Der gespielte Witz: O2-Webchat-Support

Wenn einer eine Reise tut, dann kann er was erzählen. Es sei denn, er möchte dies im Internet tun und hat O2 als Mobilfunkanbieter.

Es fing damit an, dass schon zum Reisebeginn kein Datenroaming möglich war. Ging nicht. Meine Versuche dies kostenneutral über WLAN mit dem Webchat-Support von O2 zu klären brachte als Antwort der Spezialspezialisten vom O2-Webchat: „Muss am Telefon liegen, ist wohl kaputt“.  Deren Kollegen von der Twitter-Fraktion waren deutlich hilfreicher, wussten diese doch, dass bei alten Verträgen ein neuer APN namens „Internet.partner1“ im Telefon angelegt werden muss. Dann klappte es auch mit dem internationalen Roaming bei O2.

Die darauf folgende Odyssee begann am Tag der Nutzung des Roamings mit einer SMS:

Lieber Kunde, der mtl. Maximalbetrag von 59,50 EUR für EU-Daten-Roaming ist nahezu erreicht. Danach entstehen keine weiteren Kosten für die Internetbenutzung.

Hey, das ist doch klasse, dachte sich der Trottel mit O2-Vertrag, der gerade diesen Artikel schreibt. Die 60€ sind verdaddelt, danach keine weiteren Kosten – scheiss drauf, die 60€ habe ich im Urlaub glatt über.

Tja, die Rechnung ohne den Wirt gemacht, denn die nächste SMS kam am selben Tag:

Lieber Kunde, ihre Datenrate wurde für den Rest des Monats auf GPRS Geschwindigkeit gedrosselt. Für Alternativen wenden Sie sich bitte an die Kundenbetreuung.

Verdammt! GPRS. Drosselung. Aber was solls. 64KBit reichen doch auch aus für mobile Daten. Am „Stützpunkt“ habe ich ausreichend schnelles WLAN und was macht man schon unterwegs. Ein bisschen Twitter/Google+ und Ingress daddeln. Da soll mir GPRS doch reichen. Und so war es dann auch. Aber nur für 4 Tage, denn 4 Tage nach der GPRS-Drosselung erhielt ich eine weitere SMS:

Lieber Kunde, Ihre Datenübertragungsrate wurde für den Rest des Monats weiter gedrosselt. Für Alternativen wenden Sie sich bitte an die Kundenbetreuung.

„Moment mal! Weiter gedrosselt? Was bedeutet denn das? Ach was, da ist bestimmt etwas doppelt gelaufen, langsamer als 64KBit – so frech werden die nicht sein“. Das waren so ungefähr meine Gedanken als ich diese SMS las. Aber verdammt, die meinten das ernst. Ich befand mich fernab der WLANs dieser Welt in einem fremden Land und meine Datengeschwindigkeit war so weit eingeschränkt, dass ich nicht einmal mehr Twitter aufrufen konnte. NIX ging. Außer meinem Blut – das pulsierte deutlich und meine Frau war etwas unentspannt, da ich ohne Internet echt sauer lief. Aber irgendwann „piepste“ mein Nexus: Ich hatte eine Message aus einem Hangout empfangen. Blöde war nur, dass diese Nachricht 3 Stunden alt war. Ich hatte also Internet, aber anscheinend nur GAAAAAAANNNNNZ langsames, so dass diese Nachricht 3 Stunden brauchte um sich durch das Nadelöhr O2-Roaming zu quetschen. Puls steigt weiter.

Wieder am „Stützpunkt“ mit verfügbarem Internet also mal versucht, den O2-Webchat-Support anzutriggern. (Nun kommt ein längerer Zitattext, wer wissen möchte wie sehr O2 das Roaming nach ca. 85MB beschneidet, liest bitte viel weiter unten weiter …

Als Entree schreibt man in ein Chatfenster, um was für ein Problem es sich handelt:

[Kunde1000]: Datenroaming in Frankreich: Ich erhielt einer SMS (4.10)“Max-Betrag 59,50€ danach keine weiteren Kosten“ – danach SMS (4.10) „Auf GPRS gedrosselt“, danach (9.10)“Übertragungsrate wurde weiter reduziert“. Danach (jetzt) ist Datenbetrieb quasi unbenutzbar. Und jetzt?

Ich denke, ausreichend klar gemacht zu haben, worum es geht. Mal sehen.

Supporter_1: Herzlich willkommen bei Ihrer Kundenbetreuung.

Supporter_1: Um welche Rufnummer handelt es sich?

[Kunde1000]: N’Abend

[Kunde1000]: $Rufnummer

Supporter_1: Einen Augenblick bitte, ich leite Ihren Fall direkt an die Fachabteilung weiter. Hier erhalten Sie alle nötigen Informationen.

