburg“ ein Artikel zum Thema fahrscheinloser ÖPNV „Gratis-HVV: Aus diesen Gründen wird das in Hamburg nicht klappen“ veröffentlicht. Da ich mich seit vielen Jahren mit dem Thema beschäftige, fand ich die Überschrift sehr interessant und dachte mir „Hääää?“. Also lesen, aber mit dem Lesen allein war es nicht getan. Das Thema schreit nach einer kritischen Betrachtung und dem hier geschriebenen Kommentar.

Kostenloser ÖPNV?

Basis des Artikels bei NAHVERKEHR HAMBURG ist das Ansinnen der Bundesregierung, den ÖPNV in Städten „kostenlos“ anzubieten. Wobei der Begriff „kostenlos“ natürlich Blödsinn ist. Denn finanziert werden muss die Chose natürlich. Es gilt also zu erkunden wie man die Kosten des ÖPNV umlegt, deshalb spricht man sinnvoller von fahrscheinlosem ÖPNV

Was kostet der ÖPNV in Hamburg?

Der Öffentliche Nahverkehr in Hamburg nimmt derzeit pro Jahr mehr als 825 Millionen Euro mit Fahrkartenverkäufen ein (Stand 2016).

Und somit haben wir schon mal einen Richtwert, wie hoch die zu finanzierenden Kosten sind. 0,8 Milliarden sind ein schöner Batzen. Aber warum nochmal soll der ÖPNV fahrscheinlos gestaltet werden? Vor allem um die Umwelt zu entlasten. Feinstaub, Stickoxide sind nur zwei Stichworte. Aber es spielen auch noch andere Faktoren in die Entlastung hinein: Entschlackung des Individualverkehrs, Rückbau von Strassen,  Rückbau von Parkhäusern (und Firmenparkplätzen!), weniger Unfälle, Personenschäden.

  1. Welchen Wert hat der neu/wieder zur Verfügung stehende Raum?
  2. Was ist die Gesundheit von nicht verletzten Menschen wert?
  3. Wie errechnet man den Wert von nicht erkrankten Menschen aufgrund besserer Atemluft?

OK, das wird teilweise unübersichtlich. Denn im Gegensatz zu den ansatzweise bekannten Quadratmeterpreisen in Innenstadtbereich, wird es schwer sein die Kosten von Krankheit und Tod in Euros zu beziffern.

Sind die Einnahmen übersichtlicher?

Gehen wir mal anders heran und betrachten einzig die Einnahmenseite. Man KÖNNTE nun als Grundlage nehmen, dass Hamburg derzeit ca. 1,8 Millionen Einwohner. Würde man also die 825 Millionen Euro stumpf auf die Einwohner (inkl. Neugeborene und 100jährige) verteilen, so müsste jeder Hamburger im Jahr etwas unter 460 zahlen. Allerdings leben im Einflussbereich des HVV derzeit ca. 3,387 Millionen Menschen. Somit würde jeder potentielle Nutznießer nur mit mit ca. 245 Euro belastet werden.

Hinzu kommen 6,2 Millionen Touristen, welche man über eine Art Kurtaxe an den Kosten beteiligen könnte. Denn welcher Tourist würde nicht gern einen kleinen Obolus zahlen, um in den Genuss des fahrscheinlosen Nahverkehrs zu kommen?

Auch könnte man auf die Nutzung von Parkhäuser und den Parkraum in der Innenstadt eine ÖPNV-Abgabe erheben. Sicher gibt es gute Gründe mit einem PKW in die Innenstadt zu fahren. Der Erwerb eine großen Elektrogerätes z.B.. Wer aber für mehrere Hundert Euro eine derartige Anschaffung tätigt, wird nicht verhungern, wenn er eine Sonderabgabe von vielleicht 5€ zahlt, weil er in die Innenstadt fährt.

Wenn ich alle obigen Informationen zusammenklöppel, habe ich einen sehr groben Richtwert monatlichen Kosten von unter 20€ pro Kopf. Das erscheint mir kein wirklich hoher Betrag zu sein. Einzig das Erheben der Kosten muss noch konkretisiert werden.

Gibt es noch andere vernachlässigte Faktoren?

