EINE einzige Zeile erregte meine deutliche Aufmerksamkeit:
Elf Minuten nach dem ersten Notruf überwältigten ihn Polizisten, nachdem sie ihn mit fünf Schüssen aus einer Maschinenpistole getroffen hatten.
schreibt die Süddeutsche. OK, ich war nicht vor Ort und kann die von den Polizisten vorgefundene Situation keineswegs einschätzen. Was ich aber einschätzen kann, ist das Verhalten von Geschossgarben von Schnellfeuerwaffen. Wer eine Ausbildung an Schnellfeuerwaffen erhalten hat weiss, dass nur der erste (mit Glück die ersten beiden) Schüsse den anvisierten Punkt auch nur circa treffen. Maschinenpistolen sind NICHT dafür entwickelt Präzisionstreffer zu realisieren, sondern um typischerweise ein grösseres „Zielgebiet“ zu „bestreichen“.
Warum wurde also eine einzelne Person mit einer Garbe aus einer Maschinenpistole niedergestreckt und nicht mit gezielten Einzelschüssen aus der gleichen Waffe oder einer Pistole oder einem Revolver? Diese Frage muss einfach erlaubt sein.
Wer sagt, daß die fünf Schüsse nicht Einzelschüsse waren?
Na ja… so kennt man halt die Polizei. Erst schießen, dann fragen.
Viel interessanter finde ich, warum der erste Streifenwagen vor Ort direkt eine MP im Fahrzeug hatte. Gehört die mittlerweile zur Standardausrüstung in deutschen Streifenwagen ? Die werden ja wohl kaum vorher noch mal schnell zur Waffenausgabe gegangen sein….
Und sehr bedenklich finde ich, wenn die Situation unklar ist und gleich mit so einer „Präzisionswaffe“ rumgeballert wird. Das hätte dann auch schon mal den falschen treffen können. Oder nehmen wir mittlerweile auch schon Kollateralschäden in Kauf ?
Keine Frage, schnelles Handeln ist richtig und wichtig. Blos hab ich irgendwie immer wieder das Gefühl, als wüsste man da nicht ganz genau was man tut….
@buntklicker.de:
Naja, einen mit einer Axt bewaffneten jungen Mann mit 5 Einzelschüssen niederzustrecken… wäre das nicht ein wenig zuviel des guten ? Sollte nicht EIN gezielter Schuss reichen ?
Aber das kennt man ja schon, lieber ein Magazin leer machen als ein Risiko eingehen…
@buntklicker.de:
Das ist sicher nicht ausgeschlossen, aber ich persönlich empfinde es als SEHR-SEHR unwahrscheinlich. Die „Default-Einstellung“ ist Schussfolge. Wenn man eine MP in der Hand hat, benutzt man diese TYPISCHERWEISE ohne grossartig nachzudenken.
Ausserdem sind Schüsse aus einer Pistole oder einem Revolver – aufgrund der waffenspezifischen Ausbiildung – exakter platziert, als aus einer Maschinenwaffe. Warum also Einzelschüsse aus einer MP?
WISSEN was passierte tue ich natürlich nicht.
@Ceekay:
So weit ich informiert bin gehört – zumindest in Hamburg – eine(?) Maschinenpistole zur Ausstattung eines jeden Streifenwagens. Wie das in anderen Bundesländern aussieht weiss ich nicht.
Laut SpOn Artikel hatte der Kerl zu dem Zeitpunkt maximal einen Molotov (zwei von drei in Klassenzimmer geworfen), zwei Messer und ne Axt (letztere hatte er ursprünglich dabei).
MP gegen Nahkampfwaffe klingt natürlich ein wenig … unangebracht 🙂
Je nachdem womit davon er auf welche Entfernung auf die Beamten losgegangen ist kanns durchaus gerechtfertigt gewesen sein.
Ausserdem können die beiden Polizisten wohl auch Selbstschutz nicht vernachlässigen, wer weiß was der Kerl noch dabei hat.
Wenn ich mir die tweets vom @juliuskramer ( http://twitter.com/juliuskramer ) anschaue, bekomme ich Zweifel an der „11 Minuten bis zur Festnahme“ Geschichte der Polizei… , sein erster Twitter Eintrag war von 9:15 … na sowas… alles etwas seltsam….
@Schtuef:
Wie oben schon geschrieben: Die Lageeinschätzung der eintreffenden Polizisten ist massgeblich die kann NIEMAND von uns wirklich nachvollziehen.
