Die Bewährungsstrafe von Winnenden

Ich habe noch nie einen Hehl daraus gemacht, dass ich den Balla-Balla-vulgaris (den gemeinen Sportschützen) für latent-potentiell mitschuldig an bewaffneten Amokläufen halte. Es sind nicht die „Killer“spiele, die allen Tätern gemein sind, es ist die Waffe die leicht zu beschaffen war.

Das Landgericht Stuttgart hat nun heute den Vater des „Amokläufers von Winnenden“ schuldig gesprochen.

Nach Meinung der Richter hat sich der Vater der 15-fachen fahrlässigen Tötung und der fahrlässigen Körperverletzung in 14 Fällen schuldig gemacht.

Quelle SWR. Eine Meinung, der ich mich vorbehaltlos anschliesse. Der Besitz einer Waffe impliziert eine sehr weitgehende Verantwortung. Waffen sind keine Spielzeuge und ich selbst reagiere (trotz oder wegen einer Ausbildung an vielen Handfeuerwaffen) äusserst allergisch auf Waffen in meiner Nähe.

Was ich aber keineswegs verstehe ist das Strafmass:

Das Landgericht Stuttgart hat den Vater des Amokläufers von Winnenden und Wendlingen zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt.

Dieses Strafmass werte ich als erhobenen Zeigefinger, aber nicht als Strafe die das begangene Vergehen gerecht bestraft.

Erklärung: Eine Bewährungsstrafe hat typischerweise den Sinn den Täter eine letzte Warnung zukommen zu lassen. „Mache dies nie wieder, sonst wird die Gesellschaft dich strafen“. Bewährungsstrafen machen Sinn. Viele jugendliche Kleinkriminelle könnten – bei rechtzeitiger, zeitnaher Bestrafung (Schuss vor den Bug) – vielleicht von Wiederholungstaten abgehalten werden. Wie hoch aber mag die Gefahr sein, dass sich ein Waffenbesitzer durch sein Fehlverhalten nochmals einer fahrlässigen Tötung oder fahrlässigen Körperverletzung schuldig macht?

Wäre ich Waffenbesitzer, was würde ich aus diesem Strafmass lernen? Wäre ich gesellschaftlich motiviert stets den Verschlusszustand meiner Waffen zu kontrollieren? Wäre eine Bewährungsstrafe Grund genug Nachts aufzustehen und nochmal am Schloss des Schrankes zu rütteln – nur um sicher zu sein ?

Der Tod des eigenen Sohne wiegt schwer – ist ein Verlust der mir als Vater ganz sicher schlaflose Nächte und Schuldgefühle bescheren würde. Aber es geht nicht um den eigenen Sohn – der ist in diesem Fall (so hart es klingen mag) Kollateralschaden. Es geht um die Opfer, die Angehörigen der Opfer und an all die traumatisierten Schüler, die diesen Amoklauf zwar unverletzt überlebten, aber dennoch sicher unter der Tat litten.

Was bringt mich zu solch harten Worten gegen den Vater:

Nach Überzeugung des Landgerichts hat der Vater von den Tötungsfantasien seines Sohnes gewusst. Im April 2008 und damit knapp ein Jahr vor dem Massaker seien die Eltern von den Ärzten der psychiatrischen Klinik in Weinsberg darüber informiert worden. Dort hatte Tim K. bei einem therapeutischen Gespräch gesagt, er habe einen Hass auf die ganze Welt und stelle sich vor, die ganze Menschheit umzubringen.

Der jetzt verurteilte Vater habe seinen Sohn sogar nach dem ersten Therapiegespräch zum Schießtraining in den Schützenverein mitgenommen. Der Angeklagte habe nicht nur die spätere Tatwaffe ungesichert in einem Schlafzimmerschrank aufbewahrt. Er habe auch größere Mengen Munition im ganze Haus verteilt herumliegen lassen. Dadurch sei es Tim K. leicht möglich gewesen, über längere Zeit die große Zahl an Patronen anzusammeln, die er beim Amoklauf am 11. März 2009 dabei hatte: 285 Schuss Munition.

Sollte all dies den Tatsachen entsprechen, hat sich der Vater schlicht unverantwortlich verhalten. Unverantwortlich was die Erziehung seines Sohne angeht und unverantwortlich, was den Umgang mit den Waffen und der Munition angeht. Ist der Umgang mit den Waffen – im Bewusstsein um die Phantasien seines Sohne nicht sogar grob fahrlässig?

Wenn die Verteidiger anbringen:

Die Verteidiger plädierten hingegen dafür, von einer Strafe ganz abzusehen. Das Leben des Angeklagten sei zerstört. Auch er habe seinen Sohn verloren. Die Familie habe wegziehen müssen, lebe an einem geheimen Ort und sei vom wirtschaftlichen Ruin bedroht. Sie sei seit dem Amoklauf sozial isoliert und müsse mit einer neuen Identität leben.

Muss ich feststellen: Selbst Schuld. Der Vater hätte (wahrscheinlich als Einziger) die Möglichkeit gehabt, die Tat zu verhindern. Er hat unverantwortlich gehandelt und die von den Verteidiger vorgebrachten Argumente sind – in meinen Augen – lächerlich. Das ist als wenn ein Mörder auf Freispruch plädiert, weil er bei der Flucht aus einem fahrenden Bus gesprungen ist und sich verletzte. Ursache->Wirkung.

Ja, manchmal bin ich hartherzig.

Warum die Verantwortlichen der Deepwater Horizon Mörder sind

Dieses Video sollte man den BP Verantwortlichen jeden Tag direkt nach dem aufwachen und vor dem schlafengehen zeigen.

httpv://www.youtube.com/watch?v=pxDf-KkMCKQ

Und wenn dann immer noch gefragt wird, wie ich darauf komme, dass die Verantwortlichen dieser riesengrossen Sauerei Mörder sind, der darf sich gern diese Bilder anschauen. VORSICHT: Nicht beim Essen oder auf nüchternem Magen.

Wenn ich nun davon ausgehe, dass alle Lebewesen auf diesem Planeten die gleiche Existensberechtigung haben, dann sind die Verantwortlichen dieser Katastrophe gleichzusetzen mit den Schergen der Nazi. Ich möchte keineswegs das Leid der Juden, Schwulen, Sinti, Roma und anderer Verfolgter schmälern. Nichts liegt mir ferner als dieses. Aber wenn ich mir vorstelle wie viele Lebewesen im Golf von Mexiko sterben, weil ein paar skrupellose Menschen den persönlichen Profit über den Wert von Tausenden von Lebewesen stellen, dann frage ich mich, ob die Todesstrafe in den USA auch für Verantwortliche eines solchen Massakers an der Natur Anwendung findet. Oder zumindest eine mehrfache(!) lebenslange Freiheitsstrafe  zu erwarten ist.

Am Ende aber werden die Verantwortlichen sich auf ihren Luxusyachten zur Ruhe setzen und sich über die Deppen totlachen deren Leben sie ruinierten.

Via Fefe. Und einen Gruss an Enno 🙂