Die Linke präsentiert sich volksnah

Seit Jahren glaubte man, Deutschland hätte ein Problem mit wahlmüden Bürgern. Seit heute weiss man: Es sind nicht die Bürger, es sind die Deutschen an sich, die wahlmüde sind. Die Partei die Linke hat von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, im dritten Wahlgang der Wahl zum Bundespräsidenten nicht zu wählen. 120 Enthaltungen sprechen eine deutliche Sprache.

Bislang wurden die Wähler von Politikern kritisiert, wenn sie nicht wählten. Seit heute ist diese Kritik stumpf. Wie kann man von den Bürger etwas verlangen, was Politikerimitationen nicht bereit sind zu tun: Eine Stimme abzugeben – sich zwischen mehreren Übeln für das kleine Übel zu entscheiden.

Eines hat uns die Linke heute gezeigt: Sie gehört nicht zu den kleinen Übeln in unserem Lande – sie gehört zu der Riege der ganz grossenm.

Kanzlerin Merkel wird (zu recht) kritisiert, weil sie zu selten Entscheidungen trifft. Was soll ich von einer Partei erwarten, die nicht bereit/willens/in der Lage ist eine Entscheidung zwischen zwei Alternativen zu treffen? Wie kann ein intelligenter Wähler jemals wieder das Kreuz bei der Partei machen, die sich nicht entscheidet?

Oder spekuliert die Linke am Ende darauf, bei der nächsten Bundestagswahl all die Stimmen der überzeugten Nichtwähler zu bekommen?

Liebe Stimmberechtigte der Linken – um es mit den Worten des Turnschuhministers Joschka Fischer zu sagen: „Mit Verlaub, Sie sind Arschlöcher!

13 Gedanken zu „Die Linke präsentiert sich volksnah

  1. Also hier bin ich mal absolut gegensätzlicher Meinung.
    Die LINKE sollte bei dieser Wahl als Stimmvieh von Rot-Grün herhalten.
    Bei der Findung eines geeigneten Kandidaten brauchte/wollte man sie nicht, aber zum Absegnen?
    Lafontaine sagte schon richtig, „Rot-Grün habe übertaktiert, hätten sie den CDU-Politiker Klaus Töpfer aufgestellt, sehe die Welt anders aus. Gauck sei nun mal nicht wählbar für die Linken. Das hätte man vorher wissen können.“

    Und meiner Meinung nach muss man der LINKEN anrechnen, dass sie sich nicht haben in diese parteitaktischen Spielchen haben hinein ziehen lassen.
    Und warum sollte man einen Kandidaten wählen, der genau so wenig für linke Ideen steht wie der Andere?
    Das war zum Ende also doch nur eine Wahl zwischen Pest und Cholera. Und DORT dann zu sagen wir wählen keines von beiden empfinde ich als durchaus demokratisch.

  2. @Kaspar von Thal:

    Ich mag Diskussionen 🙂

    Aber eines blendest Du aus – wobei ich dir unterstelle, dass Du es weisst: Durch die NICHTWAHL von Pest oder Cholera hat die Linke den Ausgang der Wahl WESENTLICH deutlicher beeinflusst als es die Horde der Nichtwähler jemals bei einer Bundestagswahl hätte tun können.

    Oder?

    Denn durch die Nichtwahl gesundet Deutschland nicht. Wie sagte es mein Politiklehrer (damals hiess das noch so): „Jedes Recht das uns gewährt wird impliziert auch eine Pflicht“. Die Linke hätte die Pflicht gehabt zu entscheiden ob Deutschland unter Pest oder Cholera leidet. Dafür sind Politiker da: Um Wege zu definieren, Entscheidungen zu treffen und nicht um sich genau davor zu drücken.

    Das ist als wenn dein Chef dir kein gehalt bezahlt, weil er sich nicht entscheiden kann ob er dir eine Gehaltserhöhung geben soll oder nicht und dann als Weisheitsideal gar nicht überweist.

  3. Ich möchte hier nochmal ausführen, was ich im letzten Beitrag bereits angesprochen habe:

    Bei der Entscheidungsfindung sollte sich die Linkspartei nicht dem Willen der Gesamtwählerschaft unterwerfen, sondern dem Willen der Linkswähler, die sie vertritt. Daher ist die Beliebtheit Gaucks bei der Gesamtbevölkerung irrelevant.

    Und die Enthaltung ist eine legitime Position bei einer Wahl. Sie abzusprechen nimmt die Freiheit aus der Wahl. Bei zwei Optionen muss ich auch „keine von beiden“ wählen können. Diese dritte Alternative bedeutet eben nicht unbedingt das, was man beim klassischen Bundestagswahl-Nichtgänger kritisiert, nämlich Nichtwahl aus Desinteresse. Eine wohlüberlegte Enthaltung ist absolut erlaubt.