Sicher gibt es diese – und die sind vielfältig. Sämtliche Fahrkartenautomaten könnten abgebaut werden und müssten nicht mehr gewartet, modernisiert oder angeschafft werden. Der gesamte Bereich Fahrkartenvertrieb könnte eingestellt oder massiv verkleinert werden. Keine Abo/Monats- oder Wochenkarten müssten mehr verkauft/verwaltet werden. Die Kosten im Bereich Fahrkartenkontrolle würden entfallen.

Auf einer anderen Ebene würde der Liefer- und Serviceverkehr deutlich effektiver durch die Stadt kommen. Service- Lieferfahrzeuge könnten mittels einer (zu erwerbenden) Vignette kostenfrei den vorhandenen Parkraum nutzen. Wobei die Kosten für die Vignette recht schnell durch kürzere Fahrtzeiten (weniger Staus) schnell eine Win-Win Situation realisieren würden.

Nahverkehr Hamburg im Einzelnen

Nahverkehr Hamburg schreibt

Der Hamburger Hauptbahnhof ist – neben dem Gare du Nord in Paris – der meistfrequentierte Bahnhof Europas! Jeden Tag steigen hier eine halbe Million Menschen ein und aus. Auf den Zugangswegen zu den Bahnsteigen schieben sich die Menschenmassen inzwischen gefährlich dicht, die Gleisanlagen sind von der Bahn offiziell als „überlastet“ eingestuft. Mehr Züge passen nicht an die Bahnsteige.

Seltsam. Als ich mich (vor vielen Jahren) einmal über das konkrete Thema „S3 und Überlastung“ informierte, wurde mir mitgeteilt, dass die S3-Strecke für eine 3-Minuten Frequenz ausgelegt ist. Außerdem sind die S-Bahnen nur deshalb so voll, weil zu wenig Langzüge eingesetzt werden. Speziell die Linie S3 ist weitestgehend auf den Betrieb von Langzügen ausgelegt. Hier ist das Problem also nicht die Überlastung, sondern mangelnde Investition in der Vergangenheit. Apropos:

Zudem ist das HVV-Netz schon jetzt sehr störanfällig: Verspätungen und Ausfälle gehören bei Bussen und Bahnen zum Alltag.

Ja, auch hier hätte man in der Vergangenheit dafür Sorge tragen können, dass die Qualität der eingesetzten Infrastruktur besser ist. Aber gerade der S-Bahnbereich(wird in Hamburg von der Deutschen Bahn betrieben)  scheint immer noch unter den Einsparungen des Herrn Mehdorn zu leiden.

Quo vadis?

Ich fürchte, dass dieses – in meinen Augen deutlich viel Potential in sich tragenden Projekt – in Hamburg nichts wird. Man müsste mal so RICHTIG Geld in die Hand nehmen. Eine (erfüllbare!) Vision haben und angehen. Aber diese Entscheidungen  liegen vor allem in der Hand von Politikern. Und ich habe den leisen Verdacht, dass auch die Autoindustrie sich massiv gegen dieses Konzept stellen wird. Wo kämen wir denn hin, wenn in den Großstädten auf einen Schlag tausende von Kunden wegfallen würden.

Nachtrag:

  1. Einen weiteren Faktor habe ich komplett unterschlagen: Die Kosten für die Strafverfolgung der sogenannten Schwarzfahrer!
  2. Folgendes schrieb ich heute als Kommentar unter ein Facebookposting, in dem der Autor sich beschwerte, dass er mittels PKW zur Arbeit fahren muss, weil an seinem Wohnort kein ÖPNV zur Verfügung stehen würde:

„Was aber wenn all diejenigen, die ihren Arbeitsplatz mittels ÖPNV erreichen, die Strassen entlasten? Wenn Du also weniger im Stau stehst?
Wenn Du weniger Steuern für den Erhalt der Strassen bezahlen musst? Wenn die Luft besser wird? Wenn in den Citys mehr Parkraum (für weniger Autos) zur Verfügung steht?  DANN profitierst Du doch auch. Was wäre dir dies wert?
Stelle dir mal vor jeder Nutzer des ÖPNV würde morgen früh auch die Strassen verstopfen und dir „deinen“ Parkplatz streitig machen.“

 

Ist Sachsen noch ein sicheres Herkunftsland?

