Bin ich links? Gedanken zu Hamburg und G20

Ich frage mich dieser Tage, ob ich eigentlich „Links“ bin. Bis letzte Woche oder so, war ich dies – glaube ich. Aufgewachsen in einem Sozi-Haushalt, in dem es quasi Plicht war, der Gewerkschaft beizutreten, in dem Moment in dem das eigene Geld verdient wurde. Erzogen in dem Gedanken, auch an andere zu denken und sozial zu agieren – eben kein Egoist zu sein (danke Mama – ja, und bei allem Stress auch dir Papa!).

Nach der Kindheit kam die Jugend und die Erkenntnis, dass die Sozen eben auch nicht mehr so sozial sind. Dass die Gewerkschaftsbosse die gleichen Autos fahren, wie die Arbeitgebervertreter und auch die gleichen Anzüge tragen. Vertreten die noch die Interessen der kleinen Leute? NEIN! Ich entschied mich sozialer agieren zu wollen, als diejenigen die sich „sozialdemokratisch“ nennen. Und ich wollte ein Demokrat sein, ein echter Demokrat, einer der sich auch mal selbst zurücknehmen kann, wenn er das Pech hat mit seiner Meinung eher allein zu stehen.

Und ich wollte für die Freiheit sein – die Freiheit aller Menschen! Diktaturen – egal welcher Ausrichtung fand ich schon immer scheiße. Egal ob man diese Diktatur faschistisch oder einen „diktatorischer Sozialismus“ nennt.

Ich versuche meine Mitmenschen zu verstehen, diskutiere viel und gerne. Liebe den kontroversen Diskurs. Stelle mich der Diskussion, um meine eigene Meinung selbst zu hinterfragen und hinterfragen zu lassen.

Ich schweife ab, OK. Worum geht es eigentlich? Es geht um Hamburg, um G20. um Gewalt von Seiten der Polizei und Gewalt von „Demonstranten“.

Es sind Tweets wie dieser hier, die mich nachdenklich machen, ob ich mich eigentlich noch Links nennen darf, oder ob ich mittlerweile so alt geworden bin, dass ich ins konservative Lager abgerutscht bin:

Wer sich heute über Sachbeschädigung aufregt, dabei die Polizeigewaltsorgie von gestern, heute & morgen vergisst, tschüss und block

Ist es „links“, wenn man die Fensterscheiben von Einzelhändlern einwirft?

Kaputte Fensterscheiben zwischen U-Bahn Lutterothstraße und Osterstraße. Fast alle Läden betroffen. Von der Bank bis zum Bäcker. Warum?

Ist es links, wenn man am Straßenrand geparkte, private Kleinwagen anzündet?

Ja, es gibt auch Bilder von Polizeigewalt. Definitiv. Ich will die Gewalt, die von der Polizei ausgeht keineswegs verneinen, es gab widerliche Bilder und ich habe auch diese wahr genommen:

Aber(jetzt kommt der Satz mit dem dicken „aber“): Ist Gewalt gegen das Eigentum Unbeteiligter ein probates Mittel sich gegen Polizeigewalt zu wehren? Treffe ich mit dem Abbrennen des PKWs den Staat? Oder vielleicht einen Studenten, der neben dem Studium nächtelang arbeitete um sich seinen Wagen finanzieren zu können? Wer zahlt die eingeschlagenen Scheiben? Ist es der Besitzer des Ladens, der die Kosten auf den Preis raufhauen muss, was dann wieder von unserem Studenten bezahlt wird? Oder zahlt es die Versicherung, bei der vielleicht auch unser Student sein Auto oder anderes versichert hat? Merkt ihr selbst, oder? Weder die Bonzen noch die Politiker leiden wirklich unter der Randale. Es ist eher der kleine Mann von der Strasse, der den ihr (vorgeblich links) behauptet zu vertreten.

Wisst ihr was: Wenn jeder, der mehr hat als andere ein Kapitalist ist, dann gibt es nur eine Personengruppe die eben keine Kapitalisten sind: Das sind Obdachlose! Denn im Vergleich zu denen seid auch ihr Randalierer – egal, ob ihr Werktags ein Lacoste-Poloshirt oder ein billiges Shirt vom Grabbeltisch tragt – Kapitalisten, denn ihr habt mehr als sie. Zumindest irgendein Dach über dem Kopf – wenn ihr nicht gerade vom Campingverbot betroffen seid.

Wenn also das, was ihr Randalierer da gerade in Hamburg veranstaltet „links“ ist, dann will ich kein Linker sein. Denn ich müsste mich schämen, wenn man mich als einen solchen bezeichnet.

4 Gedanken zu „Bin ich links? Gedanken zu Hamburg und G20

  1. Das war nicht links, das war doof. Und was weißt du auch selber. Falls du es gerade vergessen hast (kann bei dem medialen Dauerfeuer schon mal passieren), orientiere dich wieder neu, lies mal nebenan und bei anderen „Linken“ und du wirst sehen, dass die alle durch die Bank keinen Bock auf Randalierende Jugendliche haben. Denn das eine ist NICHT gleich das andere 🙂

    Kopf hoch, Großer!

    • Weiß ich doch. Die Fragestellung war mehr provozierend denn verzweifelt gestellt.
      Obschon EIN Detail mich verzweifeln lässt: Mein Pazifismus wird von den Aktionen dieser Deppen auf eine harte Probe gestellt 🙂

      • na komm, einen noch:

        Mögen die Randalierer so links wie die in der Neujahrsnacht in Köln oder der Attentäter von Henriette Reker gewesen sein – wen interessiert das noch? Auf die Hirnlosigkeit des Publikums ist Verlaß.

        schrottpresse: Rote Flora

        und ja:

        Mein Pazifismus wird von den Aktionen dieser Deppen auf eine harte Probe gestellt

        Das kann ich dir nicht verübeln. Deppen bleiben halt Deppen.

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