    Stehen zwei Alternativen zur Wahl, von denen mir keine zusagt, ist die Wahl des kleineren Übels sinnvoll. Zwei Optionen können aus meiner perspektive allerdings beide so ungeeignet sein,
    dass ich mich nicht mit einer davon gemein machen möchte. Die Linkswähler hätten ihre Partei bei jeder Entscheidung für einen Kandidaten heftig kritisiert, und zwar in beiden Fällen zurecht.

    Herr Wulff ist aus Gründen, die ich hier kaum darlegen muss, ein hervorragender Politiker. Dafür qualifiziert ihn am besten, dass er, gemessen an seinen Taten, ein sagenhaft schlechter Mensch ist. Wäre ich seine Großmutter, ich würde mich anketten, damit er mich nicht verkauft. Deshalb verlangt man von der Linkspartei, den Gegenkandidaten zu wählen. Dass der die Stimmen der Linken brauchen würde, war denen klar, die ihn aufgestellt haben.
    Und die haben sich für Gauck entschieden, dessen Position gegen die Linkspartei nie ein Geheimnis war. Er mag der Traumkandidat der SPD sein, ich weiß es nicht. Für die meisten Linkswähler dürfte er in dem Moment untragbar sein, wo sie sich mit seinen Aussagen zur Finanzkrise beschäftigen.

    Ich zumindest applaudiere der Linkspartei (deren Wähler ich nicht bin), dass sie, aus ihrer Sicht, keines von zwei Übeln gewählt haben. Eines davon ist es am Ende doch geworden, weil andere entschieden haben, dass man dringend ein Übel brauche. Aber das kann ich wirklich nicht der Linkspartei vorwerfen.

  4. Danke Thomas, so ähnlich wollte ich es auch noch ausführlicher darstellen.

    @reizzentrum:
    Ich sehe das so wie Thomas, wenn ich bei dieser Wahl nur die Alternative zwischen Pest und Cholera habe, dann muss ich einfach auch die Möglichkeit haben zu sagen „Nein! Keiner der Beiden bekommt meine Stimme.“

    Wie ich es schon anführte, war in meinen Augen, die LINKE nur als „Stimmvieh“ für Rot-Grün vorgesehen. Und da „Hut ab“, dass sie sich da nicht haben benutzen lassen.
    Rot-Grün wusste von Anfang an, dass sie auf die Stimmen der LINKEN angewiesen wären.
    Wo war denn da der „demokratische Willen“ evtl. sogar zusammen als „linkes Lager“ einen Kandidaten aufzustellen.
    Also überall nur Taktieren und Paktieren.
    DAS hat für mich das Amt des Präsidenten beschädigt und nicht die Stimmenthaltung der LINKEN, die aus meiner Sicht damit deutlich gemacht hat „Das machen wir nicht mit.“

    Übrigends finde ich die Beliebtheit Gaucks als ziemlich wild herbei phantasierten/geschriebenen Hype der Medien.

  5. Ich bin jetzt 30 Jahre wahlberechtigt und habe immer gewählt.
    Bis heute hat immer, also ohne Ausnahme Pest oder Cholera regiert!!!!!
    Mir ist soooo schlecht 🙁 *kotz*

  6. @Thomas R.:

    Wer keine von zwei Optionen wählt blendet sich und Andere mit dem „Ich habe nicht gewählt, deshalb habe ich keine Schuld“. Würde es die Option geben, dass die Nichtwahl als Ergebnis die Willensbekundung „Wir brauchen keinen Präsidenten“ hätte, wäre ich gedanklich bei dir.

    Dein Argument „Die Linkswähler hätten ihre Partei bei jeder Entscheidung für einen Kandidaten heftig kritisiert, und zwar in beiden Fällen zurecht.“ ist in meinen Augen deshalb stumpf, weil eben durch die Enthaltung Wulff – ohne die Stimmen der Linken – gewählt wurde.

    Eine Enthaltung hat als ursächliche Bedeutung ein „Ist mir egal“. Aber wie kann die Person des Bundespräsidenten einem Bürger und vor allem einem Politiker egal sein?

    Ganz zum Schluss befürchte ich, dass dieses Problem eines ist über dass man viele Nächte und Biere diskutieren kann, ohne sich einig zu werden.

  7. Ich verstehe deine Aufregung über das Verhalten der Linkspartei auch nicht, Holger. Gauck war von Anfang an untragbar für sie und das war auch Grund seiner Aufstellung. Die Linke hat etliche Argumente gegen Gauck… seine Befürwortung der wichtigsten Themen die die Linke ablehnt und kritisiert und seine chronische Kritik der Linken. Es ist demokratisch problematisch wenn eine Partei durch Medien, Parteien und Präsidenten ständig in die Ecke gestellt wird.
    Wenn es das Recht zur Enthaltung gibt, ist es somit legitim dies auch zu tun… da können SPD, Grüne und der Rest der Bande das Maul aufreissen wie sie wollen.
    Ich habe immer mehr das Gefühl daß Luc Jochimsens Ausspruch doch nicht so blöd war, da es offenbar genau so ist. Man hat erwartet daß sich die Linke zur Nutte der Politik macht, so wie es alle tun und kritisiert jetzt genau das.

