Schade Ingress: Leider bist Du nicht für die Ewigkeit gemacht

Eine Phase hat ein Ende: Ich habe mich entschlossen mich komplett vom „Online und Draussen“-Game Ingress zu verabschieden. Der Grund: Der Spielwitz und die Motivation ist nach einiger Zeit und viel gutem Willen einfach komplett ausgelutscht.

Aber von Anfang an. Schon sehr früh (20.11.2012) bekam ich meine Einladung. Ich durfte an der Beta, des damals noch komplett unbekannten Spiels Ingress teilnehmen. Ich gebe zu: Der Anfang ging bei mir mächtig schleppend. Ich schaute eher gar nicht in das interne Chatsystem (die „Com“) und war überhaupt eher minderaktiv. Dies sollte sich im Frühsommer 2013 ändern – und zwar massiv. Ich hatte damals sehr viel Zeit und mit Hilfe der lokalen Community (natürlich Resistance – Widerstand) habe ich das mein Heimatgebiet sehr schnell „gerockt“. Ich habe damals (und auch später) wahrlich unglaublich sympatische Menschen kennen gelernt, mit denen auch gemeinsame Aktionen unglaublich viel Spaß machten. Wir machten die Nacht zum Tage um Hamburg blau (Farbe des Widerstandes) zu machen und fuhren Samstags morgens „mal eben“ nach Lübeck, um dort ein Nest der „gegnerischen“ Partei zu eliminieren.

Ohnehin wurde – und wird – bei den mir bekannten Spielern die Geselligkeit sehr groß geschrieben. Und ja, ich würde mich sehr-sehr freuen, wenn ich den Kontakt zu einigen der Spieler (und natürlich auch Spielerinnen!) aufrecht erhalten könnte. Denn sie haben alle einen an der Waffel (womit sie sich nicht von mir unterscheiden!) und genau DAS macht den typischen Ingress-Spieler eben sympatisch.

Aber zurück zum Thema: Bald waren in meinem Umkreis genügend Ingress-Spieler vor Ort, dass man fast problemlos zu jeder Tages- und Nachtzeit eine Farm von Portalen aufbauen konnte. Denn Farmen mit hohem Level bedeuten zum einen, dass 8 verschiedene Spieler die Portale durch „virtuelles bearbeiten“ (Einstecken von Resonatoren) auf den höchsten Level (Level 8) aufwerten um danach hochwertige Items aus den Portalen extrahieren (hacken) zu können. Hier in Harburg war quasi immer blau. Wenn die gegnerische Partei abriss, schreckten wir lokale Spieler – auch spät am Abend – hoch vom Sofa um „unsere Hood“ zu verteidigen.

Und genau dort sitzt das Problem: Es ist ein ewig wiederkehrender Vorgang. Die Gegenseite tut etwas und man selbst reagiert – oder aber aus den eigenen Reihen kommt eine tolle Idee und die Gegenseite muss reagieren um nicht in der Schmach zu versinken.

Den Ausschlag zu meinem Ausstieg gab mein diesjähriger Urlaub in Paris. Eine Facette des Spieles ist es, über die Spielportale (welche stets besonders sehenswerte Orte sein sollten), mit Hilfe von Ingress zu eben diesen Besonderheiten geleitet zu werden.  Ich hatte mich gut vorbereitet: Eine kostenfreie SIM-Karte (mit unbegrenztem Auslandstraffik – ich habe gelernt, wie beschissen O2 im Ausland ist.) wurde mir von einem Bekannten zur Verfügung gestellt und auch ein mobiles Mobiltelefon-WLAN-Gateway hatte ich in der Tasche. In der angemieteten Unterkunft angekommen stellte ich auch sofort fest, dass zwei der Ingress-Portale vom Sofa aus erreicht werden konnten: Perfekt. Diese Perfektion legte sich aber schnell wieder. Denn bei meinen Ausflügen zum Sacre Coeur, Lourve, Invalidendom etc. pp. stellte ich fest, dass ein stetes starren auf das Mobiltelefon den Blick auf das Wesentliche unmöglich machte. Ich war in PARIS und aus das Handy starren kann ich auch in Hamburg – vom Sofa oder auch im Bett. In Paris möchte ich Bauwerke und die Leute sehen, die Stimmung aufnehmen. Ingress stand dieser Wahrnehmung massiv im Weg. Die Erkenntnis war und ist: Einer der Gründe Ingress zu spielen (das Erkunden von fremden Territorien) wird durch Ingress quasi sabotiert.

Zuhause ist es ein ewiges hin und her, ohne dass man wirklich „voran“ kommt (es sei denn man findet seine persönliche Motivation darin möglichst viele Portale zu besuchen, zu hacken etc) und im fremden Gebieten hindert – zumindest mich – Ingress daran der fremden Umgebung nahe zu kommen. Es bleibt das Gefühl: Ingress, ich bin fertig mit dir.

Nachsatz: Liebe Hamburger Spieler: Es würde mich freuen, wenn man sich ab und an nochmal auf ein Bier und einen Klönschnack trifft. Ob es bei einem Stammtisch, einem geplanten „kleineren Kreis“ oder spontan statt findet, ist egal. Ich habe (dank Ingress!) wirklich nette Menschen kennen gelernt – oder alte Bekannte wieder getroffen. Da hat Ingress einen bleibenden Wert. Aber dies motiviert mich nicht stundenlang durch die Gegend zu laufen oder fahren nur um einem Unternehmen meine Bewegungsdaten und Sozialkontakte mitzuteilen.

Alle Gute und Danke für den Fisch

Ein Gedanke zu „Schade Ingress: Leider bist Du nicht für die Ewigkeit gemacht

  1. Servus,

    sehe ich genauso.

    Bin in unserer Stadt selbst high Active gewesen – natürlich Res – mit 500-600km zu-fuss Streettime in 2013, sowie 9000 KFZ-Kilometern. Die Spielmechanik ist auf Dauer dann doch zu eindimensional, daß auch die soziale Komponente das monotone OnScreen Spielgeschehen nicht auszugleichen vermag.
    Dann wägt man halt ab, ob es den massiven Zeiteinsatz wert ist, und kommt dann irgendwann zwangsläufig zu dem Schluss, daß man diese Episode beenden sollte.

    War ne nette Zeit, alles erlebt, alles gesehen – ich bin froh wieder mehr zeit für produktive Dinge zu haben 🙂

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