Nicht jeder „Dorfpolizist“ kann eine Ausbildung und vor allem stetes Training in dem Bereich „Amokeinsatz“ erhalten. Insofern wird die Einschätzung der Lage vor Ort mit einer „Schiedsrichterentscheidung“ vergleich sein müssen: Bewertung im Moment des Vorfalls.
Ob man aber sofort(?) zur MP greift, oder erst mit einem gezogenen Revolver in „die Lage“ geht?
Narlich (und das meine ich wirklich ernst!) darf man nicht ausblenden, dass auch und gerade die Polizisten in dem Moment in einer Stressituation stehen. SIE können durch Ihr Handeln beeinflussen, ob es weitere Opfer gibt oder nicht.
Trotzdem oder gerade deshalb, müssen Polizisten zumindest marginal in dem Bereich „Krisenfestigkeit“ und „mentale Stabilität“ ausgebildet sein. Dies gilt nicht nur für die Berliner Bereitschaftspolizei.
Wobei wir wieder bei dem Problem sind: Wer soll das bezahlen?
Ich bezweifle ganz ehrlich das die Polizisten mehr wussten als das ein Amoklauf stattfindet und der Täter bewaffnet ist, ohne zu wissen ob Axt Maschinengewehr oder Messer). Das man dann vollbewaffnet reingeht und nicht sagt „schauen wir mal und holen die nötigen Waffen später“ finde ich durchaus verständlich. Auch das man wenn man direkt davor steht, man ihn erst unschädlich macht und nicht erst die Waffe wechselt oder diskutiert welche Waffe am sinnvollsten ist 😉
Ich gehe also davon aus das die Polizisten in diesem Fall nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt haben(ist zum Glück keine Alltagssituation). Ich denke es ist ein großer Unterschied ob man in Ruhe vor dem PC überlegt wie man gehandelt hätte und wie man handelt wenn man in dieser Situation ist und keine Zeit hat groß zu planen.
Krisenfestigkeit ist in der Theorie nett meiner Meinung nach aber dennoch ein großer Unterschied zu einem Ernstfall.
Von demher sehe ich den Einsatz der MP durchaus als verständlich an.
@Tefnut:
Generell haue ich ja nicht mit meiner ganz grossen verbalen Keule auf diese Situation – das würde sich anders anhören.
ABER: Auch wenn ich Verständnis für die Einzigartigkeit der Situation – was die ersteintreffenden Polizisten angeht habe – so gehört eine kritische Abwägung der einzusetzenden Mittel IMMER vor jedwede Aktion.
Andernfalls könnte man auch mit einer Maschinenpistole durch eine geschlossene Wohnungstür schiessen – es könnte ja sein, dass sich dahinter ein schiesswütiger Gewaltverbrecher befindet.
Nochmal: Es geht mir nicht um das „bashen“ des Polizisten. Vielmehr darum festzuhalten, dass hier (wahrscheinlich) ein Fehler bei der Wahl/des Einsatzes der Waffen gemacht wurde.
Es sollte JEDEM Menschen, der durch seinen Beruf zur Anwendung von Gewalt berechtigt ist, STETS klar sein, wann welches Mittel wie einzusetzen ist. Denn auch für Polizisten gilt das UZwG:
„Die Vollzugsbeamten haben bei der Anwendung unmittelbaren Zwanges unter mehreren möglichen und geeigneten Maßnahmen diejenigen zu treffen, die den einzelnen und die Allgemeinheit am wenigsten beeinträchtigen.“
DAS sollte man niemals ausser acht lassen.
Da geht unsere Meinung auseinander 😉
Hätten sie die Schule gesprengt oder den Jungen mit 5 Schüssen in den Kopf getroffen würde ich dir zustimmen das würde ich als unverhältnismäßig ansehen. Bei einem Amoklauf bei dem nicht feststeht was für Waffen der Täter hat, sehe ich den Einsatz einer MP als verständlich an vielleicht nicht optimal, im nachinein betrachtet, aber durchaus verständlich.
Wäre es alltäglich und wären die Polizisten routiniert in derartigen Einsätzen könnte ich diese Kritik nachvollziehen, dass ist bei uns aber derzeit nicht der Fall und meiner Meinung nach kann keine noch so tolle Übung einen Menschen auf eine derartige Situation vorbereiten.
Auch Polizisten sind Menschen das sollte man ebenfalls nicht vergessen.
@Tefnut:
Unterschiedliche Meinungen sind das Salz in der Suppe der Diskussion. 🙂
GANZ zum Schluß glaube ich, liegen wir aber nicht soooooo weit auseinander, was die Betrachtung angeht.