[Kunde1000]: Danke

Supporter_1: — Chat wird weitergeleitet… —

Whow, Klasse. Supporter_1 hat das Problem erkannt und nun werde ich gleich mit einer Person sprechen können, die mir weiterhelfen kann: Fachabteilung!

Supporter_2: Guten Abend und willkommen im Chat von O2 DSL. Sie chatten mit Frau Supporter_2.

[Kunde1000]: N’Abend

[Kunde1000]: O2-DSL? Ich habe eher ein Mobiltelefon/Tarfif/Technik Problem

Supporter_2: dann haben sie Ihr Volumen aufgebraucht und es ist jetzt gedrosselt

Ja, soweit war ich auch schon.

[Kunde1000]: Auf GPRS wurde es schon vor einer Woche gedrosselt. Heute NOCH weiter gedrosselt?

Supporter_2: ja

[Kunde1000]: Auf welche Geschwindigkeit denn bitte? Selbst Twitter (um dort den O2-Chat zu erreichen) ist unbenutzbar…. 🙁

Supporter_2: ja das ist so bei einer Drosselung

Ahh, bei einer Drosselung kann man nicht mehr twittern. Ist diese Erkenntnis allgemeingültig? Und auf welche Geschwindigkeit wurde gedrosselt?

[Kunde1000]: Und die Werbeaussage „Max-Betrag 59,50€ danach keine weiteren Kosten“ ist ja auch echt daneben – eher Bauernfängerrei

[Kunde1000]: Aber auf welche Geschwindigkeit wird NACH der GPRS-Drossel denn noch weiter reduziert?

[Kunde1000]: 10Bit/Sekunde?

[Kunde1000]: Und wie bitte ist denn das Volumen bis 1) Umschaltung auf GPRS und danach quasi Unbenutzbar-Drosselung?

Auf meine Fragen WIE weit denn nun runter gedrosselt wurde, und wie denn die Volumenschritte (auch bis Drosselung auf GPRS) entsteht erst einmal eine Pause. Eine längere Pause – eine LANGE Pause.

[Kunde1000]: Sind Sie noch da?

Supporter_2: ja ich bin noch da

Ahhh, welch Glückes Geschick – es lebt noch.

Supporter_2: ihre Geschwindigkeit ist gedrosselt

Soweit waren wir – glaube ich schon.

Supporter_2: da sie sich im Ausland befinden nutzen Sie dort gerade den ansässigen Anbieter (Roaming) dort haben wir keinen Einfluss drauf

Ähhhhhhh, ich zahle 59,50€ an meinen Vertragspartner O2 und er hat keinen Einfluss darauf, was ich als Kunde dafür für eine Dienstleistung bekomme? Steile These, aber gut – es sind noch Fragen offen.

[Kunde1000]: Ab welchem Volumen auf welche Geschwindigkeit? Das ist die offene Frage

[Kunde1000]: Und ich habe eine SMS von O2 (nicht von Orange) erhalten:““Max-Betrag 59,50€ danach keine weiteren Kosten““ und nicht „Dnach kein nutzbares Internet mehr“

[Kunde1000]: Mein Vertragspartner ist O2 – und die obige Aussage macht ihr Unternehmen. Ich hätte nun noch gern die Informationen von Ihnen (meinem Vertragspartner) die Informationen ab welchen Volumen auf welche Geschwindigkeit gedrosselt wird.

Supporter_2: Sie haben auf der SIM $Rufnummer die Surfflat L, da Sie bereits Ihr Datenvolumen erreicht haben wurde dies auf GPRS gedrosselt. Da Sie sich im Ausland befinden können wir Ihnen nicht sagen in wie weit dort der ansässige Netzanbieter das Netz auslastet.

Ähh, ich war im aktuellen Abrechnungszeitraum nicht einen Tag in Deutschland. Wie kann ich meine in Deutschland gültige Flat aufgebraucht haben? Außerdem habe ich das Gefühl, dass meine Frage nicht beantwortet ist.

Supporter_2: Surfflat L: (5 GB ungedrosseltes Surf-Volumen mit bis zu 7.200 KBit/s)

HALLO! DAS weiß ich selber – ich bin aber in Frankreich und möchte gern wissen:

[Kunde1000]: Ich zahle im Ausland ZUSÄTZLICH zu meiner deutschen Flatrate 59,50 für internationales Roaming im Tarifgebiert 1/2. Meine Surfflat ist nur in Deutschland gültig und diese habe ich im Monat Oktober noch nicht benutzt.

Supporter_2: danach danach 64 KBit/s.

