Heiner Geissler soll es richten #S21

Heiner Geissler, einer der letzten echten Politiker unseres Landes ist von Mappus gebeten worden zu schlichten.

Entweder ich irre mich ganz massiv in meiner heutigen Einschätzung der Person Geisslers, oder Mappus ist noch dämlicher als ich ihm ohnehin schon unterstellte. Geissler war früher innerhalb der CDU ein ähnlich scharfer Hund wie es Strauss in der CSU oder Wehner in der SPD waren. Wenn Geissler nach vorn ging, wurde es laut und die Opposition hatte nichts zu lachen.

Seit gefühlten 20 Jahren kann Geissler aber nicht mehr verheimlichen, dass eine schwere Altersweisheit ihm den Schlaf zu rauben droht. Ob Mappus folgendes Zitat von Heiner Geissler kennt:

„Wenn mich einer anfasst, dann schlage ich zurück – und wenn es ein Polizist ist, dann schlage ich zurück. Wenn ich demonstriere, dann übe ich ein Grundrecht aus, dann lasse ich mich nicht anfassen – von niemandem.“

Oder kennt der nur die alten Texte, in denen er den Linken und Sozis so richtig Feuer unterm Arsch machte?

Ich traue es Heiner Geißler deutlich eher zu zwischen den Fronten zu vermitteln, als ich dies bei Gauck angenommen hätte.

Nun muss als erstes ein Baustopp verkündet werden, damit eine Neu-Um- oder Gar-nicht Planung nicht noch teurer wird, als sie bis jetzt schon wurde. Denn man muss einen Fehler nicht auf Teufel komm raus bis zum Ende durchziehen. Manchmal ist es billiger „ein bisschen“ Lehrgeld zu zahlen, einzugestehen dass man (einen) Fehler gemacht hat aber sich anschliessend noch im Spiegel in die Augen sehen zu können.

Heiner Geissler, der Linke im CDU-Pelz

Die TAZ hat bereits gestern ein lesenswerter Interview mit dem Ex-CDU-Generalsekretär Heiner Geissler veröffentlich.

Die Antworten sind teilweise – weil sie von einem CDU-Mann kommen – deutlich bemerkenswert:

  • Nein. Ich verstehe nicht, warum sich Steuersenkungen rasch auf die Konjunktur auswirken sollten. Die große Masse der Menschen, die den Konsum anheizen könnten, ist davon gar nicht betroffen. Wer dagegen schon vorher nicht ganz knapp bei Kasse war, trägt das Geld lieber auf die Bank.

Damit grenzt sich Geissler total von der Linie der Regierungskoalition ab, die ja eher neigt, den „Besitzenden“ Anreize schaffen zu wollen und sich nicht auf die wahren Konsumenten konzentriert.

  • Wir stehen ja auch besser da als die anderen europäischen Länder. Es gibt allerdings einen Punkt, da sollte man rasch etwas tun: Wir sollten den Regelsatz beim Arbeitslosengeld II sofort von 351 auf 400 Euro erhöhen. Diese 49 Euro gehen direkt in den Konsum. Die Leute können das Geld gar nicht sparen. Sie brauchen es für dringende Anschaffungen, die sie bisher nicht bezahlen konnten.

Hallo Herr Geissler – spinnen Sie denn? Ausgerechnet den Schmarotzern der Gesellschaft noch Geld in den Rachen schmeissen? Aber er hat ja recht, denn nur in der untersten Rängen der Einkommenpyramide wird das Geld wirklich ausgegeben und wird nicht ausschliesslich dafür benutzt – durch höhere Nachfrage – die Börsenkurse zu stabilisieren.

Bedonders schön finde ich folgende Passage:

Manche sehnen sich nach Friedrich Merz.

Wer heute in einem Buch mehr Kapitalismus fordert, der hat sich aus einer ernsthaften Debatte abgemeldet.

Das Buch ist ein Bestseller.

Mag sein. Die Berühmtheit manches Zeitgenossen hängt oft mit der Dummheit seiner Bewunderer zusammen.

Der Geissler ist nicht nur scharfsinnig, sondern auch noch scharfzüngig. SEHR angenehm.

  • Eine Wirtschaft, die ihre Geschäfte ohne Rücksicht auf die Umwelt betreibt, ist genauso verwerflich wie der nackte Kapitalismus. Oder nehmen Sie die Bildung. Die Sanierung von Schulgebäuden, in denen der Schimmel an den Wänden hochkriecht, wäre ein besseres Konjunkturprogramm fürs Handwerk als Großprojekte, von denen nur Konzerne profitieren.

Schade, dass Politiker anscheinend immer erst DANN frei reden können, wenn sie keinen spürbaren Einfluss mehr haben.