Rauchverbot und ich stochere im Bienenstock

Ich bin froh endlich den Absprung geschafft zu haben und nun auch Nichtraucher zu sein. Vielleicht habe ich als ehemaliger (starker!) Raucher die Möglichkeit beide Seiten (Raucher und Nichtraucher) zu verstehen, vielleicht liegt es auch nur daran dass ich Extremisten und Bekehrer eher hasse als mit ihnen sympathisiere.

Als Raucher fragte ich – nach dem Essen, als Gast oder ähnlichen Momenten – stets, ob es stören würde wenn ich jetzt eine Zigarette anstecken würde. Diese Frage kam immer gut an. Manchmal wurde ich gebeten nicht zu rauchen, manchmal wurde mir erklärt, es würde die Anwesenden nicht stören. Man einigte sich und gut. Nun gibt es Menschen, die den Zigarettenrauch überhaupt nicht abkönnen – meine Mutter gehört zu diesen. Wenn ich meine Eltern besuchte wurde draussen (auf dem Balkon) geraucht. Da brach ich mir keinen Zacken aus der Krone – man respektiert sich und vor allem das Hausrecht des Gegenübers.

Wenn ich mir jetzt anschaue, welch Welle in Bayern losgetreten wird, wird mir ganz schwindelig: Grenzensloses Rauchverbot in allen öffentlichen Räumen. Was kommt als nächstes? Muss man eine Unterhose im Leopardenlook tragen, wenn man Essen oder ein Bier trinken geht?

Der Tweet der Fragestellung bringt die eigentliche Problemstellung zum Ausdruck:

Was wollt ihr eigentlich immer mit „gegenseitiger Toleranz“? Eigentlich mussten doch immer nur die Nichtraucher tolerieren.

Ich weiss nicht in welchen Freundes- und Bekanntenkreisen einige Nichtraucher unterwegs sind, aber ist nicht Entgegenkommen und aufeinander zugehen das Mittel des Miteinander? Da sind sie wieder: Die aggressiven Raucher stehen den aggressiven Nichtrauchern gegenüber und die ausgleichenden Personen beider Gruppierungen sind die eigentlichen Opfer.

Das ist ein bisschen, als wenn sich Veganer beschweren, dass es im Steakhaus kein Tofu gibt. Warum kann es nicht Raucher- und Nichtraucheretablissements geben? Dann entscheide ich wohin ich gehe. Oder die Gruppe entscheidet. Sicherlich werden „gute Lokationen“ selbst dann von Rauchern aufgesucht, wenn diese die Zigarette vor der Tür rauchen müssen. Wer nimmt  sich das Recht heraus der verrauchten Studentenkneipe oder dem Pub die Patina der wunderschönen dunkelweissen Tapete zu nehmen? Wenn mich der Qualm stört, dann gehe ich in die nächste Kneipe und gut ist.

Ich will die Gesundheitsgefährdung durch „mitrauchen“ nicht ausblenden. Aber es wird doch niemand gezwungen in eine Raucherkneipe zu gehen. Und wer sich vom Freundeskreis gezwungen fühlt, sollte sich doch lieber einmal Gedanken über seinen Bekanntenkreis machen, als dass er pauschal die Verbotskeule rausholt.

Man sagt, dass die militantesten Raucher die Ex-Raucher sind. Bei mir in der Wohnung dürfen Gäste noch rauchen. Mir stört es nicht.

13 Gedanken zu „Rauchverbot und ich stochere im Bienenstock

  1. Man sagt, dass die militantesten Raucher die Ex-Raucher sind. Bei mir in der Wohnung dürfen Gäste noch rauchen. Mir stört es nicht.

    Sehe ich genauso, auch ex-Raucher.

    Kann sogar inzwischen mal den Rauch einer Selbstgedrehten genießen – ohne den Drang/die Sucht zu verspüren, rauchen zu müssen.

  2. Der Gedanke der gegenseitigen Toleranz gefällt mir sehr gut und ich stimme dir voll zu, dass durch dieses Verbot Rücksichtnahme in keinster Weise gefördert wird.
    Allerdings ist die Vorbildfunktion der Raucher zu beachten. In älteren US-Filmen rauchen die „coolen“ Darsteller noch – heute ist das nicht mehr so. Ich finde die gelben Sperrbereiche für Raucher an Bahnhöfen zwar etwas lächerlich, aber der Effekt, dass Raucher unbewusst als Aussenseiter gesehen werden, könnte sich durchaus einstellen. Ich finde es wichtig, dass Kindern und Jugendlichen möglichst wenig gezeigt wird, dass geraucht wird, es normal ist und man dadurch sogar cool wirken kann.

  3. @Nina:

    Natürlich muss man dem Nachwuchs deutlich machen, dass rauchen eine Sucht ist und kein Zeichen von Alter oder „Coolness“ sondern ein Zeichen von Schwäche ist.

    Gleiches gilt nebenbei für Alkohol! Kommt nun auch ein Alkoholverbot in den Bierzelten?

  4. Nach 3 Jahren als Nichtraucher hab ich nun das Pfeife rauchen angefangen – und trotzdem für das Rauchverbot gestimmt.
    Für mich war es auch weniger eine Frage der Toleranz oder Freihet, sondern von Kommerz und Lobby-Arbeit.
    Und da find ich 61% gegen die Gastro- und Tabak-Industrie bemerkenswert.