[Kunde1000]: Ich möchte nun gern von Ihnen wissen, welche Datenraten ich für das Dataroaming im Ausland für 59,5€ bekomme. Denn nach diesem Tarif werde ich seit dem 04.10. abgerechnet, da ich mich in Frankreich aufhalte

Supporter_2: alle Tarife gelten nur für Deutschland

Loriot: Ach. Exakt aus diesem Grunde spreche ich immer und immer wieder von Roaminggebühren für internationalen Traffik

Supporter_2: im Ausland fallen immer die zusätzlichen Roamingkosten an

Nochmal Loriot: Ach

[Kunde1000]: Exakt: 59,50€ wie ich wiederholt schrieb. Und für diesen – von O2 an mich berechneten Dienst – hätte ich gern die Information Nach welchem Datenwolumen auf welche Geschwindigkeit gedrosselt wird. Diese Frage stelle ich seit Anbeginn des Chats und habe noch keine Antwort

Supporter_2: das hatte ich ihnen bereits geschrieben

Supporter_2: (5 GB ungedrosseltes Surf-Volumen mit bis zu 7.200 KBit/s) danach 64 KBit/s.

HILFE! Wir drehen uns im Kreis und ich frage mich ob ich hier gerade massiv verarscht werde.

[Kunde1000]: Sie beschreiben wieder meine Surfflat-L, welche in Deutschland gilt. NICHT das Volumen für Internationales Roaming, für welches zusätzlich zu der Surfflat mit 59,50€ berechnet werden.

[Kunde1000]: Ich habe in 6 Tagen in Frankreich nichtmal einen Bruchteil der 5GB genutzt

Supporter_2: ich kann ihnen keine andere antwort geben als das was ich Ihnen bereits immer wieder mitgeteilt habe

[Kunde1000]: Sie können die Frage nach der Datenrate IHRES Produktes INTERNATIONALES DATA-ROAMING im Europa-Tarif 1/2 für 59,50€ also nicht nennen?

Supporter_2: ich kann ihnen alles das nennen was ich bereits geschrieben hatte

[Kunde1000]: Sie haben ausschlieslich auf die Surfflat-L (5GB – danach drosselung auf 64KB) Bezug genommen, welche nur in Deutschland nutzbar ist. Sie haben NICHT auf die Werte des internationalen Roaming Bezug genommen, was aber meine Frage ist

Supporter_2: rufen Sie gern die Hotline an, ich kann Ihnen hier nicht weiterhelfen

[Kunde1000]: WIE BITTE? Ich soll nun auch noch ein internationales Telefonat – mit möglichst langer Warteschleife – finanzieren, weil SIE mir keine Info zu dem Produkt „internationales Roaming“ geben können?

Supporter_2: da wir hier beide nicht weiterkommen , ja

[Kunde1000]: Ich mache Sie darauf aufmerksam, dass ich unsere Unterhaltung 1) In meinem Blog veröffentlichen werde (Name wird anonymisiert) und zweitens auch an meinen Anwalt weitergeben werde, da ich nicht gewillt bin mich von ihrem Unternehmen derart über den Tisch ziehen zu lassen.

Soll keiner sagen, ich hätte nicht gewarnt!

[Kunde1000]: Oder haben Sie einen Kollegen, der meine – doch recht einfache – Frage beantwortern kann?

Auch ein Ausstiegsszenario aus dem „Ich werde diese Kundenverarsche durch Supporter veröffentlichen“ zeige ich auf.

Supporter_2: Eine Veröffentlichung ist nicht gestattet. Sie machen sich damit strafbar. Aus diesem Grund werde ich den Chat jetzt beenden. Ich wünsche Ihnen noch einen angenehmen Abend.

Wieso soll das bitte strafbar sein? Es werden – durch das anonymisieren – keine Persönlichkeitsrechte verletzt. Kommunikation mit einem Vertragspartner kann im Zweifelsfall sogar unter das Transparenzgesetz fallen. Diese Chats, da diese im Zweifelsfall auch direkt Vertragsverhältnisse betreffen können – müssen sogar 10 Jahre für das Finanzamt gespeichert werden. Und ich soll nicht veröffentlichen dürfen, wie ich von einem Unternehmen verarscht werde? Sorry lieber Supporter_2, schaue mal den Namen meines Blogs an. Der gute Gernot Hassknecht ist bei mir in der Lehre gewesen! Hier wird nix unter den Tisch gekehrt.

So, ich weiß mittlerweile, wie weit runtergedrosselt wird: Die netten und hilfreichen O2-Supporter von Twitter (@02de) konnten mir nämlich helfen: Nach den von mir übertragenen 87MB (43 Incomming/44 Outgoing) wird die Geschwindigkeit bei internationalem Roaming auf 2KBit/s gedrosselt. Damit habe ich 67Cent pro MB zu übertragener Daten bezahlt und bin erwiesenermassen – als O2-Kunde – ein Volltrottel.