    Desweiteren hätte Gauck auch mit allen Stimmen der Linken nicht gewonnen wenn ich nicht irre, also was soll die künstliche Aufregung daß sie indirekt Wullff gewählt hätten? Die Logik erinnert mich an das perverse „Wenn du nicht wählst geht deine Stimme nach rechts“. Als hätten wir nicht andere Probleme momentan ob den Grußkasper ein zwanghaft antikommunistischer Ossi-Rentner oder ein Flugmeilen-Lügner gibt.

    Den meisten ist Gauck doch völlig Essig. Das war eine reine Medienkampagne, ich kenne kaum jemanden der feurige Argumente für Gauck hat ausser ein paar besessenen Liberalen.

  8. Ich lese diesen Blog mit Genuss seit einiger Zeit und werde das auch weiterhin tun, aber dieses Abheben auf eine Wahl, die erstens völlig unerheblich ist, da der Bundespräsident ein (fast) rein representatives Amt bekleidet und zweitens Herr Wulff sowieso relativ sicher gewählt war, kann ich weder nachvollziehen noch mit Genuss lesen. Herr Wulff hätte nur verloren, wenn die Linke im ersten Wahlgang geschlossen für Herrn Gauck gestimmt hätte. Das war höchst unwahrscheinlich und das wussten auch die „Abweichler“ bei Schwarzgelb. Schon im zweiten Wahlgang hätten die Linken Stimmen nicht mehr für den Sieg des rotgrünen Neocons gereicht. Was bleibt ist ein „Denkzettel“ für Frau Merkel und ihren Vize.

    Desweiteren kann doch keiner ernsthaft der Meinung sein, dass Herr Gauck irgendetwas anders gemacht hätte als Herr Wulff. Beide sind Neocons und gläubige Christen, was sie für mich jedenfalls unwählbar macht.

    Auch ist das Amt des Bundespräsidenten eben nicht wichtig genug um es direkt wählen zu lassen! Und die Wahl spiegelt eben doch die Meinung der Bevölkerung wieder, allerdings eben nicht auf aktuellem Stand, sondern je nach der letzten Wahl in Bund und Ländern. Der Bevölkerung hätte schon vor der letzten Bundestagswahl klar sein können, dass mehr Neocons an der Regierung nicht zu ihrem Vorteil sein können…

  9. @beargeist:

    Erst einmal danke für das „mit Genuß lesen“. So ein Lob tut immer gut. Auch ein Danke für das mitteilen einer – nicht ausschliesslich – kontroversen Meinung.

    Ich haue auf alles drauf, was mir über den Weg läuft. Gekusch(el)t wird woanders.

    IMHO wird die Linke immer schräger. Mir kommt es fast so vor als wenn die in eine fiese Parteienpubertät fällt. Inter und extern: Alle gegen alle. Können sie machen. mir egal.

    ABER, wenn dies – in meinen Augen – Auswirkungen auf das politische Leben in Germany hat, kommentiere ich dies fies, garstig und unabhängig.

    Ich will und kann auch gar nicht immer recht haben. Ich äussere hier ausschliesslich meine MEINUNG und nicht meine TATSACHE 🙂

  10. „ABER, wenn dies – in meinen Augen – Auswirkungen auf das politische Leben in Germany hat, kommentiere ich dies fies, garstig und unabhängig.“

    Irgendwie willst du den Hauptpunkt nicht sehen, den hier wie beargeist mehrere schon genannt haben… wie die Linke gewählt hätte, hat keinen Einfluss auf das politische Leben in Germany, nur auf die Art wie Deutschneyland die Linke wahrnimmt.

    Und genau das war der Plan von Rot/Grün… sie haben es ja klar gesagt mit ihrer Heuchelei „Die Linke hat Wulff gewählt“. Das war genau die Kampagne, von Anfang an. Die Linke demolieren und Merkel demolieren. Gauck war nur ne Puppe, Gauck war tatsächlich die Nutte der Politik … du kannst ja Meinung haben wie du willst aber wisch doch die Fakten nicht dabei einfach so vom Tisch…
    Der Spiegelfechter sagt wieder mal alles was dazu gesagt werden muß:

    http://www.spiegelfechter.com/wordpress/3445/perspektiven-zur-perspektivlosigkeit

    Und last but not least bin ich das „Wer nicht wählt wählt CDU“ langsam leid. Das ist genau so eine Logik wie „Wer keine Softdrinks kauft, kauft Coca Cola“ und läuft auf „Der Feind meines Feindes ist mein Freund“ hinaus.

    Enthaltung ist legitim!

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