    Auch empfinde ich, meine weitere Entmündigung als Raucher, durch diesen Volksentscheid nicht so dramatisch. Schließlich habe ich meinen freien Willen in bezug auf Nikotinkonsum schon vor Jahren abgegeben und bin „Opfer“ meiner Sucht.

    (Fazit: Meine Freiheit wurde dort eingeschränkt wo ich nicht frei war – also Schmarrn)

  5. Das kommt halt davon, wenn man das Volk fragt. War wohl ein Fehler. Die eigentliche Mehrheit hat sich rausgehalten, aber auch in Kauf genommen, dass es nun das strikte Verbot gibt. Es gab aber genug Ja-Stimmen. Also ist trotz Megalobbyarbeit ein Votum da.

    Ich stelle mir grad genüßlich vor, was Du schreiben würdest, wenn in Bayern die Politiker nun sagen würden, „ach, pfeif drauf, wir erlauben das Rauchen jetzt doch“.

    Und last but not least: Auch wenn das Argument nicht neu ist, so übersiehst/ignorierst Du hier doch, dass manche Leute in der Kneipe arbeiten, weil sie davon leben müssen. Frag die, ob sie sich freiwillig dort aufhalten (sie werden ja sagen) und dann frag, was passieren würde, wenn sie auf einen rauchfreien Arbeitsplatz bestehen würden (sie würden an die rauchfreie Frischluft befördert werden) und dann kann man ja sagen, mei, klar, selber schuld, die wussten ja, worauf sie sich einlassen, und dann … nun, klar oder? Dann verlegen wir die Geschichte an einen anderen Arbeitsplatz und Du rückst aus, wie ich Dich kenne, als Retter der armen unterdrückten arbeitenden Bevölkerung und irgendwelche Raucherrechte sind sekundär. (Und für Deinen Einsatz für die Rechte der Schwächeren schätze ich Dich ja bekanntlich, deshalb tut es mir fast leid, Dir so einen boshaften Kommentar zu hinterlassen *gg*)

  6. @SvB:

    Ich stelle mir grad genüßlich vor, was Du schreiben würdest, wenn in Bayern die Politiker nun sagen würden, “ach, pfeif drauf, wir erlauben das Rauchen jetzt doch”.

    Dann würde ich schreiben, dass ihr in Bayern jetzt auch Hamburger Verhältnisse habt. Denn der Hamburger Senat hat eine Volksentscheid (77% DAGEGEN ) gegen den Verkauf des „Landesbetrieb Krankenhaus“ privatisiert.

    MICH wundert gar nichts mehr.

    Und boshafte Kommentare kann ich gut ab. Ich ignoriere die geflissentlich. Schon vergessen? Ich bin Hamburger 🙂

  7. @reizzentrum:

    Alkohol wird normalerweise nicht auf offener Straße und nicht zu jeder Tageszeit konsumiert. Wenn ich tagsüber jemanden mit einem Bier in der Hand sehe, habe ich ein unwohles Gefühl – bei einer Zigarette sieht das anders aus. Alkoholismus ist ohne Zweifel ein großes Problem in Deutschland, allerdings ist der Ansatz dort nicht im öffentlichen Konsum zu suchen.

  8. @Nina:

    Ist es nicht so, dass gerade die Öffentlichkeit und Normalität des Genusses die grösste Gefahr darstellt? Es ist normal, dass man Alkoholika zu sich nimmt – es ist normaler als das Inhalieren von Nikotin. Die Kollateralschäden durch Alkoholmissbrauch und der damit einhergehenden Enthemmung stehen auf einem anderen Blatt: Wie viele Menschen wurden schon krankenhausreif geschlagen weil der Täter mehr als 10 Zigaretten geraucht hat? DAS muss man mal untersuchen 🙂

  9. Ich denke, das geht andersrum: Ich will nicht wissen, wieviele Leute krankenhausreif geschlagen wurden, weil der Täter keine Zigaretten mehr hatte … (scnr)

    Und dann stelle ich mir grad vor, was passiert, wenn auf dem Oktoberfest ein Alkoholverbot im Festzelt ausgesprochen wird. Was machen die Leute dann noch im Zelt? Die Musik kann es nicht sein 🙂

  10. @SvB:

    Dann muss wohl das ganze Fest abgesagt werden.

    Wäre es nicht besser, wenn wir ALLE uns etwas mehr bemühen dem Gegenüber,Nachbarn etc. seine Freiheiten zu ermöglichen?

    Wollen wir wirklich unsere Energie darauf verwenden uns gegenseitig den – auch unvernünftigen/ungesunden – Spass zu nehmen?

  11. Das absolute Rauchverbot ist auch ein Sieg Davids gegen Goliath. Die Nichtraucher hatten einen Wahlkampf-Etat von etwa 70.000 Euro, die Raucher, dank Industrie- und Verbandsspenden mit über 600 000 Euro fast das Zehnfache. Hurraaa… diesmal hat der Zaster mal nicht gesiegt!!! Bravo! Aber die Wahlbeteiligung war mit knapp 40 Prozent nicht sehr hoch. Es ist also offen, inwieweit dieser Sieg die Meinung der bayrischen Bevölkerung widerspiegelt.
    Liebe Grüße, Joana.

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