Das monetäre Selbstverständnis von Bundestagsabgeordneten

Matthias Zimmer (CDU) hat bei Abgeordnetenwatch die Frage eines Bürger geantwortet und zeigt seinem potentiellen Wählern, wie schwach und kränkelt die Grundlagen der politischen Entscheidungen sein können.

wie können Sie mir erklären, daß die Rente zum 01.07.2011 um 1% erhöht wurde, die Politiker sich aber 3,8% bzw. 3,7% genehmigen.

nach der Diätenerhöhung beantwortet. Diese Antwort entlockt mir doch so ein-zwei Kommentare, denn passiert nicht oft, dass Politiker so offen und ehrlich antworten:

Zu recht weist Zimmer darauf hin, dass man seit 1977 „eine Gleichwertigkeit der Arbeit eines Abgeordneten und eines Richters an einem obersten Bundesgericht unterstellt“. Seit 1977 ist aber viel Zeit vergangen und wenn ich mir die Arbeit unserer Abgeordneten so anschaue, hoffe ich dass unsere Richter am Bundesgericht etwas weiser agieren. Für mich wurde dieses Gleichnis insbesondere durch die Abgeordneten – aber auch durch Minister – aufgekündigt.

Wenn Zimmer erklärt:

Mir wäre es auch lieber wenn es eine automatische Indexierung gäbe, also etwa eine Koppelung an Gehälter im öffentlichen Dienst.

So könnte ich an der Stelle bei ihm sein, wenn – ja wenn –  diese Koppelung für jegliche Gehälter und Einkommensanpassungen (also sowohl für Renter, Arbeitslose und auch für fleissige Arbeiter) gelten würden.

Frech und deutlich vom hohen Ross herunter watscht Zimmer den Fragesteller ab:

Dass die Renten der falsche Bezugsrahmen sind, das wissen Sie natürlich, insofern will ich auf diesen Teil Ihres Arguments nicht eingehen.

Sprich: Auf die Ungleichheit geht er nicht ein, um dann aber eine Parade zu fahren, die an Dreistigkeit nur schwer zu überbieten ist:

Wir sind mit unseren Entscheidungen, etwa hinsichtlich des Einsatzes von Streitkräften, direkt verantwortlich für die Tod von Menschen, seien es deutsche Soldaten in den Einsatzgebieten oder Menschen, die in den Einsatzgebieten als Kombattanten (und leider auch als Zivilisten) Schaden an Leib und Leben nehmen

Tja, ihr habt die Verantwortung dafür – den Leib zerschiessen lassen sich aber die Soldaten. Eine andere Gehaltsklasse, die wohl in Zukunft auch in Deutschland – wie bereits heute in den USA – eher den weniger privilegierten Schichten in Anspruch genommen wird.

Aber Herr Zimmer kann auch Milchmädchen-Rechnen:

Wenn ich das auf einen Stundenlohn herunter rechne bin ich bei knapp 32 Euro brutto. Von meinen Handwerkerrechnungen weiß ich: Das ist bei normalen Handwerksleistungen schon unterste Grenze.

32€ Stundenlohn ist natürlich unerträglich – noch unerträglicher ist nur der Vergleich mit dem Handwerker, der schliesslich von seinem Einkommen auch Krankheits- und Urlaubstage sowie seine Rente(n) bezahlen muss. Auch etwaige Spezialwerkzeuge müssen angeschafft werden. Anhand dieses Beispiels zeigt der Politiker wieder einmal, wie schwach er sich mit dem Metier auskennt, dass er zu einem Vergleich heran zieht – was an anderer Stelle die Grundlage seiner Entscheidung in Sachen „Leben und Tod“ oder Freiheitsrecht bedeutet.

Aber so sind sie wohl, unsere Politiker. Für 32€ kann man eben keine besseren Denker erwarten.

Mein Dank geht an Abgeordnetenwatch, bei denen unsere Politiker dem Volk so richtig zeigen können, was in ihnen steckt.

