Gedanken zum Piratenparteitag in Bingen #bpt10

Ach Piraten, was macht ihr da bloss in Bingen. Einerseits sehe und höre ich dort sinnvolle Dinge, Meinungen und Ansinnen die eine Partei wirklich noch vorn bringen können (damit meine ich bewusst NICHT die Themen!), andererseits stellt ihr euch gegenseitig so wunderbar Fusshaken, dass es im Stream fast wie Dick & Doof rüber kommt.

Ich finde es bemerkenswert, dass die Anwesenden die Herren Seipenbusch und Popp als Vorstandsvorsitzende wiederwählen, die in meinen Augen die letzte Amtszeit nicht besonders durch ihre Tätigkeit aufgefallen sind. Dies ist eine demokratische Entscheidung, die ist somit gut, aber ist sie inhaltlich gut?

Als absolutes lächerlich empfinde ich, dass die Abstimmung des Punktes Liquid-Feedback – siehe eigenes Blogposting. Hier zeigen die Anwesenden, was sie wirklich unter Liquid-Feedback verstehen und dass dieses Tool völlig redundant ist.

Absoluter Hammer war das Argument, dass es kein Problem sei, das Abstimmungen innerhalb von Liquid-Feedback zuzuordnen  seien. „Piraten sind transparent“. Sofort schoss mir der Big Brother in den Kopf. Was hat ein Mensch innerhalb der Piratenpartei zu suchen, der den Unterschied zwischen transparenter Partei und transparentem Mitglied nicht umsetzen kann? Der transparente Bürger war Orwell! Bei den Piraten ist die Partei transparent.

Und die GO-Anträge (GO=Geschäftsordnung)… Der Mensch der irgendwann einmal GO-Anträge erfunden hat, muss flüssige Produktivität gehasst haben (OK, ich sehe den generellen Sinn den diese haben..). Manchmal hat man als Beobachter das Gefühl, dass der Parteitag als vorrangiges Ziel nicht die Wahl der Amtsinhaber sowie inhaltlicher Arbeit habe, sondern der Befriedigung durch Abgabe von GO-Anträgen diene. Time is money. Diesen alten Spruch sollte man den Teilnehmern, mit nicht abwaschbarer Tinte, auf den Handrücken stempeln.

Inhaltlich ist die Partei – in meinen Augen – leider nicht wirklich nach vorn gekommen. Dies war etwas, dass ich von dem Parteitag erhofft hatte. So bleibt die Piratenpartei inhaltlich leider auf der Stelle stehen. Nur die Ämter neu zu besetzen, hat für mich den Touch des onanierens – sich ausschliesslich mit sich selbst beschäftigen. Wo sind aber Akzente die so dringend nötig scheinen? Wo ist die Reaktion der Partei auf die Tatsache das die meisten Piraten-Inhalte mittlerweile auch von den (eher unwählbaren) Altparteien besetzt werden.

OK, die nächste Wahl ist lang hin, aber wäre es nicht vorteilhaft, wenn die Piraten so frühzeitig wie möglich definieren in welche inhaltlichen Gewässer die Fahrt in Zukunft gehen wird? Inhalte müssen – gerade innerparteilich – langwierig erarbeitet werden. Ich kann mir meine persönliche Meinung zu einem Thema schnell bilden – inklusive der Möglichkeit diese Meinung zwei Wochen später zu ändern. Diese Meinungsflexibilität sollte eine politische Partei typischerweise zu vermeiden versuchen, auch wenn Flexibilität generell gut ist. Aber eine Partei die ab und an mal eine 180° Wende bei Sachthemen hinlegt? Irgendwie uncool.

Naja, es soll einen weiteren Bundesparteitag geben auf dem das Inhaltliche dann aufgearbeitet werden soll. Schaun wir mal.

Piraten und Linke und Altparteien #bpt10

Vorhin twitterte ich:

Wenn die Piraten es nicht ohne mich schaffen auf dem #bpt10 erwachsen zu agieren, werde ich mir die #LINKE anschauen müssen #Notausgang

und bekam ein wenig Gegenwind. Danke dafür – einfach nur Frechheiten raushauen ist langweilig, sich stellen macht mehr Spass.

Gern aber möchte ich mitteilen, welcher Frechdachs in mir diese Buchstaben tippen liess:

Der Eindruck, den der Bundesparteitag auf mich als Remote-Teilnehmer machte war deutlich unaufgeräumt, die Befragung der Kandidaten erinnerte mich eher an die Wahl eines  Klassensprechers, denn an die Wahl eines Bundesvorstandes einer politischen Partei.

