Google öffnet die Büchse der Pandora

Nun also doch: Internetriese Google gibt den Grundsatz auf, Datenverkehr müsse im Internet gleich behandelt werden. Die seltsame Argumentation des Konzerns: Das Prinzip der Netzneutralität sei ein Segen für das kabelgebundene Netz – aber bei Funkverbindungen nicht.

lese ich gerade im Spiegel und frage mich, woran ein IP-Paket erkennt auf welchem Medium es gerade unterwegs ist. Oder waran Sender und Empfänger sich sicher sein können, auf welchem Medium die Daten auf der Strecke übertragen werden.

Google war nicht dumm, aber anscheinend hat irgendjemand wesentlich verantwortlichen Menschen bei Google ins Hirn geschissen, dass dieses Unternehmen sich nun hinstellt und erklärt:

Die zweite große Ausnahme vom Grundsatz der Netzneutralität wünschen sich Google und Verizon im Mobilfunkbereich. Immer wenn Daten nicht durch Kabel, sondern per Funk übertragen werden, sollten die Telekommunikationsanbieter entscheiden dürfen, was wie schnell wohin gelangt. Warum? Weil dieser Markt „heftiger umkämpft ist und sich schnell wandelt“.

Für jeden Buchstaben in obigem Zitat möchte ich einem Google-Mitarbeiter eine kräftige Ohrfeige schlagen dürfen. Warum? Weil die Mobilfunkcarrier uns Nutzer seit ca. 4 Jahren versuchen auf mobile Kommunikation einzustimmen. Weil z.B. Vodafone schon lange versucht kabelgebundene Hausanschlüsse durch Mobiltelefonie abzulösen.

Das auch ausgerechnet Google Betriebssystem Android nahezu ausschliesslich auf mobile Kommunikation angewiesen ist, hat sich wohl noch nicht in die Chefetage von Google rumgesprochen.

Der Spiegel schreibt weiter

Sollte der Grundsatz der Netzneutralität aber in Teilbereichen aufgeweicht werden, könnte dass irgendwann ganz einfach bedeuten, dass bestimmte Angebote schneller sind – zum Beispiel Videos, die man über Mobiltelefon bei YouTube aufruft. Wie solche bevorzugten Anbieter die Telekommunikations-Firmen für diese Sonderbehandlung entschädigen, ist offen. Vielleicht mit einer Beteiligung an den Werbeeinnahmen? Vielleicht mit Zahlungen? Es könnte auch sein, dass Kunden für bestimmte Internetdienste zusätzlich zahlen müssen. In Deutschland müssen zum Beispiel Kunden, die den internetbasierten Telefonservice Skype auf ihrem Mobiltelefon im Netz der Telekom nutzen wollen, in den meisten Tarifen 15 Euro extra im Monat zahlen.

Und genau an der Stelle könnte Google mittels seiner Marktmacht versuchen sein Quasi-Monopol weiter auszubauen. Don’t be evil ist definitiv vorbei.

Ich sehe es schon kommen: Technikaffine Menschen arbeiten nur noch über lokale und entfernte Proxys oder VPNs, damit der Carrier den Datenstrom mal auf der Protokollebene identifizieren kann. Sollte man sich eh mal angewöhnen.

De-Mail als Überwachungstool für BKA und verfassungsschutz?

Gerade rollt hier eine Frankfurter Rundschau durchs Büro und ich lese:

Zwar werden die De-Mails von den Nutzern verschlüsselt an die zentralen Server der De-Mail-Anbieter verschickt. Für diesen Teil des Weges gibt es keine Sorgen um die Sicherheit. Auf den Servern jedoch werden die Mails aus technischen Gründen kurz entschlüsselt und sofort wieder verschlüsselt. (Hervorhebung von mir)

Wer auch nur ein klitzekleines bisschen von Mailversand und Datenübertragung hat, weiss dass diese Aussage nur eines ist: BULLSHIT. Tausende von fachkundigen Nutzern auf diesem Planeten verschicken seit Jahren verschlüsselte Mails. Die NSA (National Security Agency) bräuchte deutlich weniger  Computerpower, wenn nicht so viel Datenverkehr verschlüsselt wäre.

Warum also wird dieser armselige deutsche de-mail-Dienst als „broken-by-design“ ausgeliefert?

Die Deutsche Telekom bestätigt, dass die De-Mails kurz geöffnet werden. Gert Metternich, Projektleiter der Telekom, sagte der FR: „Im De-Mail-System werden die Mails für den Bruchteil einer Sekunde auf den Servern der Provider entschlüsselt und sofort wieder verschlüsselt und dann weitergeschickt.“ Dies geschehe auf Servern, die staatlich überprüften Sicherheitsstandards entsprächen und abgeschottet seien. „Insofern haben wir überhaupt keine Bedenken, dass die De-Mails nicht sicher sind.“

Ja, ist klar. Weiss der Mann eigentlich, was ein Computer im „Bruchteil einer Sekunde“ alles tun kann? In einer Sekunde fliegen Datenpakete 25x von Hamburg nach München  und wieder zurück. Im Bruchteil einer Sekunde ist diese Datei (etwas anderes ist eine Mail ja nicht) hundertfach kopiert und weiter gegeben. Und wenn dieser „Projektleiter der Telekom“ Gert Metternich keine Befürchtungen hat, zeigt es nur wie technisch unbedarft der für da-mail zuständige Projektleiter ist.

Nach der e-post ist nun auch de-mail unbenutzbar. Aber es wird bestimmt Vollidioten geben, die sich zwar über die Briefkontrolle durch den MfS in der DDR aufregten, aber den Verfassungsschutz und dem BKA gern Liebesbriefe und Vertragsunterlagen mitlesen lassen. Der Staat überwacht und wo er nur kann – und wenn er es jetzt noch nicht tut, so bereitet er dieses zumindest perfide vor.