Gimmick am Schluß: Wer ins Ausland fährt, erhält eine SMS in der einem von O2 mitgeteilt wird, dass Datenroaming in der EU 53,55ct/MB kostet, max. 59,50€ je Abrechnunsmonat. Da ich – Gott sei’s gedankt – meinen Ein- und Ausgangstraffic protokollieren, kann ich nachweisen, dass O2 hier anscheinend einen Fall kreiert, dessen Gerichtsverwertbarkeit ich durch meinen Anwalt prüfen lassen kann.

8 Gedanken zu „Der gespielte Witz: O2-Webchat-Support

  1. Immerhin noch 2KBit, bei mir als Fonic Kunde ging da gar nichts mehr.

    Aber ist ja auch logisch, die Kostensperre greift, hat ja keiner gesagt, daß man danach noch eine Leistung zu erhalten hat.

    Eine Farce sondergleichen.

    Also wird in Zukunft in Ausland eine lokale SIM gekauft, aber dann kommen ja Samsung und Co um die Ecke und wollen einen regionalen Lock drauflegen. Gehts eigentlich noch?

    • @TabTwo:

      Ich war eben so blöd die Aussage „59,50€, danach keine weiteren Kosten“ wörtlich zu nehmen und nicht als „Danach drehen wir das Licht aus“ (was es defacto bedeutet) zu verstehen.

      Und – wie gesagt – mit 2KBit kannst Du nicht mal mehr Twitter aufrufen um dort den O2-Support zu erreichen. Insofern ist 2KBit gleichzusetzen mit „kein Internet“

  2. Sehr geehrter Kunde,

    leider ist es uns nicht möglich ihre Support Anfrage per Blog Eintrag zu bearbeiten. Bitte wenden sie sich an unseren Experten Webchat auf o2.de. Für nur 2,99 € können sie zusätzliche 550 KB buchen, um ihr Chat-Erlebnis zu verbesseren. Danach entstehen keine weiteren Kosten.

    Ihr O2 Support Team

    p.s.: Kennen sie schon unseren Junge Leute Tarif? Für nur 5,99 extra im Monat können sie grenzenlos surfen. Egal zu welcher Uhrzeit. Wir beraten sie gern, auf unserer Hotline. Für nur 4,99 können sie einen Auslandstarif buchen, um grenzenlos günstiger zu telefonieren. Nur für begrenzte Zeit.

    • @O2 Support:

      Wenn dieser Kommentar tatsächlich vom O2 Support Team kommen sollte, scheinen diese Damen und Herren nicht einmal des Lesens (Verstehens) mächtig zu sein. Denn exakt der im Kommentar angesprochene Web-Chat-Support war ja nicht in der Lage mir zu helfen.

      Und der Satz „Danach entstehen keine weiteren Kosten“ entspricht der Wahrheit, da ja – wie oben bereits beschrieben – nach Erreichen des Limits das Internet stumpf auf unbenutzbare Geschwindigkeit gedrosselt wird.

      Am sichersten ist es also weiterhin O2 gar nicht zu benutzen.

  3. Pingback: Froschs Blog: » Im Netz aufgefischt #131

  4. Also abgesehen davon das ich von O2 eh nichts halte, warum hast Du dir keine Prepaid vor Ort zum surfen geholt? *kopfschüttel*

    So etwas passiert einem nur einmal, das ist Lehrgeld!

    • @Daniel:

      In Paris hatte ich nur einen kurzen Aufenthalt (auf einem Sonntag) und mein Aufenthaltsort war weitestmöglich von jeglichen Mobil-Shops entfernt. Ohne Auto = Verloren. Aber unterm Strich hat es auch einen Vorteil, dass ich – dank O2 so tief ins Klo greifen durfte: Ich kann diesen Artikel schreiben und werde nach dem Urlaub diesen Fall mit der Verbraucherzentrale, dem Heise Verlag und nicht zuletzt mit (m)einem Rechtsanwalt weiter verfolgen. Vielleicht können andere – nach mir – von meinen Erfahrungen profitieren. DANN wäre es mir den Ärger wert.

  5. Was mich immer wieder dazu führt, im Ausland (egal ob EU oder nicht) nach der Ankunft in den nächstbesten Handy-Shop aufzusuchen, für 10 Euro (oder entsprechnde Alternativwährung) eine Prepaidkarte zu kaufen, dort direkt im Shop das für mich passende einmalige Internetvolumen zu buchen und im Urlaub glücklich zu werden. Und notfalls kann man nochmal upgraden, wenn das Volumen nicht ausreichend war.

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