Volksabstimmung in Hamburg Pro oder Kontra Olympia 2024
Es wird wieder volksabgestimmt. Die Freie und Hansestadt Hamburg hat die wahlberechtigten Bürger aufgefordert ihre Stimme abzugeben, ob sie dafür oder dagegen sind, dass die Olympischen Sommerspiele 2024 in Hamburg ausgerichtet werden.
Und schon mein alter Klassenlehrer feststellte: „Jedes Bürgerrecht impliziert eine Bürgerpflicht“. Wer also die Möglichkeit seine Meinung kund zu tun, sollte von dieser Mitwirkungsmöglichkeit auch Gebrauch machen. Also Hamburger: Stimmt ab!
Wie aber soll man stimmen? Überall sieht man Plakate hängen, die für Olympia werben. Kammer und Vereine werben für Olympia. Also möchte ich einmal meine Gedanken und Abwägungen festhalten und anregen sich auszutauschen.
Pro Olympia in Hamburg
Manches spricht für die Ausrichtung der Olympischen Spiele 2024 in Hamburg:
- Sanierung und Bau von Sportstätten, die Hamburgern und den Bürgern aus dem Umland zu Gute kommen (können….). Insofern sind die Sportvereine natürlich weitestgehend für Olympia. Ist ihr gutes recht.
- Auch die Verkehrsinfrastruktur müsste angepasst werden. Auch hiervon könnte Hamburg viele Jahre profitieren.
- Die Touristikbranche in Hamburg und Umgebung reibt sich natürlich die Hände: Viele Touristen und Besucher, die sowohl die Betten als auch die Restaurants füllen.
- So ein Massenereignis bleibt in den Köpfen: Die Ausrichtung der Olympischen Spiele würde Werbung für die (wahrlich schöne) Stadt Hamburg machen, von welcher Touristik und Einzelhandel noch viele Jahre profitieren können.
- Alle obigen Punkte können(!) ein schönes Wachstum in diversen Wirtschaftszweigen erzeugen. Manches nur temporär, anderes langanhaltend
- Und was ist mit Kiel – wir sollten Kiel nicht vergessen: Kiel ist in den letzten Jahren durch den Wegzug von einigen Teilen der Bundeswehr arg gebeutelt worden (in Kiel ist nicht viel, wenn die Bundeswehr komplett weg ist). Auch (die ebenfalls schöne Stadt) Kiel hätte einen kleinen Wirtschaftsboom verdient.
Kontra Olympia 2024 in Hamburg
Wie alles, hat auch die Olympiabewerbung eine Kehrseite. Es gibt einiges, was gegen die Ausrichtung spricht:
- Die Kosten 1): Die Ausrichtung soll(!) 11.200 Millionen Euro kosten. Davon können Einnahmen in Höhe von 3.800 Millionen abgezogen werden. Bleiben Nettokosten von 7.400 Millionen Euro im Raum – abzüglich der Erstattung des Bundes von 6.200 Millionen bleiben 1.200 Millionen Euro im Raum stehen, die Hamburg zu tragen hat. (Anmerkung: In den Medien wird gern in Milliarden gerechnet – ich finde es „übersichtlicher“ die Geldmenge in Millionen anzugeben..) Allein von den Kosten in Hamburg könnte man 1.200 Menschen zu Millionären machen.
- Die Kosten 2) Hamburg hat ausreichend Baustellen, die in den nächsten Jahren noch sehr viel Geld kosten können uns werden. Ich erwähne hier nur die HSH-Nordbank. Auch an der Elbphilharmonie wird noch abgestottert.
- Die Kosten 3) Erwähnte ich schon die Elbphilharmonie? Deutsche Entscheider sind dieser Jahre eher unfähig zu kalkulieren. JEDES Großprojekt wird deutlich teurer, als es im Vorwege kommuniziert wird. Ich schaue nach Berlin und Stuttgart und erwähne den Flughafen BER sowie den Bahnhof Stuttgart 21. Die Kosten der Elbphilharmonie haben sich vervierfacht, BER hat sich „nur“ verdreifacht und auch Stuttgart 21 überrascht nicht wirklich mit circa dreifachen Kosten.
- Verkehrsinfrastruktur: Manche Hamburger mit denen ich sprach erklärten mir sinngemäß:“Wenn dass in Hamburg stattfindet bin ich im Urlaub, die Stadt ist jetzt schon zu voll“ Gemeint sind sowohl Individual- als auch öffentlicher Nahverkehr. Auch ich werde wohl Urlaub nehmen, da ich mir das Elend nicht antun muss (OK, hier kommt meine Grundstimmung durch..)
- Last – but not least. Die Menschlichkeit: Europa hat derzeit ein Problem, nein die Welt hat ein Problem: Kriege produzieren Flüchtlinge. Menschen die unserer Hilfe bedürfen, da ihr Elend – zumindest teilweise – auch von uns verursacht wurde und wird.Wie viel Hilfe könnte man den Flüchtlingen gewähren, würden die Olympiakosten von (und ich will hier nicht mit dem dreifachen Wert rechnen) 11.200 Millionen Euro in Hilfsprojekte investiert werden?
- NACHTRAG 4.11.2015 18:00: Aus der Hotelbranche erreichte mich gerade die Information, dass Hamburger Hotels gar nicht mit so viel Mehrumsatz rechnen. Denn sollte Olympia 2024 in Hamburg stattfinden, würden diverse kommerzielle Veranstaltungen in Hamburg NICHT stattfinden, da die Veranstalter die Olympia gern aus dem Weg gehen.