Ich werde jetzt mal GANZ doll böse und erinnere an den alten Spruch: Wo ist die Wagenladung der Leute, die das interessiert? Wenn Parteiarbeit von jedem Einzelnen so unorganisiert vorgebracht wird, frage ich mich wie das ganze im Team organisierter klappen kann und soll, WENN die Basis stetes Mitspracherecht hat.  Denn WENN die Basis mitsprechen darf, dann muss diese Basis auch in einer Art und Weise auftreten, die es ermöglicht sie ernst zu nehmen.

Das Problem der realen Basisdemokratie ist nämlich, dass JEDES Mitglied ernst genommen werden muss. OK, das Problem hat die CDU mit Roland Koch  und die FDP mit der Silvana Koch-Mehrin auch(um nur zwei Beispiele zu nennen) – und zwar auf Ämtern! Das Problem der Piraten ist in meinen Augen, dass ich als Bewerter der Piraten (und jedes Mitglied und jeder Wähler bewertet auch!) nicht den Ansatz einer Ahnung haben kann wohin der Weg führt.

Das mag spannend sein, wenn es um das abendliche Musikprogramm oder die Getränkewahl geht, aber nicht bei so wichtigen Themen wie Politik geht. Dort sollte man eine gewisse Kontinuität und Verlässlichkeit/Zukunftsvision erwarten können.

Zurück zum Subjekt: Die Altparteien sind für mich eher nicht wählbar. Die einzige Partei die es in meinen Augen wert ist genauer angeschaut zu werden (und somit für mich eine Alternative zu den Piraten darstellen KANN) ist die LINKE. Sollten es die Piraten nicht (einigermassen geeinigt) schaffen morgen vernünftige Satzungsänderungen umzusetzen, sehe ich echte Probleme auf uns Piraten zukommen. Es tut mir leid, aber so sehe ich das. Besonders leid tut es mir für all die Menschen, die mir nahe stehen  und die JETZT – in diesem Moment – gerade in Bingen den stellvertretenden Vorsitzenden der Piratenpartei wählen.

Über die Unerträglichkeit von Politikern

Was mich am meistens an Politikern stört und mir echtes Unbehagen, Übelkeit und teilweise sogar Aggressionen verursacht ist das völlige Fehlen jeglichen Realitätssinns der Politiker.

Manchmal frage ich mich welche Drogen man nehmen muss um als Politiker Aufstiegsmöglichkeiten zu haben. Jede Partei die auch nur irgendwo in Regierungsverantwortung war hat bereits ihre (potentiellen) Wähler belogen. Bei CDU, CSU, SPD und FDP ist dies dem Bürger bekannt und er resigniert. Er weiß, dass er angelogen wird.

Eine Partei steht in der Betrachtung der Öffentlichkeit ein bisschen außen vor: Die Grünen. Die Grünen feiern sich als die Partei von unten, die Partei von der Strasse. Dieses ist sie aber lange nicht mehr. Vielmehr sind die Grünen genau so korrumpiert wie die oben genannten unglaubwürdigen Altparteien. Wenn Volker Beck nun auf Twitter erklärt

SUPER, zittern fuer rot-gruen. Wenn es nicht klappt haben es linken- und piratenwaehler vermasselt.

stehe ich irgendwo zwischen übergeben und draufhauen. Waren es nicht die Grünen, die in Hamburg Wähler einsammelten mit dem Versprechen „Mit uns wird es Moorburg niemals geben“ – und als es dann zur Abstimmung kam stimmten die Grünen in der Koalition mit der CDU brav FÜR das Kohlekraftwerk an der Elbe. Die Grünen, die Partei für saubere Umwelt stimmte für ein Kraftwerk für das der lokale Stromerzeuger Vattenfall von der Europazentrale kritisiert wurde, weil es zu viel Dreck erzeugt. DAS sind die verlogenen Grünen.

Ja Wusel (Insideralarm…) ich weiss, auch die Piraten werden Ihren Skandal haben (Ich empfinde den Umgang mit Stefan „Aaron“ König schon als Skandal), aber NOCH darf man die Hoffnung haben, dass die Piraten es schaffen ihre Wähler nicht zu verarschen.

Auch das verunglimpfen des politischen Gegners empfinde ich persönlich als schlicht und ergreifend als zum kotzen. Ich kann die Bezeichnung „Extremisten“ für die Partei „Die Linke“ nicht mehr hören. Wenn Parteien, die sich GEGEN die Macht der Industrie und des Geldes stemmen und die sich für die Menschen auf der Strasse einsetzen Extremisten sind, dann erwarte ich dass unsere Bundesrepublik sehr bald wieder von Extremisten regiert wird. Aber bitte Extremisten die sich selbst noch mit gutem Gewissen im Spiegel selbst anschauen können.