Was mich an der derzeitigen Diskussion um die Befähigung eines Landesvorsitzenden als Ministerpräsident und paralell als Umweltministers irritiert ist folgendes (mal losgelöst von der Person Röttgen):
Die Posten Landesvorsitzender einer politischen Partei, Ministerpräsident und auch Umweltminister sind drei absolut *nicht* miteinander vergleichbare Positionen und Verantwortungsbereiche. Wie kommt man bloss darauf, dass ein guter Landesvorsitzender einer Partei gleichwohl ein guter Ministerpräsident oder ein guter Umweltminister ein guter Landesvorsitzender sein kann?
Ein Landesvorsitzender einer Partei muss zuerst einmal ein guter Verwaltungsmensch sein. Er sollte sicherlich ein Ohr an den Bürgermeinungen haben, aber zuerst ist er eine verwaltende Kraft, welche für die Strukturen und die Arbeit „seiner“ Partei zuständig zeichnet. Ein guter Landesvorsitzender ist wahrscheinlich prädestiniert für die Aufgabe eines Fraktionsführers aber weiter würde ich – zumindest nicht pauschal – seine Befähigung erweitern wollen.
Ein Ministerpräsident hat schon einen grösseren Hut auf. Schliesslich dreht sich dessen Verantwortung nicht um die Probleme Parteiengesetz und Organisation einer lokalen Einheit, sondern vielmehr gestaltet dieser aktiv die gesamte Politik des betreffenden Bundeslandes. Ich würde generell an dieser Stelle eher eine Person sehen, die sich in einem breiten Bereich von Arbeitskreisen eine universelle Kenntnis der lokalen Politik erarbeitet hat. Wenn sich diese Person in einem Bundesland als guter „Allrounder“ einen Namen machte, steht sicherlich einem Aufstieg zum Amt des Bundeskanzlers nichts im Wege. Für einen Ministerposten erscheint mir diese Person aber eher denkbar ungeeignet.
Ein Minister mit speziellem Themenbereich wiederum sollte sich durch fundiertes und vor allem tiefen Wissen bezüglich seines Aufgabengebietes profilieren. In Ausnahmefällen mag ein Ministerpräsident dieses vorweisen können, eher allerdings würde ich an dieser Stelle aber wieder eine Person sehen, die sich in themenspezifischen Arbeitsgruppen einen Namen gemacht hat, als eine Person die sich schlicht in einer Partei „hoch gedient“ hat.
Ich verstehe bis heute nicht, was einen guten(!) Gesundheitsminister befähigt von einem auf den anderen Tag Wirtschaftsminister zu werden. Es drängt sich mir der Verdacht auf, dass es innerhalb der deutschen politischen Struktur heutzutage vielmehr um Verwaltung und Freundschaftsbeförderungen, denn um echte Sachkompetenz geht.
Sicherlich wird es an einigen der oben genannten Fällen Ausnahmen geben. Aber ein guter Bundesumweltminister wird sich wahrscheinlich eher aus der Riege der Landesumweltminister rekrutieren, denn aus Ministerpräsidenten.
Ein Assessmentcenter für politische Posten wäre wahrscheinlich gar nicht dumm und würde sicherlich für so manche Überraschung sorgen.
Ich sehe das Etwas differenzierter. Ein Minister ist in erster Linie Chef einer Behörde, die eigentlich ganz gut ohne ihn auskommt z.B. im Bereich Fachkompetenz.
Dort arbeiten zum Teil Spezialisten seit mehreren Jahren unter wechselnden Ministern. Der Behördenchef ist in erster Linie Repräsentant und Disziplinarvorgesetzter seine Behörde um diese nach außen zu Vertreten. Er stellt zugleich das Bindeglied zwischen fachlicher Notwendigkeit und politischerm Willen des Bundeskabinetts dar mit mehr oder weniger Spielraum seiner Entscheidungen.
@Zollo:
Generell hast Du recht. ABER: Sollte der oberste Dienstherr nicht zumindest auch die Vorlagen seiner Zuarbeiter bewerten können? Insbesondere in Zeiten, in denen selbst Gesetzesvorlagen von externen Mitarbeitern erstellt werden.
@reizzentrum: Eigentlich sollte jedes Mitglied der Legislative diese Fähigkeit besitzen. Wie wollen diese Volksvertreter denn sonst über Gesetzesvorlagen abstimmen ohne zumindest deren Inhalt auf Konformität mit dem Grundgesetz abgeklärt zu haben ?
@Zollo:
Seit wann tun unsere Abgeordneten denn dieses? Und weiss das Bundesverfassungsgericht dies auch, welches immer häufiger Gesetzesvorlagen wegen Verfassungswidrigkeit zurückweisen muss? *gggg*
Eigentlich müsste eine solche Positionen (Ministerpräsident) europäisch ausgeschrieben werden. Für jeden Vergleichbaren Job ist eine solche Ausschreibung mehr oder weniger verpflichtend.
Dann würden die Abgeordneten nach dieser Ausschreibung den neuen Ministerpräsidenten wählen und dieser würde sich dann die Minister, ebenfalls nach einer öffentlichen Ausschreibung, auswählen.
Das hätte insbesondere den Vorteil, dass man bei der Wahl die Abgeordneten wählen würde, und nicht wie es momentan üblich ist die Regierung wählt.
Alles keine wirklich neuen Erkenntnisse. Herr Röseler war aber nicht schon deshalb ein guter Gesundheitsminister, weil er Arzt war. Er hat in diesem Amt, zumindest aus meiner Sicht, doch eher Interessen seiner Parteigänger vertreten.
Wie sagte man früher in der CDU über Herrn Schäuble? Er sei für jedes politische Amt in Deutschland geeignet. So ist das eben: Die Kompetenz unserer Politiker ist über alle Ressorts und Aufgaben gleichmäßig verteilt. Die Frage ist halt nur, was aus Sicht der Partei zur Kompetenz eines Ministers zählt? Schützt die Verbraucherministerin die Verbraucher vor den Unternehmen oder ist es doch eher umgekehrt? Evtl. geht es doch für die Parteien, die die Posten ja vergeben, “ vielmehr um Verwaltung und Freundschaftsbeförderungen, denn um echte Sachkompetenz“. Dirk Niebels Verschaffung von Versorgungsposten für Parteikollegen schon wieder vergessen? Die Bevölkerung bekommt auf der politischen Bühne nur ein ritualisiertes Schmierenthater zu sehen, dass von diesem Problem ablenken soll.