Wollen wir eine große und vor allem teure Party veranstalten um Werbung für unsere schöne Stadt zu machen? Oder wollen wir unsere Olympiabewerbung unter dem Slogan „Leider keine Party – dafür Hilfe für Bedürftige“ zurück ziehen? Ich denke, dass „Hilfe für Bedürftige“ ein Signal nicht nur aus Hamburg heraus, sondern für ganz Deutschland sein könnte. Vorbild sein und Maßstäbe setzen.
Frage nicht was die Menschen für dich tun können, frage was Du für die Menschen tun kannst. Willst Du eine Party geben, oder Bedürftigen helfen?
Mein Kreuz ist noch nicht gemacht. Was denkt ihr?
olympia ist eine gelddruckmaschine. mega-konzerne und sponsoren lecken sich die hände, ebenso wie die vereine. doch wirklicher breitensport wird damit kaum gefördert, im gegenteil, noch mehr einzelne werden fokussiert und unterstützt, wohin gegen der kleine anfänger in die röhre schaut. viele der olympiabauten in anderen städten verfallen, nach deren nutzung, die amortisierung muss also während des zirkusses erledigt sein. die mischkalkulation wird also wohl noch aus anderen schattenhaushalten unterstützt sein, das ioc ist genauso korrupt, wie die fifa. im großen und ganzen ist olympia nur ein schauspiel für die westlichen und industrialisierten länder, doping voraussetzung. da die hanseaten sich ja für was besonderes halten, passen sie doch prima in das klima. von daher -> weitermachen, hauptsache nicht in berlin 🙂
Ich bin Berliner, deshalb sehe ich vielleicht ein paar deiner Contra-Argumente anders:
Die Flüchtlingshilfe kann und muss anders refinanziert werden, denn ein Staat der über Nacht 100 Milliarden für Bankenrettung organisieren kann, kann auch eine angemessene Flüchtlingshilfe organisieren ohne eigene Projekte dadurch zurückstehen zu lassen… nur das ist der richtige Weg!
Anderenfalls lieferst du nur wieder Argumente wie „Wegen der Flüchtlinge kein Spitzensport…“
Natülich kann man auch einfach aufhören zu bauen, wenn man befürchtet, dass es teuerer wird… aber das würde dann auch für jedes Wohnbauprojekt oder jedes andere Sanierungsprojekt gelten.
Ganz und gar nicht der richtige Weg.
Der „Individualvekehr“, oder nennen wir das Kind ruhig beim Namen, der Autoverkehr muss raus aus der Stadt und mehr ÖPNV rein, das ist die gleiche Situation wie in Berlin. Da könnte eine Anschubfinazierung durch Olympiaprojekte hilfreich für die Infrastruktur sein.
Es gibt auch Leute, die Köln jedes Jahr zum Karneval verlassen, also fahr du ruhig in den Urlaub 😉
Ich mag der Groß- und Marketingprojekte auch nicht sonderlich, aber langfristig könnte der Nutzen für Hamburg größer sein, als der Schaden, den die Politik auch jederzeit ohne Olympia anrichten könnte.
Das Argument mit der Sanierung/Bau von Infrastruktur (Straßen, ÖPNV, Sportstätten..) wurde auch hier in Berlin als Pro-Argument für Olympia gehandelt, und ich halte es für schlicht und ergreifend asozial:
Man lässt andere Menschen – die Steuerzahler im gesamten Bund und nicht nur die Einwohner der betroffenen Stadt – einen X fachen Betrag der Kosten der neuen Infrastruktur blechen, weil man selbst entweder nicht willens oder in der Lage ist das selbst zu zahlen. Das ist reine Schnorrerei unter dem Deckmantel von Olympia – und ein absolutes Verlustgeschäft: Das ist so als ob ich mir kistenweise Champagner kaufe damit ich Silvester Abschussrampen für meine Raketen habe – noch zu allem Überfluss von fremden Menschen bezahlt.
Eigentlich sollte die Volksabstimmung deutschlandweit durchgeführt werden, schließlich soll es ja der Bund sein, der den Löwenanteil zahlen soll – oder alternativ, Hamburg zahlt den Spass komplett selbst.
Gruß
Ma „Der froh ist, dass der Kelch an Berlin vorübergegangen ist“ rk
Lieber Mark,
also wenn ein Berliner in diesem Zusammenhang von Schnorrerei spricht, kommen bei mir doch gewisse Lachkrämpfe hoch.
Seit Jahrzehnten lässt sich diese ganze oder auch halbe Stadt vor dem Fall der Mauer die Infrastruktur von den reicheren Bundesländern bezahlen. Hierzu gehörte auch in 95 % der Jahre die Freie und Hansestadt Hamburg.
Jetzt ist es endlich mal an der Zeit, dass die unterm Strich über mehrere Jahrzehnte der Vergangenheit doch geringe Mrd.summe nach Hamburg zurück fließt! Nachdem Berlin, die ostdeutschen Bundesländer und auch Süddeutschland ausreichend subventioniert wurden.
deutliches Nein:
Klare Kosten (mit viel Luft nach oben) bei nicht nachgewiesenem Nutzen. Keine der Sportstätten auf dem Grasbrook wird gebaur, weil er gebraucht wird, sondern nur weil Olympia kommt.