Wenn Firmen versuchen Staaten zu manipulieren #Uruguay #PhilipMorris

Dass Firmen Einfluss auf die Politik nehmen ist ein altes und vor allem dreckiges Geschäft. Schon die Entscheidungen von Fürsten und Königen wurden durch „Einflüsterer“, Nahestehende und nicht zuletzt Schmiergeld beeinflusst.

Neu scheint zu sein, einen Staat auf die Zahlung von Schmerzensgeld zu verklagen, weil dieser das Volk über die Gefahren eines Produktes aufklärt:

Die Tabaklobby fühlt sich übermächtig – und glaubt, dass sie sich alles erlauben kann. Der Konzern Philip Morris verklagt das Land Uruguay auf zwei Milliarden Dollar Schadenersatz, weil es so rabiat gegen Zigarettenkonsum vorgeht.

Quelle: Süddeutsche. Anscheinend will der Konzern einschüchtern, nicht nur Uruguay sondern auch andere Staaten, die auf die Idee kommen könnten ebenfalls rigide Nichtrauchergesetze zu formulieren.

Philip Morris setzt jährlich mehr Geld um als die uruguayische Volkswirtschaft

Und genau da scheint ein Problem zu liegen: Die Konzerne sind schlicht zu mächtig. Wieder einmal. Ich kann nur hoffen, dass das Pariser Schiedsgericht die Autonomie eines Staates als schützenswerter einstuft, als die Gewinnerzielungsabsichten eines Großkonzern.

Anmerkung: Auch wenn ich gegen die Bevormundung der Bürger bin (Nichtraucherkneipen sind mir auch als Nichtraucher ein Graus), so bin ich noch weit mehr gegen Konzerne mit Allmachtsphantasien.

Hamburger Morgenpost – Qualitätsjournalismus at its best

Es schein wirklich Praktikantenzeit bei der Hamburger  Morgenpost zu sein. Nachdem uns das ehemals recht lesbare Blatt (aber das waren Spiegel und Stern auch mal) gestern mit Robin Rösler „erfreute wird der Leser heute schon in der Schlagzeile darauf hingewiesen, dass der Schlusskonferenz ausschliesslich Legasthenikern beiwohnen:

Legastheniker bei der Mopo

Deutsche Sprache, schwere Sprache

Vorm Kindergarten! „Vor dem Kindergarten“, „vor einem Kindergarten“ oder was? Da hat ja der Hilfsarbeiter aus Anatolien ein besseres Gefühl für die deutsche Sprache als die Morgenpost.

Liebe Mopo, so etwas lesen zu müssen tut weh – es bereitet seelische Qual!

Aber nicht nur im Fach Deutsch erreichen die Redakteure der Schülerzeitung ähhhh Hamburger Morgenpost höchstens ein „teilgenommen“ auch in Mathematik und BWL tendiert man eher zu einem „Teilnahme verweigert“ als dass man gute Noten vergeben möchte. In der gleichen, heutigen Ausgabe, findet man folgendes Schmankerl :

Mopo, die MathekünstlerWas ist denn das bitte für eine Meldung? Wenn es tatsächlich stimmt, dass dieser Beamte durch das Nichtbearbeiten von 3500 Akten einen Schaden von nur 3.575€ verursacht hat, so verdient dieser Finanzbeamte doch wohl einen Orden. Denn ich gehe mal davon aus, dass ein bearbeiten all dieser Akten sicher mehr als einen Euro pro Vorgang gekostet hätte – „in den Müll“ ist eine kluge und mutige Entscheidung zur Kostendämpfung. Das sich das Bayrische Verwaltungsgericht damit beschäftigen muss, kostet ebenfalls mehr als 3.575€

Oder hat der Vorschüler, der diesen Artikel schreiben durfte, den Artikel im Wahn geschrieben und selbst nicht mitbekommen dass das Verhältnis Akten/Gesamtschaden  einfach nur unlogisch ist?

Wie sagte mein Lehrer früher immer: Nicht nur lesen, sondern auch verstehen. Aber das scheint für Redakteure der Qualitätsmedien nicht mehr zu gelten.