Durch die jüngsten Presseberichte bezüglich der Innenausstattung der frisch gelieferten Einsatzfahrzeuge des MEK in Sachen „Survivor R“ (siehe z.B. hier)

Stickereien auf den Sitzen eines sächsischen SEK-Panzers sorgen für Empörung: Verharmlosen die Sicherheitsbehörden NS-Ästhetik?

habe ich mich mal ein wenig bezüglich dieses“Survivor R“ umgeschaut und ich muss sagen: Ich bin entsetzt. Entsetzt darüber, in einem Land zu leben, in welchen Polizeieinsatzkräfte Fahrzeuge mit diesen Merkmalen benötigen (Quelle):

serienmäßig mit einer Schutzbelüftungsanlage gegen atomare, biologische und chemische Kampfstoffe ausgestattet

Hallo? Ist es schon soweit? In Deutschland ist die Gefahr eines Angriffes mit ABC-Waffen derart konkret, dass die Polizei (neben der Bundeswehr, die in besonderen Szenarien sehr wohl im Inland eingesetzt werden kann) derart ausgestattet werden muss? Holla die Waldfee: Meidet Sachsen – es sei denn ihr fahrt einen“Survivor R“ !

Ach, noch etwas. Der „Survivor R“ von Rheinmetall ist ein „MRAP-Militär-LKW“ – damit ihr nicht suchen müsst, die Abkürzung steht für:  Mine Resistant Ambush Protected Vehicle. Wofür braucht man solch ein Fahrzeug? Kurzer Blick zu Wikipedia hilft:

Sie dienen in erster Linie dem sicheren Transport von Menschen und Material, und bewahren Insassen vor der Wirkung von Minen, Sprengfallen und direktem Beschuss mit Handwaffen.

Sprengfallen und Minen? Ich kann mich nur wiederholen: Meidet Sachsen!

Und was kostet der“Survivor R“ – den Steuerzahlen? Nur 300.000 bis 500.000 Euro. Quasi ein Schnapper, wenn man bedenkt, dass man in Kriegsgebieten halt seine Einsatzkräfte sichern muss.

BTW: Wie viele Bunkerplätze gibt es für die sächsische Zivilbevölkerung? Ich meine, wenn der ABC-Angriff kommt? Oder mit verminten Strassen zu rechnen ist?

Darf man DIE PARTEI wählen?

In „gewissen Kreisen“ scheint ein Disput zu herrschen, ob man denn nun DIE PARTEI wählen soll oder ob man bei dieser Entscheidung zur Wurst macht.

In der TAZ fand ich heute einen Artikel, der eine deutliche Position gegen die Wahl von DIE PARTEI findet:

Klar, kann ich einen Luftballon aufblasen und dann sagen, ich hätte die Welt verändert. Ich kann auch die PARTEI wählen und mir einreden, damit etwas Kluges zu tun. Das kann ich alles machen. Ich bin dann eben: ein dekadenter Witzbold, der sich selbst dafür feiert, keinen Unterschied machen zu wollen.

Man man nicht nur als Witzbold DIE PARTEI wählen. Es kann einen guten Grund geben, der Partei DIE PARTEI seine Stimme zu geben. Ich denke der Wahlspott von Nico Semsrott bringt es auf den Punkt:

Jede nicht abgegebene Stimme stärkt vor allem die Parteien, die einem eben so gar nicht passen. Vor ein paar Tagen unterhielt ich mich mit einem Bekannten, der mir erklärte, dass er bewusst „ungültig“ wählen würde, denn dies bringt seinen Unwillen mit dem Agieren der derzeitig zur Verfügung stehenden Parteien zum Ausdruck bringen. Eine prekäre Fehleinschätzung.

Sicherlich kann man auch eine andere Partei wählen, quasi den Haufen Mist der am wenigsten stinkt – solange man eben keinem braunen Haufen seine Stimme gibt. Was das zur Folge haben kann, sollte jeder wissen der im Geschichtsunterricht zum Thema „Was geschah von 1933 bis ’45 in Deutschland und welche Folgen hatte dies für Europa und die Welt“ aufgepasst hat. Zu dem Thema „Wen wählen“ und dem Hilfsmittel Wahl-O-Mat hatte ich bereits vor einigen Tagen meine Meinung formuliert.

Geht wählen! Bitte!